Prof. Dr. Mark Knüppel, Thomas Schwalm
Rz. 115
Während der Insolvenz ist sowohl eine Sonderbilanz (die Schlussbilanz) als auch ein Status (die Insolvenzschlussrechnung) aufzustellen. Der Grund dafür, dass parallel unterschiedliche Rechenwerke aufgestellt werden, liegt darin, dass diese Rechenwerke unterschiedliche Zwecke verfolgen.
12.1 Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Rz. 116
Neben der Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) und der drohenden Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) ist bei juristischen Personen die Überschuldung ein weiterer Insolvenzgrund (§ 19 Abs. 1 InsO). Die Überschuldung ist auch bei haftungsbeschränkten Personengesellschaften (§ 19 Abs. 3 InsO) und bei einem Nachlass (§ 320 InsO) Insolvenzeröffnungsgrund.
Gemäß Legaldefinition in § 19 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz InsO liegt eine Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Es liegt trotz fehlender Deckung der bestehenden Verbindlichkeiten durch das Vermögen keine Überschuldung vor, wenn eine positive Fortführungsprognose vorliegt (§ 19 Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz InsO). Ob das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten deckt, wird im Überschuldungsstatus festgestellt.
Rz. 117
Eine Bindung an die handelsrechtlichen Ansatz- und Bewertungsvorschriften besteht nicht. Es sind alle stillen Reserven und stillen Lasten aufzudecken.
12.2 Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens
12.2.1 Status bei Abwicklung- Vermögensübersicht
Rz. 118
Die Vermögensübersicht nach § 153 InsO gehört neben dem Gläubigerverzeichnis (§ 152 InsO) und Masseverzeichnis (§ 151 InsO) zu den 3 Verzeichnissen, die der Insolvenzverwalter während der Insolvenz zu führen hat. Vereinfachend kann man sagen, dass in der Vermögensübersicht das Masse- und Gläubigerverzeichnis zu einem Status zusammengeführt werden. Die Gliederung in der Vermögensübersicht richtet sich nach unterschiedlichen insolvenzrechtlichen Privilegierungen (Masse, Aussonderung, Absonderung, freie Aktiva und normale Schulden und nachrangige Verbindlichkeiten). Nach §§ 153 Abs. 1 Satz 2, 151 Abs. 2 Satz 2 InsO ist sowohl eine Bewertung unter der Annahme der Fortführung als auch der Zerschlagung vorzunehmen.
12.2.2 Schlussbilanz des werbenden Unternehmens und Insolvenzeröffnungsbilanz
Rz. 119
Während des Insolvenzverfahrens bestehen die handelsrechtlichen und steuerlichen Pflichten zur Buchführung und Rechnungslegung fort (§ 155 InsO).
Rz. 120
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnt ein neues Geschäftsjahr (§ 155 Abs. 2 Satz 1 InsO). Deshalb ist auf den Tag der Eröffnung des Verfahren eine (Insolvenz-) Eröffnungsbilanz aufzustellen. Entsprechend ist auf den Tag vor der (Insolvenz-) Eröffnungsbilanz eine Schlussbilanz des werbenden Unternehmens aufzustellen.
Die Schlussbilanz des werbenden Unternehmens ist nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften des HGB aufzustellen. Besondere Beachtung kommt dabei der Frage zu, ob die Going-Concern-Prämisse erfüllt ist. Zur Beantwortung wird grundlegend auf das Fortführungskonzept des Insolvenzverwalters abgestellt.
In der (Insolvenz-) Eröffnungsbilanz stimmen Bilanzierung und Bewertung mit der Schlussbilanz des werbenden Unternehmens überein.
Bei der Schlussbilanz des werbenden Unternehmens und der (Insolvenz-) Eröffnungsbilanz handelt es sich nicht um Sonderbilanzen im hier verwendeten Sinne, weil sie weder Start- noch Endpunkt einer Reihe laufender Bilanzen markieren und auf handelsrechtlichen Buchführung beruhen. Aufgrund des außergewöhnlichen Ereignisses handelt es sich aber um eine Sonderbilanz im weiteren Sinne.
12.3 Bei Beendigung des Insolvenzverfahrens
12.3.1 Insolvenzschlussrechnung
Rz. 121
Neben dem Verteilungsverzeichnis (§ 188 InsO) ist zum Abschluss der Insolvenz eine Insolvenzschlussrechnung (§ 66 InsO) aufzustellen. Die Insolvenzschlussrechnung ist ein Status, da ihr keine Verknüpfung mit der Finanzbuchführung zugrunde liegt. Die wichtigste Aufgabe dieses Status ist es, Gläubiger, Schuldner und das Insolvenzgericht über den Verlauf und das Ergebnis des Insolvenzverfahrens zu informieren. Außerdem weist der Insolvenzverwalter die Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung durch die Schlussrechnung nach.
Diese Schlussrechnung umfasst eine Einnahmen-Ausgaben-Überschussrechnung, eine Schlussbilanz, einen Schlussbericht und ei...