Leitsatz
Der Beigeladene ist am Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde eines anderen Verfahrensbeteiligten grundsätzlich in der Weise zu beteiligen, dass er über Beginn und Stand des Verfahrens durch Übersendung der Schriftsätze des Beschwerdeführers und des Beschwerdegegners laufend informiert wird. Erkennt der Senat des BFH im Lauf der Bearbeitung des Verfahrens, dass eine Entscheidung nach § 116 Abs. 6 FGO in Betracht kommt, muss er dem vom FG Beigeladenen ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
Normenkette
§ 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2, § 116, § 122 Abs. 1 FGO
Sachverhalt
Das FA erließ eine Prüfungsanordnung gegenüber einer GbR, gegen die einer der beiden Gesellschafter namens der Gesellschaft Klage erhob. Der andere Gesellschafter wurde vom FG beigeladen. Nach Abweisung der Klage als unzulässig wegen fehlender Vertretungs- und Klagebefugnis, zusätzlich aber auch als unbegründet, legte der Gesellschafter Nichtzulassungsbeschwerde ein. Zur Begründung machte er geltend, die Abweisung als unzulässig beruhe auf einem Verfahrensfehler.
Nachdem der andere Gesellschafter von der Nichtzulassungsbeschwerde erfahren hatte, beantragte er, auch in diesem Verfahren als Beigeladener beteiligt zu werden. Er unterstützte den Antrag des Beschwerdeführers und ergänzte dessen Beschwerdebegründung.
Entscheidung
Der BFH verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig, weil kein Revisionszulassungsgrund ordnungsgemäß dargelegt worden sei. Der erstinstanzlich Beigeladene sei in ausreichendem Umfang beteiligt worden. Sein Vorbringen könne nicht ergänzend zu dem des Beschwerdeführers berücksichtigt werden.
Hinweis
1. Nach § 60 FGO wird ein Dritter zu einem Klageverfahren des Klägers beigeladen, wenn entweder rechtliche Interessen des Dritten berührt werden (einfache Beiladung, § 60 Abs. 1 FGO) oder wenn die Entscheidung gegenüber dem Kläger und dem Dritten nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung, § 60 Abs. 3 FGO). Der Beigeladene hat eine besondere prozessuale Stellung, denn er kann innerhalb des vom Kläger vorgegebenen Rahmens selbstständig gegenüber dem Gericht vortragen und handeln. Als notwendiger Beigeladener kann er sogar eigene Sachanträge stellen. Dabei kann er sowohl den Kläger als auch das FA unterstützen, je nachdem, was sich für ihn später günstiger auswirkt.
2. Weil der Beigeladene Verfahrensbeteiligter i.S.d. § 57 FGO ist und die Entscheidung des Gerichts auch ihm gegenüber Wirkungen entfaltet, kann er gegen ein Urteil des FG aus eigenem Recht Revision oder Nichtzulassungsbeschwerde einlegen, um das Verfahren vor den BFH zu bringen. Wenn ein anderer Verfahrensbeteiligter den BFH anruft, ist der Beigeladene an dem Verfahren so zu beteiligen, dass er seine Rechte wahren kann.
3. Dies hatte der BFH im Fall der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers oder FA früher so verstanden, dass der Beigeladene nicht zu beteiligen war. Denn eine Zurückweisung der Beschwerde hätte den Beigeladenen nicht belastet, weil das Urteil dann rechtskräftig geworden wäre und der Beigeladene sich mangels eigener Nichtzulassungsbeschwerde mit dem Urteil abgefunden hat. Eine erfolgreiche Beschwerde hätte zur Zulassung der Revision geführt. Dies würde den Beigeladenen auch nicht belasten, weil er seine Rechte ja im anschließenden Revisionsverfahren wahren könnte.
Seit Einführung des § 116 Abs. 6 FGO hat der BFH jedoch seine diesbezügliche Rechtsprechung geändert. Denn aufgrund dieser Vorschrift kann der BFH bei einem Verfahrensfehler bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren das FG-Urteil aufheben. Wenn dem Beigeladenen an dem Bestand des erstinstanzlichen Urteils liegt, muss er sich deshalb bereits im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren äußern können. Dementsprechend hat der BFH mit Beschluss vom 28.7.2004, IX B 27/04 (BStBl II 2004, 895, BFH-PR 2004, 496) entschieden, dass der Beigeladene Beteiligter des nachfolgenden Verfahrens wegen Nichtzulassung der Revision ist, auch wenn er selbst keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt hat.
4. Die hiesige Entscheidung bestätigt die neue Rechtsprechung des BFH und versucht näher zu klären, in welcher Weise der Beigeladene an einem fremden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu beteiligen ist. Weil es für den Beigeladenen nur darum gehen kann, eine Entscheidung nach § 116 Abs. 6 FGO zu verhindern, geht der BFH von einer zweistufigen Verfahrensbeteiligung mit unterschiedlicher Intensität aus:
- Über Beginn und Stand des Verfahrens ist der Beigeladene durch Übersendung der Schriftsätze des Beschwerdeführers und des Beschwerdegegners laufend zu informieren.
- Erkennt der Senat im Lauf der Bearbeitung des Verfahrens, dass eine Entscheidung nach § 116 Abs. 6 FGO in Betracht kommt, muss er dem Beigeladenen ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
5. Wie die Beteiligung des Beigeladenen in Massenfällen technisch zu bewältigen ist, muss der BFH bei anderer Gelegenheit klären. Hier handelte es sich nur um einen Beigeladenen. Deshalb beschränkte sich der BFH auf den Hinweis, man könne viel...