OFD Cottbus, Verfügung v. 1.9.1998, S 2256 - 8 - St 110

Für den Zeitpunkt der Versteuerung eines Spekulationsgeschäfts i.S. des § 23 EStG gilt das Zu- und Abflußprinzip des § 11 EStG ( BFH-Urteil vom 2.4.1974, VIII R 76/69, BStBl 1974 II S. 540).

Es stellt sich die Frage, wann der Zufluß beim Verkäufer erfolgt, wenn der Kaufpreis im Rahmen eines Grundstückskaufvertrags vom Käufer auf ein Notaranderkonto eingezahlt worden ist.

In dem BMF-Schreiben vom 6.6.1995, IV B 4 - S 2252 - 186/95 wird bzgl. der Zurechnung von Kapitalerträgen aus Anderkonten auf das BFH-Urteil vom 30.1.1986, IV R 125/83 (BStBl 1986 II S. 404) verwiesen. Danach ist das auf einem Notaranderkonto befindliche Kapital dem Treugeber zuzurechnen. Wer Treugeber in diesem Sinn ist, muß den Hinterlegungsvereinbarungen der Vertragsparteien entnommen werden. Bei Einzahlung des Kaufpreises im Rahmen eines Grundstückskaufgeschäfts auf ein Notaranderkonto kommt als Treugeber somit der Käufer, ab dem Zeitpunkt der Auszahlungsreife aber auch der Verkäufer in Betracht.

Bei der Abwicklung eines Grundstückskaufvertrags wird die – auch als Hinterlegung bezeichnete – Verwahrung durch den Notar zur Sicherung der ordnungsgemäßen Erfüllung der vom Käufer und Verkäufer übernommenen Vertragspflichten vereinbart. Der Sinn der Überweisung auf das Notaranderkonto liegt darin, daß der Käufer die Dispositionsmacht über den Kaufpreis noch nicht vollständig verliert, der Verkäufer sie noch nicht erhält. Somit handelt der Notar in diesem Fall nicht als Treuhänder für den einen oder anderen Teil, sondern für beide Vertragsparteien.

Ein Zufluß des Kaufpreises beim Veräußerer zum Zeitpunkt der Einzahlung auf das Notaranderkonto muß daher der zu diesem Zeitpunkt fehlenden tatsächlichen Verfügungsmacht des Veräußerers über den Kaufpreis und der fehlenden rechtlichen Befugnis, über das Guthaben zu verfügen, verneint werden. Vielmehr ist für die Frage des Zuflußzeitpunkts beim Veräußerer auf den Zeitpunkt der Auszahlungsreife abzustellen. Dieser wird regelmäßig im Kaufvertrag festgelegt.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 2

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