Der BFH hatte jüngst Gelegenheit, sich mit Fragestellungen im Zusammenhang mit der Sperrfristenregelung des § 6 Abs. 5 S. 6 EStG auseinanderzusetzen. In den entschiedenen Fällen ging es um Fallgestaltungen von mehrstöckigen Personengesellschaften, die oftmals steuerlichen Sonderbeurteilungen unterliegen, da deren ertragsteuerliche Transparenz nicht dem gesellschaftsrechtlichen Rechtsträgeransatz entspricht.
Im Kern ging es um die Fragen,
- ob es auf Grund eines Formwechsels einer Obergesellschaft in die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft und
- ob es trotz Vollaufdeckung der stillen Reserven im Zuge einer vollentgeltlichen Anteilsübertragung
zu einem Sperrfristverstoß i.S.d. § 6 Abs. 5 S. 6 EStG kommt.
1. Sperrfristverstoß wegen Wechsels in das Körperschaftsteuerregime (BFH v. 15.7.2021 – IV R 36/18)
a) Entscheidungssachverhalt
Die BFH-Entscheidung vom 15.7.2021 betraf eine dreistöckige Personengesellschaft. Die Klägerin war eine GmbH, die im Jahre 2012 aus der formwechselnden Umwandlung der T-GmbH & Co. KG (T-KG) hervorgegangen ist. An der T-KG war als alleinige Kommanditistin die Mutterpersonengesellschaft (M-KG) sowie die nicht am Vermögen beteiligte T-GmbH beteiligt. An der M-KG waren wiederum die beiden natürlichen Personen M als Komplementär mit 80,1 % und N als Kommanditist mit 8,9 % sowie die E-GmbH als weitere Kommanditistin mit 11 % beteiligt. Die T-KG selbst war wiederum zu 100 % als einzige Kommanditistin an der E-GmbH & Co. KG (E-KG) beteiligt.
Im Streitjahr 2010 brachte die T-KG ein zu ihrem Gesamthandsvermögen gehörendes Betriebsgrundstück gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten in die E-KG ein. Die Einbringung des Betriebsgrundstücks wurde nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG buchwertneutral behandelt.
Im Anschluss daran erfolgte im Jahr 2012 eine Umstrukturierung der Unternehmensgruppe, und zwar dergestalt, dass
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(1) eine unentgeltliche Anteilsübertragung von N auf M erfolgte |
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(2) die E-GmbH einen Zwerganteil (0,1 %?) an die P-GmbH veräußerte |
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(3) die E-GmbH auf die M-KG verschmolzen wurde (Abwärtsverschmelzung) |
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(4) ein Formwechsel zu Buchwerten der M-KG in die M-GmbH erfolgte und |
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(5) ein Formwechsel zu Buchwerten der T-KG in die T-GmbH erfolgte |
Der gesamte Sachverhalt einschließlich Umstrukturierung lässt sich anhand der nachfolgenden Übersicht wie folgt darstellen:
Das Finanzamt akzeptierte die Einbringung des Grundstücks durch die T-KG in die E-KG zu Buchwerten nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG. Durch den Formwechsel der T-KG in die T-GmbH sei es jedoch zu einem Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG gekommen, so dass rückwirkend auf den Zeitpunkt der Übertragung des Betriebsgrundstücks der Teilwert zu 100 % anzusetzen sei.
b) Entscheidung des BFH
Im Kern lässt sich die Entscheidung des BFH wie folgt zusammenfassen:
Kein Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 5 EStG: Durch die Übertragung des Betriebsgrundstücks von der T-KG auf die E-KG nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG kommt es nach zutreffender Ansicht des BFH nicht zu einem Sperrfristverstoß nach Satz 5. Der BFH begründet das damit, dass es durch die Übertragung nach Satz 3 nicht zu einer steuerneutralen Übertragung von stillen Reserven aus dem Einkommen- in das Körperschaftsteuerregime kommt. Entscheidend für den BFH war, dass sich die vermögensmäßige Beteiligung von Körperschaftsteuersubjekten an dem Betriebsgrundstück nicht verändert hatte. D.h., obwohl die Z-GmbH als Komplementärin Mitunternehmerin der E-KG war, sie aber nicht am Vermögen der E-KG beteiligt war, ist es auch nicht zu einer schädlichen Übertragung gekommen. Das gleiche gilt für die Beteiligung der E-GmbH. Diese war vor der Übertragung mittelbar am Betriebsgrundstück der T-KG und nach der Übertragung mittelbar am Betriebsgrundstück der E-KG beteiligt. Auch hier fehlt es an einer schädlichen Übertragung; es kommt lediglich zu einer Veränderung der Beteiligungskette. Beachten Sie: Entscheidend war, dass sich die (mittelbare) vermögensmäßige Beteiligung der Mitunternehmer der M-KG an dem Betriebsgrundstück durch die Übertragung nicht verändert hat.
Formwechsel führt grundsätzlich zu einem Sperrfristverstoß nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG: Der BFH bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des FG Niedersachsen und bejahte grundsätzlich eine Sperrfristverletzung nach § 6 Abs. 5 S. 6 EStG aufgrund der formwechselnden Umwandlung der M-KG in die M-GmbH. Durch den Formwechsel kommt es nach Ansicht des BFH innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist zu einer mittelbaren Beteiligung der formgewechselten M-GmbH an dem zuvor nach § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG auf die E-KG übertragenen Betriebsgrundstück.
Steuersystematische Einordnung maßgebend: Die Begründung liegt für den BFH in der steuersystematischen Einordnung von § 6 Abs. 5 S. 5 und 6 EStG. Diese sollen ...