Teleologische Reduktion, wenn Beteiligungserwerb vollentgeltlich erfolgt: Der XI. Senat des BFH bestätigt die vorinstanzliche Entscheidung des FG Münster und hat im Wege der teleologischen Reduktion entschieden, dass ein rückwirkender Teilwertansatz wegen eines Sperrfristverstoßes nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG
- bei einer vollentgeltlichen Anteilsübertragung
- unter vollständiger Aufdeckung der stillen Reserven
ausscheidet, denn die Vorschrift sei dahingehend teleologisch zu reduzieren, dass sie gerade die ansonsten unbesteuerte Verlagerung stiller Reserven auf ein Körperschaftsteuersubjekt erfasst.
Der BFH nennt im Folgenden die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion. Danach ist diese rechtsmethodisch dann zugelassen,
- wenn eine allein am Wortlaut orientierte Auslegung zu sinnwidrigen Ergebnissen führt und
- der Schluss gerechtfertigt ist, dass der gesetzgeberische Wille planwidrig umgesetzt ist.
Umgekehrt kommt eine teleologische Reduktion dann nicht in Betracht, wenn eine bewusste rechtspolitische Entscheidung des Gesetzgebers erkennbar ist. In diesem Zusammenhang verweist der XI. Senat auf die Rechtsprechung des I. und IV. Senats des BFH zur teleologisch reduzierten Anwendung der Sperrfristenregelung des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG i.R.d. sog. Ein-Personen-GmbH & Co. KG und bei fehlender ergänzungsbilanzieller Zuordnung stiller Reserven.
Wortlaut des Gesetzes sieht an sich den rückwirkenden Teilwertansatz vor: Bei einer reinen Wortlautbetrachtung des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG ist dieser im vorliegenden Fall erfüllt. Durch die Veräußerung des (Teil-)Mitunternehmeranteils an die Z-KG wurde erstmals mittelbar ein Anteil der an der Z-KG beteiligten Körperschaften an den übertragenen Einzelwirtschaftsgütern begründet. Der BFH führt aus, dass unter einem "Anteil" i.S.d. § 6 Abs. 5 S. 6 EStG im Grundsatz die unmittelbare oder mittelbare vermögensmäßige Beteiligung eines zuvor nach § 6 Abs. 5 S. 3 EStG zum Buchwert übertragenen Wirtschaftsguts gemeint ist.
Der BFH kommt jedoch zu dem Schluss, dass im Streitfall eine teleologische Reduktion geboten ist. § 6 Abs. 5 S. 6 EStG soll nämlich nicht nur das Überspringen stiller Reserven auf Körperschaftsteuersubjekte verhindern. Es soll vielmehr auch "generell das Verfügen über Wirtschaftsgüter ohne Teilwertrealisation durch Verkäufe von Anteilen an Kapitalgesellschaften unter Nutzung der Vorteile, die durch die Umstellung auf das Teileinkünfteverfahren entstehen" vermieden werden. Werden jedoch – wie im vorliegenden Fall – aufgrund der Entgeltlichkeit der Anteilsveräußerung die stillen Reserven der übertragenen Wirtschaftsgüter aufgedeckt – und damit gerade nicht auf ein anderes Körperschaftsteuersubjekt übertragen –, ist der Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG nicht eröffnet. Beachten Sie: Ob die Grundsätze der Entscheidung auch die Fälle der teilentgeltlichen Übertragung anzuwenden sind, bleibt offen.
Keine Anwendung der Körperschaftsklausel des § 6 Abs. 5 S. 5 EStG: In der Urteilsbegründung geht der BFH zunächst auf die Körperschaftsklausel des § 6 Abs. 5 S. 5 EStG ein und stellt fest, dass diese keine Anwendung findet. Die Begründung hierfür ist, dass durch die Übertragung der Einzelwirtschaftsgüter nach Satz 3 durch die M-GmbH in die T-KG kein unmittelbarer oder mittelbarer Anteil an den zu Buchwerten übertragenen stillen Reserven im Körperschaftsteuerregime begründet oder erhöht wird. Die M-GmbH war an den vor der Einbringung unmittelbar in ihrem Alleineigentum stehenden Wirtschaftsgütern auch nach der Einbringung mittelbar über die T-KG allein beteiligt; ihr vermögensmäßiger Anteil hat sich insoweit nicht verändert.
Veräußerung des (Teil-)Mitunternehmeranteils fällt nicht unter § 6 Abs. 5 S. 4 EStG: Im Anschluss daran stellt der BFH fest, dass die Veräußerung des 51%igen (Teil-)Mitunternehmeranteils auch nicht unter den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 5 S. 4 EStG zu subsumieren ist. Die Veräußerung des (Teil-)Mitunternehmeranteils kann nicht als anteilige Veräußerung der in das Gesamthandsvermögen der T-KG eingebrachten Wirtschaftsgüter angesehen werden. Auch wenn der Anteil an einer Personengesellschaft steuerrechtlich aufgrund des Transparenzprinzips des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO die Zusammenfassung aller Anteile an den Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens verkörpert, erfolgt bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils oder eines Anteils daran keine unmittelbare Veräußerung der einzelnen Wirtschaftsgüter, die zur Anwendung von § 6 Abs. 5 S. 4 EStG führt.
Wechsel des Gewerbesteuerschuldners kein Hinderungsgrund für die teleologische Reduktion: Die Verneinung des Sperrfristverstoßes führt dazu, dass die Gewerbesteuerbelastung aufgrund der (Teil-)Anteilsveräußerung nicht bei der M-GmbH, sondern bei der veräußernden T-KG eintritt. Begründung hierfür ist die Regelung des § 7 S. 2 Nr. 2 GewStG; danach gehört der Gewinn aus der Veräußerung von (Teil-)Mitunternehmeranteilen zum Gewerbeertrag, soweit er nicht auf natürliche Personen als unmittelbar beteiligte M...