a) Grundsatz der wirtschaftlichen Einheit
Rz. 17
Das Grundvermögen wird nach wirtschaftlichen Einheiten bewertet. Dies folgt aus dem in § 2 Abs. 1 Satz 1 BewG festgelegten Grundsatz, nach dem jede wirtschaftliche Einheit für sich zu bewerten ist. Der (Typus-)Begriff der wirtschaftlichen Einheit des § 2 BewG bestimmt sich dabei in erster Linie nach der Verkehrsauffassung. Dabei sind die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen. Es sind also neben objektiven auch subjektive Merkmale maßgebend. Letztere müssen jedoch dann zurücktreten, wenn sie mit objektiven Merkmalen in Widerspruch stehen. Für die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit des Grundbesitzes ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob eine Grundstücksfläche ein Grundstück i.S.d. bürgerlichen Rechts ist; eine wirtschaftliche Einheit – d.h. ein Grundstück i.S.d. Bewertungsgesetzes – kann sowohl mehrere Grundstücke im bürgerlich-rechtlichen Sinne umfassen als auch nur ein Teil eines bürgerlich-rechtlichen Grundstücks sein.
Rz. 18
Eine Grundstücksfläche, die eine einzige wirtschaftliche Einheit bildet, ist entweder ein bebautes oder ein unbebautes Grundstück. Sie kann nicht teils bebautes und teils unbebautes Grundstück sein, sondern muss einer einzigen Grundstücksart zugeordnet werden. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Grundfläche nach den Grundsätzen über die Bewertung unbebauter Grundstücke zu bewerten ist (vgl. § 84 BewG).
b) Erfordernis des räumlichen Zusammenhangs
Rz. 19
Im Gegensatz zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen schließt beim Grundvermögen die räumliche Trennung von (bebauten oder unbebauten) Grundstücksflächen die Zusammenfassung zu einer wirtschaftlichen Einheit aus.
Rz. 20
Eine räumliche Trennung ist nicht nur gegeben, wenn fremder Grundbesitz zwischen den Parzellen eines bestimmten Eigentümers liegt, sondern regelmäßig auch, wenn die Flächen durch öffentlichen Straßengrund getrennt werden. Die Trennung durch Privatwege, an denen der Grundstückseigentümer der getrennten Flächen Miteigentümer ist, steht dagegen der Zusammenfassung mehrerer Parzellen zu einer wirtschaftlichen Einheit regelmäßig nicht entgegen.
Rz. 21
Bei bebauten Grundstücken sind Nebengebäude (Garagen, Waschhäuser, Schuppen, Ställe für Kleinvieh u. dgl.), die in räumlichem Zusammenhang mit dem Hauptgebäude stehen, in die wirtschaftliche Einheit des bebauten Grundstücks mit einzubeziehen; Gleiches gilt für Hofräume, Zier- und Nutzgärten. Auch mehrere Hauptgebäude auf derselben Grundstücksfläche, wie z.B. Vorder- und Rückgebäude, die nur durch einen Hof voneinander getrennt sind, bilden grundsätzlich eine einzige wirtschaftliche Einheit. Die intensivere Bebauung von Wohngrundstücken in der Nachkriegszeit brachte es mit sich, dass die zu den Wohngebäuden (Wohnungen) gehörenden Garagen nicht in räumlichem Zusammenhang mit diesen Gebäuden, sondern davon getrennt errichtet werden. In diesen Fällen kann eine wirtschaftliche Einheit zwischen Wohngrundstück und Garagengrundstück nur angenommen werden, wenn trotz der räumlichen Trennung die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit erkennbar bleibt. Dies wird nur dann der Fall sein, wenn die räumliche Entfernung gering ist und bei Trennung durch öffentlichen Straßengrund es sich um eine Straße handelt, die nicht dem Durchgangsverkehr, sondern nur der Erschließung des Siedlungsgebietes dient. Der Umstand, dass auch die Garagen zusammen mit den Wohnungen nach § 7b EStG begünstigt waren, reicht dagegen für die Zusammenfassung von Wohngrundstück und Garagengrundstück zu einer einzigen wirtschaftlichen Einheit nicht aus, weil der frühere Begriff "Wohngebäude" und die heutigen Begriffe "Einfamilienhäuser", "Zweifamilienhäuser" und "Eigentumswohnung" des § 7b EStG nicht an § 2 BewG gemessen werden und damit eine wirtschaftliche Einheit nicht voraussetzen.
Rz. 22
Ein als Hausgarten ständig genutztes unbebautes Grundstück, das von dem Wohnhaus des Eigentümers völlig getrennt an einer anderen Straße in nicht unerheblicher Entfernung von ihm liegt, bildet eine besondere wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens.
Rz. 23
Mehrere Gebäude oder Flächen desselben Eigentümers, die getrennt voneinander liegen, sind nicht deshalb, weil sie gleichartig genutzt werden (z.B. zur Vermietung), als eine wirtschaftliche Einheit zu behandeln.
Rz. 24
Auch die Zusammenfassung mehrerer bebauter Grundstücksflächen zu einem sog. HGA-Grundstück aufgrund einheitlicher Finanzierung kann für sich allein eine wirtschaftliche Einheit i.S.d. Bewertungsrechts nicht begründen. Der RFH hat zwar entschieden, dass keine Bedenken bestehen, eine Mehrzahl von Häusern einer sog. Werkskolonie zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammenzufassen. Abgesehen davon, dass diese Entscheidung höchst anfechtbar ist, dürfte sie auch dur...