OFD Rheinland, Verfügung v. 14.1.2010, S 2198 b - 1006 - St 224
I. Zur Bindungswirkung der Bescheinigung
Fehlt in einer Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde der Hinweis, dass die steuerrechtlichen Fragen vom FA eigenständig zu prüfen sind, so ist nach aktueller Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 24.6.2009, X R 8/08) die Bescheinigung der Denkmalschutzbehörde, wonach es sich bei einem Gebäude um ein Denkmal handelt, auch für das FA in steuerrechtlicher Hinsicht bindend. Ohne den entsprechenden Hinweis können die Investoren nach dem Grundsatz von Treu und Glauben davon ausgehen, dass die Bescheinigung das FA hinsichtlich des Abzugsbetrages nach den §§ 10f, 7i EStG umfassend bindet.
Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben keine Bedenken, diesen Rechtsgrundsatz über den Einzelfall hinaus allgemein anzuwenden. Die Entscheidung des BFH steht hinsichtlich der Aussage zur Bindungswirkung auch nicht im Widerspruch zu den BFH-Entscheidungen X R 7/07 und X R 19/02 oder zu dem BMF-Schreiben vom 16.5.2007 (BStBl 2007 I S. 475).
Das Urteil – X R 8/08 – ist in Bezug auf die Ausführungen zur Bindungswirkung über den Anwendungsbereich der §§ 10f, 7i EStG hinaus auch auf die Bescheinigungen gem. §§ 7h, 10g, 11a und 11b EStG anzuwenden. Eines gesonderten BMF-Schreibens zu dieser Thematik bedarf es nicht; im ESt-Handbuch erfolgt zu diesem BMF-Schreiben (Anhang I) ein entsprechender Fußnotenhinweis.
Die Oberfinanzdirektionen sind (auch) zukünftig seitens der Finanzämter über Fälle, in denen die von der zuständigen Bescheinigungsbehörde ausgestellte Bescheinigung nach §§ 7h Abs. 2, 7i Abs. 2 bzw. 10g Abs. 3 EStG einen Hinweis auf das eigenständige Prüfungsrecht der Finanzbehörden nicht – oder lediglich in unzureichender Weise – enthält, zu unterrichten. In den betroffenen Sachverhalten wird das Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen eine Weiterleitung der maßgeblichen Informationen an die für die Fach- bzw. Dienstaufsicht der Bescheinigungsbehörde zuständige Oberste Landesbehörde in die Wege leiten. Das Remonstrationsverfahren ist vom FA durchzuführen.
II. Neubau im bautechnischen Sinne
Mit dem Urteil X R 8/08 hat der BFH weiterhin entschieden, dass ein für die Steuerbegünstigung nach § 7i EStG schädlicher Neubau nur beim Wiederaufbau und bei der völligen Neuerrichtung des Gebäudes vorliegt. Ein steuerrechtlicher Neubau im bautechnischen Sinne (z.B. bei Erneuerung tragender Teile) ist hingegen nach § 7i EStG begünstigt, da nach dem Zweck der Vorschrift die Erhaltung und Modernisierung kulturhistorisch wertvoller Gebäude förderungswürdig ist.
Die obersten Finanzbehörden der Länder haben keine Bedenken, diesen Rechtsgrundsatz des BFH über den entschiedenen Einzelfall hinaus auf alle Fälle des § 7i EStG sowie des § 10f EStG anzuwenden, soweit es sich um Baumaßnahmen an Baudenkmälern handelt.
Wie sich der BFH unter Berücksichtigung dieses Rechtsgrundsatzes bei der Gewährung der Steuerbegünstigung nach § 7i EStG in Fällen des Dachgeschossausbaus positionieren wird, bleibt abzuwarten. Im Regelfall wird bei einem Dachgeschossausbau ein nicht begünstigter Neubau vorliegen, da diese Baumaßnahmen insoweit nicht primär der Erhaltung des bestehenden Denkmals dienen. Zur Anwendung des § 7i EStG auf Dachgeschossausbauten wird zudem auf die bereits in den Bescheinigungsrichtlinien enthaltenen Aussagen zu Sonderfällen verwiesen (Tz. 2.8 des Runderlasses des Ministeriums für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport vom 17.3.1998, II B 2 – 57.00).
Im Hinblick auf die Konsequenzen auf Grund der allgemeinen Anwendung des BFH-Urteils vom 24.6.2009 wird auf Folgendes hingewiesen:
Nach den Bescheinigungsrichtlinien sind Aufwendungen für den Wiederaufbau eines verloren gegangenen oder beseitigten Baudenkmals nicht bescheinigungsfähig (vgl. Tz. 2.6a.a.O). Die Bescheinigung von Aufwendungen für die Wiederherstellung eines beschädigten Gebäudes bzw. eines anlässlich der Baumaßnahmen entkernten Baudenkmals ist nach Tz. 2.4 und Tz. 2.7 der Bescheinigungsrichtlinien lediglich eingeschränkt möglich. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass die vom BFH getroffene Einschränkung, ein Wiederaufbau oder eine völlige Neuerrichtung eines Denkmals könne nicht nach §§ 7i, 10f EStG gefördert werden, nicht erfüllt ist, soweit die Bescheinigungsbehörde die steuerliche Begünstigung der betroffenen Aufwendungen zu Recht bescheinigt hat. Etwaige Einwendungen gegen die Förderfähigkeit der durchgeführten Baumaßnahmen sind folglich zwingend seitens des Finanzamts im Wege der Remonstration gegenüber der Bescheinigungsbehörde geltend zu machen.
Der aktuelle Rechtsgrundsatz aus X R 8/08, dass ein steuerrechtlicher Neubau im bautechnischen Sinne nach § 7i EStG steuerbegünstigt ist, ist aufgrund anderer gesetzlich normierter Voraussetzungen aber nicht bei der Gewährung der Steuerbegünstigung für Baumaßnahmen an Gebäuden in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen gem. § 7h EStG und § 10f EStG anzuwenden. § 7h EStG be...