Rz. 7
Für die Verhinderungspflege kann die Pflegekasse – nach mehrmaligem Anheben der Leistungsbeträge seit 1.7.2008 – aktuell bis zu 1.612,00 EUR übernehmen. Die Zahlung bezieht sich dabei auf das Kalenderjahr und nicht auf die Pflegeperson(en). Verhinderungspflegen müssen nicht zusammenhängend bezogen werden; sie können im Bedarfsfall in kürzeren Intervallen beansprucht werden, dürfen jedoch im Kalenderjahr seit 1.1.2015 insgesamt 42 Kalendertage (6 Wochen) nicht überschreiten (bis 31.12.2014 waren es 4 Wochen = 28 Kalendertage). Daraus folgt, dass die Leistung in zweifacher Hinsicht begrenzt wurde, nämlich der Dauer und der Höhe nach.
Rz. 8
Eine Zusammenrechnung hat nach dem Gesetz grundsätzlich im Verlaufe eines Kalenderjahres zu erfolgen, also in der Zeit vom 1.1. bis 31.12. eines jeden Jahres. Nicht in Anspruch genommene restliche Verhinderungspflegetage können nicht in das nächstfolgende Kalenderjahr übernommen werden. Andererseits besteht die Möglichkeit, im ab Mitte November bis Dezember 6 Wochen Verhinderungspflege abzurufen und im Januar des folgenden Jahres bereits erneut bis Mitte Februar den Höchstumfang von 6 Wochen auszuschöpfen.
Rz. 9
Auf die Dauer des Leistungsanspruchs nach § 39 werden Zeiten des Leistungsbezugs nach § 42 (Kurzzeitpflege) nicht angerechnet.
Die Pflegeperson befindet sich vom 1.5. bis 11.6. im Urlaub. Dies bedeutet eine Kostenübernahme für die Verhinderungspflege nach § 39. Im gleichen Kalenderjahr erkrankt die Pflegeperson vom 1.10. bis 28.10. In diesem Fall ist eine Kurzzeitpflege nach § 42 zu gewähren.
Rz. 9a
Für die Verhinderungspflege können seit 1.1.2015 bis zu 50 % des nicht in Anspruch genommen Kurzzeitpflegebetrags nach § 42 Absatz 2 Satz 2 – also 806,00 EUR – für häusliche Verhinderungspflege genutzt werden. Dies kommt insbesondere den Anspruchsberechtigten zugute, die eine längere Verhinderungspflege benötigen und für die es keine Betreuung in einer geeigneten vollstationären Kurzzeitpflegeeinrichtung gibt und somit der Anspruch nach § 42 bisher nicht genutzt werden konnte. Auch Pflegebedürftige und deren Angehörige, die eine stundenweise Verhinderungspflege nutzen, werden durch die Nutzbarkeit des 50-prozentigen Kurzzeitpflegebetrages bessergestellt.
Rz. 10
Sofern der Leistungsrahmen der Verhinderungspflege ausgeschöpft ist, können dem Pflegebedürftigen – in Übereinstimmung mit den Erläuterungen der Spitzenverbände zu § 39 im Gemeinsamen Rundschreiben v. 22.8.2017und motiviert durch den in § 3 normierten Vorrang der ambulanten Pflege – bereits ab diesem Zeitpunkt bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Leistungen nach § 42 oder § 43 zur Verfügung gestellt werden. Unbedenklich ist es aber in jedem Fall, ab dem Erreichen des Höchstanspruchs mit der Höhe (1.612,00 EUR) oder der Dauer (42. Tag) das Pflegegeld (§ 37) in voller Höhe weiter zu zahlen, da die Ersatzpflegekraft hilfsweise als Pflegeperson angesehen werden kann.
Rz. 10a
Bei Inanspruchnahme der Verhinderungspflege wird seit 30.10.2012 die Hälfte des bisher bezogenen Pflegegeldes für 4 Wochen weitergezahlt wird. Ab dem 1.1.2016 besteht der Anspruch auf Weiterzahlung des hälftigen Pflegegeldes während einer Verhinderungspflege für bis zu 6 Wochen je Kalenderjahr (§ 37 Abs. 2 Satz 2). Für den ersten und letzten Tag der Verhinderungspflege sind noch bzw. wieder Pflegegeld zu zahlen.
2.3.1 Verhinderungspflege durch Familienangehörige oder Personen, die mit dem Pflegebedürftigen in häuslicher Gemeinschaft leben (Abs. 3)
Rz. 11
Nach dem bis 31.7.1999 geltenden Recht durften die Aufwendungen der Pflegekassen für Verhinderungspflege den Betrag des Pflegegeldes (je Pflegegrad) nicht übersteigen, wenn die Verhinderungspflege von einer Pflegeperson sichergestellt wurde, die nicht erwerbsmäßig pflegte. Damit waren sämtliche ehrenamtlichen Pflegepersonen (weitläufige Verwandte, Nachbarn usw.) von der Ausschöpfung des max. Leistungsvolumens ausgeschlossen.
Mit der Neufassung des Satzes 4 anlässlich des 4. SGB XI-ÄndG v. 21.7.1999 (BGBl. I S. 1656) wurde klargestellt, dass die Beschränkung auf das Pflegegeld nur bei Verhinderungspflege durch Pflegepersonen gilt, die mit dem Pflegebedürftigen bis zum 2. Grad verwandt oder verschwägert sind oder mit ihm in häuslicher Gemeinschaft leben und im Übrigen die Vermutung gilt, dass die Verhinderungspflege nicht erwerbsmäßig, d. h. der Erzielung von Erwerbseinkommen dient, widerlegt werden muss. Hieran hat sich auch mit der Neufassung des Satzes 4 durch das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz v. 28.5.2008 nichts geändert. Der Gesetzgeber geht grundsätzlich davon aus, dass die Verhinderungspflege durch die in Satz 4 genannten Personen nicht erwerbsmäßig ausgeübt wird und die Annahme des Gegenteils näherer Darlegung bedarf. Mit dem PSG I v. 17.12.2014 wurde die Sätze 4 bis 6 in Abs. 2 geregelt und seit 1.1.2016 durch das PSG II v. 21.12.2015 in Abs. 3.
Verwandte (§ 1589 BGB) bis zum 2. Grad des Pflegebedürftigen sind Eltern, Kinder (einschl. der für ehelich erklärten und angenommenen Kinder), Großeltern, Enkelkinder, Geschwister. Verschwägerte (§ 1590 BGB) bis zum 2. Grad des Pflegebedürftigen sind Stiefeltern, ...