Rz. 84
Anders als Satz 2, der grundsätzlich bei allen steuerbaren Erwerben rechtsfähiger Personengesellschaften anzuwenden ist, fokussiert Satz 3 lediglich Zuwendungen rechtsfähiger Personengesellschaften (s. Rz. 19). Die Anwendung ist daher ausgeschlossen bei Erwerben von Todes wegen i.S.d. § 3 Abs. 1 ErbStG, die sämtlich vom Erblasser herrühren, ebenso wohl in Fällen des § 3 Abs. 2 Nr. 2, 3 und 7 ErbStG, die sich auch zivilrechtlich als vom Erblasser stammend darstellen dürften. Denkbar ist allerdings eine Kollision mit § 3 Abs. 2 Nr. 4, 5 und 6 ErbStG (s. Rz. 98). Satz 3 greift allerdings stets bei freigebigen Zuwendungen einer rechtsfähigen Personengesellschaft i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG (und tatbestandlich bei entsprechenden Zweckzuwendungen, § 8 Alt. 2 ErbStG; s. aber Rz. 140). Dass die Vorschrift nicht ausdrücklich an § 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG oder § 7 Abs. 1 ErbStG anknüpft, mag zu Zweifeln hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit führen, wenn Erwerbsvorgänge zu beurteilen sind, die speziell nach § 7 Abs. 1 Nr. 2, 3, 5, 7, 8 u. 10 ErbStG als "Schenkungen unter Lebenden" definiert oder fiktiv in § 7 Abs. 6 und 8 ErbStG (s. Rz. 96 f.) als "Schenkungen" bezeichnet werden. Wenn auch hinsichtlich des Geltungsbereichs nicht klar umrissen, soll Satz 3, übereinstimmend mit Satz 2, jedenfalls im Schenkungsteuerrecht die Fortführung des Transparenzprinzips gewährleisten. Nicht die Gesellschaft, sondern stattdessen ihre Gesellschafter als Zuwendende zu behandeln, dafür plädierte der II. BFH-Senat vor knapp 26 Jahren, setzte dies allerdings erst 2017 tatsächlich um mit der Bestätigung nicht völlig konsequent ergangener Schenkungsteuerbescheide. Nun wurde seine Auffassung zum Gesetz.
Rz. 85
Ebenso wie Satz 2 (s. Rz. 25) ist auch Satz 3 klar gegliedert:
- Tatbestandlich wird die Zuwendung durch eine rechtsfähige Personengesellschaft verlangt; d.h. die bereichernde Leistung muss auf ihre Kosten erfolgt sein (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), m.a.W.: aus ihrem Vermögen stammen (§ 30 Abs. 2 ErbStG). Ob ihr Gesellschaftsvermögen (§ 713 BGB) substanziell betroffen wird/wurde, ist – grundsätzlich, wenn nicht ausschließlich – anhand der Zivilrechtslage zu prüfen (s. Rz. 88 ff.).
- Daran knüpft rechtsfolgend die Fiktion: Nicht die rechtsfähige Personengesellschaft, sondern Zuwendende sind ihre Gesellschafter. Dies ist zwingend; hierzu bedarf es keiner eigenständigen schenkungsteuerrechtlichen Prüfung.
Rz. 86
Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die spärlichen Gesetzesmaterialien zu Satz 3 keine konkrete Begründung enthalten. Damit folgt man allerdings dem BFH, der sich bisher lediglich damit rechtfertigte, auch im umgekehrten Fall des Erwerbs einer Gesellschaft betrachte er die Gesellschafter als Erwerber. Einer gewissen Logik entbehrt dies nicht. Wer will, mag daher Satz 3 mit der bloßen Existenz von Satz 2 erklären. Vielleicht fällt dereinst dem II. BFH-Senat eine plausiblere Begründung ein (s. auch Rz. 9).
Rz. 87
Einstweilen frei.