Rz. 331
Der Gesetzgeber ist im Rahmen des Gebots der weltanschaulich-religiösen Neutralität dazu angehalten, eine dadurch ebenfalls gebotene Belastungsgleichheit zwischen den Religionsgesellschaften herzustellen. Diese Anforderung wird für Zwecke der Grundsteuer in § 3 GrStG umgesetzt. In § 3 Abs. 1 Nr. 4 GrStG hat der Gesetzgeber alle Religionsgesellschaften mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts unter den weiteren gesetzlichen Voraussetzungen von der Grundsteuer freigestellt.
Rz. 332
Auch die aus dem Grundrecht folgende Verpflichtung des Staates zur weltanschaulich-religiöser Neutralität steht der unterschiedlichen Anwendung der Norm im Einzelfall nicht entgegen. Die grundgesetzlich vorgegebene Neutralitätsverpflichtung schließt Ungleichbehandlungen unter den Religionsgesellschaften nicht von vornherein aus. Differenzierungen können geboten und erforderlich sein, sofern sie aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sind. Auf diese Weise erhalten auch die Prinzipien der Gleichbehandlung des Art. 3 GG im Rahmen der durch Art. 4 GG geschützten Religionsfreiheit Bedeutung. Unzulässig ist in jedem Fall eine Differenzierung wegen des Inhaltes des Glaubens oder Bekenntnisses.
Rz. 333
Die Norm des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG verstößt nicht gegen Art. 3 GG. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG erfordert der allgemeine Gleichheitssatz, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Für den Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber sogar einen weitreichenden Entscheidungsspielraum sowohl bei der Auswahl des Steuergegenstandes als auch bei der Bestimmung des Steuersatzes. Der Gesetzgeber darf diejenigen Sachverhalte tatbestandlich frei bestimmen, an die das Gesetz eine Steuerpflicht knüpft. Dabei hat er sich aber an dem Prinzip der Folgerichtigkeit zu orientieren. Er muss bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestandes die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne einer Belastungsgleichheit umsetzen. Ausnahmen von der folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes.
Rz. 334
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GrStG verstößt auch nicht gegen Art. 4 GG. Danach sind die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses unverletzlich, die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG wird die Glaubensfreiheit indes – wie alle Grundrechte – nicht schrankenlos gewährt. Einschränkungen ergeben sich aus Verfassung selbst, deren grundgesetzlicher Werteordnung und unter Berücksichtigung der Einheit des grundrechtlichen Wertesystems. Eine solche die Ausübung von Grundrechten berührende Schranke ist in Art. 140 GG enthalten, der die Weitergeltung u.a. des Art. 137 WRV anordnet. Nach Art 140 GG i.V.m. 137 Abs. 5 WRV bleiben Religionsgesellschaften Körperschaften des öffentlichen Rechts unter der Voraussetzung, dass sie auch solche unter der WRV bisher waren. Anderen Religionsgesellschaften ist dieser Status nur dann zu gewähren, wenn sie die dort normierten weiteren Voraussetzungen erfüllen. Soweit die Glaubensfreiheit daher durch die Bindung an den Körperschaftsstatus und die damit verbundenen Einzelvergünstigungen – sog. "Privilegienbündel" – eingeschränkt wird, ergeben sich die Einschränkungen aus der Verfassung selbst und sind daher verfassungskonform.
Rz. 335– 345
Einstweilen frei.