Leitsatz
Sonderabschreibungen nach § 4 FördG können auch auf Herstellungsarbeiten an Gebäuden des Umlaufvermögens vorgenommen werden.
Normenkette
§ 3, § 4 FördG, § 8 Nr. 1 GewStG a.F., § 4 Abs. 2 S. 2 EStG, § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO
Sachverhalt
Ein Wohnungsbauunternehmen hatte Sanierungen an Wohnungen in den neuen Bundesländern nach dem sog. Zwischenerwerbermodell durchgeführt. Dabei wurden Wohnblöcke erworben und nach der Sanierung im Rahmen eines vorgeschriebenen Plans veräußert. Das Unternehmen hatte die Anschaffung der Immobilien mit Kredit finanziert.
Nach Erlass des GewSt-Messbescheids und des Gewinnfeststellungsbescheids legte das Unternehmen eine geänderte Bilanz vor, in der Sonderabschreibungen nach § 4 FördG auf die Gebäude vorgenommen wurden. Das FA lehnte die Berücksichtigung der Sonderabschreibung wegen Verstoßes gegen das Bilanzänderungsverbot nach § 4 Abs. 2 S. 2 EStG ab, berücksichtigte aber in einem geänderten GewSt-Messbescheid die nun ebenfalls erklärten Dauerschuldzinsen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung kam es noch zur Nachaktivierung von Herstellungskosten, in deren Höhe aber zugleich Sonderabschreibungen zugelassen wurden.
Die Klage gegen den geänderten GewSt-Messbescheid hatte insoweit Erfolg, als das FG die Grundstücke als Umlaufvermögen ansah und deshalb die Finanzierungskosten nicht als Dauerschuldzinsen behandelte (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.06.2007, 6 K 5364/03 B). Allerdings machte das FG zugleich die AfA auf die Gebäude rückgängig. Auch Sonderabschreibungen ließ es nicht zu.
Entscheidung
Die dagegen erhobene Revision hatte Erfolg. Allerdings hielt der BFH den Revisionsantrag insoweit für unzulässig, als ein GewSt-Messbetrag begehrt wurde, der unter dem ursprünglich bereits bestandskräftig festgesetzten Messbetrag lag. Das FG-Urteil bestätigte der BFH insoweit, als auch er die Immobilien dem Umlaufvermögen zuordnete und deshalb die Hinzurechnung von Dauerschuldzinsen und die Gewährung von AfA für fehlerhaft hielt. Sonderabschreibungen erkannte er aber bis zur Höhe des Gewerbeertrags an, der dem bestandskräftig festgesetzten Messbetrag zugrunde lag.
Hinweis
1. Neuland betritt der BFH bei der Beantwortung der aus dem Leitsatz erkennbaren Rechtsfrage: Können Sonderabschreibungen für Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens in Anspruch genommen werden?
Grundsätzlich werden Sonderabschreibungen als solche Abschreibungen definiert, die neben die regulären AfA treten. Damit unterscheiden sie sich von erhöhten Absetzungen, die an die Stelle der regulären AfA treten. Diese Definition soll aber nach dem hiesigen Urteil nur das Verhältnis von Sonderabschreibungen und erhöhten Absetzungen klären, nicht aber Sonderabschreibungen für Wirtschaftsgüter ausschließen, die nicht regulär abgeschrieben werden.
Eine Sonderabschreibung ist nichts anderes als die Erzeugung einer Gewinnminderung unter Inkaufnahme der Entstehung stiller Reserven. Derartige Gewinnminderungen entsprechen natürlich nicht den GoB und sind nur in der Steuerbilanz aufgrund gesetzlicher Regelung möglich. Der Gesetzgeber kann solche Regelungen zur Subventionierung bestimmter Investitionen schaffen. Im Urteilsfall wollte der Gesetzgeber die Sanierung des ostdeutschen Wohnungsbestands fördern.
2. Das Urteil beschäftigt sich außerdem mit der Abgrenzung von Anlage- und Umlaufvermögen. Dazu kam es, weil die Finanzverwaltung den Wohnungsbestand in der Hand des Sanierungsunternehmens zunächst als Anlagevermögen behandelt hatte, danach aber davon abgerückt war. Da die Sanierungsunternehmen die Wohnungen nach der Sanierung wieder veräußern mussten, waren die Wohnungen zum alsbaldigen Verkauf bestimmt und damit Umlaufvermögen. Soweit wegen fehlender Käufernachfrage zunächst vom Sanierungsunternehmen selbst vermietet wurde, änderte dies an der Zweckbestimmung zum Verkauf nichts. Deshalb konnte keine reguläre AfA vorgenommen werden und Sonderabschreibungen waren nur möglich, wenn sie auch für Umlaufvermögen vorgesehen waren. Letzteres bejahte der BFH.
3. Gewerbesteuerlich hat die Behandlung eines mit Kredit angeschafften Wirtschaftsguts Bedeutung für die Hinzurechnung der Entgelte für den Kredit nach § 8 Nr. 1 GewStG a.F. Nach der im Streitjahr 1999 gültigen Fassung des GewStG wurden nur Entgelte für Schulden hinzugerechnet, die der dauernden Verstärkung des Betriebskapitals dienten. Ein Kredit zur Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens, der aus dem Verkaufserlös wieder zu tilgen ist, hat der BFH in ständiger Rechtsprechung nicht als dauerhafte Verstärkung des Betriebskapitals beurteilt.
Nach heutiger Rechtslage kommt es auf die Unterscheidung nicht mehr an. Denn gem. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG werden Entgelte für alle Schulden hinzugerechnet, auch solche, die für die Finanzierung von Umlaufvermögen geleistet werden.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.12.2009 – IV R 48/07