Rz. 1039
Der Frage der Mitunternehmerschaft ist für die Bewertung des Betriebsvermögens von Personengesellschaften erhebliche Bedeutung beizumessen. § 97 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a BewG i.d.F. vor dem StÄndG 1992 forderte für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs bei einer Personengesellschaft, dass die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen waren. Dies galt auch für die gewerblich geprägte Personengesellschaft, ohne dass der Gesetzgeber dies in § 97 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. b BewG i.d.F. vor dem StÄndG 1992 ausdrücklich als Tatbestandsmerkmal erwähnte. Dies gilt erst recht nach der Neufassung des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG durch das StÄndG 1992 und nach den späteren Änderungen des § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BewG, in denen ausdrücklich auf die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 3 EStG Bezug genommen wird. An den von der gewerblich tätigen oder gewerblich geprägten Personengesellschaft erwirtschafteten Betriebsergebnissen sind grundsätzlich nur die Steuerpflichtigen beteiligt, die als Mitunternehmer anzusehen sind; insoweit sind hier die Grundsätze des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu beachten.
Rz. 1040
Der Begriff des Mitunternehmers ist weder im Einkommensteuergesetz noch in anderen Steuergesetzen geregelt. Als unbestimmter Rechtsbegriff bzw. als sog. "Typus-Begriff" bedarf er deshalb der Auslegung. Nach dem Beschluss des Großen Senats v. 22.6.1984 und der sich daran anschließenden Rechtsprechung des BFH setzt die Annahme einer Mitunternehmerschaft neben den beiden Merkmalen Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko stets das Bestehen eines Gesellschaftsverhältnisses oder eines vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses voraus.
Rz. 1041
Dabei kann das Gesellschaftsverhältnis auch in verdeckter Form bestehen (sog. verdeckte Mitunternehmerschaft). Steht eine Person in Rechtsbeziehungen zu einer gewerblichen Personengesellschaft (Außengesellschaft), ohne zivilrechtlich Gesellschafter dieser Außengesellschaft (z.B. KG) zu sein, so kann sie steuerrechtlich dennoch als Mitunternehmer des Betriebes dieser Personengesellschaft anzusehen sein, sofern die Rechtsbeziehungen zivilrechtlich als Innengesellschaftsverhältnis zur Personengesellschaft oder deren Gesellschaftern zu qualifizieren sind, und zudem den weiteren Erfordernissen des Mitunternehmerbegriffs Rechnung tragen. Entsprechendes gilt auch für Rechtsbeziehungen zu einem Einzelunternehmer oder einer Kapitalgesellschaft. So kann ein Rechtsverhältnis, das etwa äußerlich als Dienst-, Darlehens- oder Pachtvertrag bezeichnet wird, zivilrechtlich in Wirklichkeit als ein Gesellschaftsverhältnis i.S.d. §§ 705 ff. BGB zu qualifizieren sein. Denn auch zivilrechtlich ist – insoweit nicht anders als im Steuerrecht – nicht die äußere Bezeichnung einer Rechtsbeziehung (die "vertragliche Eigenqualifikation" der Parteien), sondern das "wirklich Gewollte" maßgebend. Die BFH-Rechtsprechung bejaht eine verdeckte Mitunternehmerschaft aufgrund (verdeckter) Innengesellschaft nur selten. Im Einzelnen ist hierzu auf die einschlägigen Kommentare zum EStG zu verweisen.
Rz. 1042
Die im Einkommensteuerrecht entwickelten Voraussetzungen für eine verdeckte Mitunternehmerschaft gelten für die Bewertung des Betriebsvermögens in gleicher Weise. Danach setzt die Annahme einer verdeckten Mitunternehmerschaft ein gemeinsames Handeln zu einem gemeinsamen Zweck einander gleichgeordneter Personen voraus. Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko dürfen nicht lediglich auf einzelne Schuldverhältnisse als gegenseitige Austauschverhältnisse zurückzuführen sein. Die Bündelung von Risiken aus derartigen Austauschverhältnissen unter Vereinbarung angemessener und leistungsbezogener Entgelte begründet noch kein gesellschaftsrechtliches Risiko.
Daneben kann sich eine Mitunternehmerstellung des Steuerpflichtigen auch als wirtschaftlicher Eigentümer des Gesellschaftsanteils ergeben, z.B. bei Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einen nahen Angehörigen bei frei widerruflicher Schenkung.
Rz. 1043
Neben den in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG aufgeführten Gesellschaftsverhältnissen in Form der Personengesellschaft kommen für die Annahme einer Mitunternehmerschaft auch dem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnis wirtschaftlich vergleichbare Gemeinschaftsverhältnisse in Betracht. Hierzu sei beispielhaft auf die Miterben hingewiesen, auf die von Todes wegen ein Unternehmen übergegangen ist und die die Stellung eines Mitunternehmers einnehmen, obwohl zwischen ihnen kein Gesellschaftsverhältnis besteht. Ähnlich verhält es sich bei in Gütergemeinschaft lebenden Eheleuten, wenn das Unternehmen zum Gesamtgut gehört, und bei der Betriebsaufspaltung, die trotz Bruchteilseigentum nicht zur Versagung der Mitunternehmerschaft der an der Besitzgesellschaft beteiligten Personen führt.
Rz. 1044
Einstweilen frei
Rz. 1045
Zu der Gruppe der Mitunternehmer ohne Gesellschafts...