Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 21
Die Grundbesitzwerte sind stets unter Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse vom Besteuerungszeitpunkt und der Wertverhältnisse vom 1.1.1996 zu ermitteln (§ 138 Abs. 1 Satz 2 BewG).
Hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse kommt es auf den Besteuerungszeitpunkt an. Dieser bestimmt sich bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer nach § 9 ErbStG.
Bei der Grunderwerbsteuer entsteht die Steuer bei Erwerbsvorgängen im Zeitpunkt des rechtswirksamen Abschlusses der Verträge. Bei Rechtsgeschäften, die vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind, entsteht die Grunderwerbsteuer erst in dem Zeitpunkt, in dem die Bedingung eintritt (§ 14 Nr. 1 GrEStG). Erwerbsvorgänge, die von der Erteilung einer Genehmigung abhängen, sind zunächst schwebend unwirksam; d.h. die Grunderwerbsteuer entsteht erst mit der Erteilung der Genehmigung (§ 14 Nr. 2 GrEStG).
Rz. 22
Für die Wertverhältnisse kommt es – bei Bewertungsstichtagen bis zum 31.12.2006 – grundsätzlich auf den 1.1.1996 an. Diese Wertverhältnisse sind insbesondere für die Bodenrichtwerte sowie für die standardisierten Ertragswerte im Bereich der Land- und Forstwirtschaft, aber auch für das an ihre Stelle tretende Einzelertragswertverfahren maßgebend. Ansonsten wird von der Festschreibung der Wertverhältnisse auf den 1.1.1996 in den einzelnen Bewertungsvorschriften abgewichen. Erfolgt die Bewertung bebauter Grundstücke im Ertragswertverfahren, so errechnet sich die durchschnittliche Jahresmiete bzw. übliche Miete aus der Sicht des Besteuerungszeitpunkts für die letzten vorangegangenen drei Jahre (§ 146 Abs. 2 Satz 1 BewG). Auch die Alterswertminderung endet in diesen Fällen nicht am 1.1.1996, sondern erst im Besteuerungszeitpunkt (§ 146 Abs. 4 Satz 1 BewG). Bei typischen Industriegrundstücken kommt es für die Ermittlung des Gebäudewerts auf den ertragsteuerlichen Wertansatz im Besteuerungszeitpunkt an (§ 147 Abs. 2 Satz 2 BewG). Sowohl für die Bewertung des erbbaurechtsbelasteten Grundstücks als auch für die Bewertung des Erbbaurechts selbst ist die Höhe des Grundstückswerts von den im Besteuerungszeitpunkt zu zahlenden jährlichen Erbbauzinsen abhängig (§ 148 Abs. 1 BewG). Entsprechend ist bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden hinsichtlich der jährlich zu zahlenden Miet- oder Pachterträge zu verfahren (§ 148 Abs. 2 BewG). Bei Grundstücken im Zustand der Bebauung kommt es hinsichtlich des Fertigstellungsgrads auf die bis zum Besteuerungszeitpunkt angefallenen Herstellungskosten im Verhältnis zu den gesamten Herstellungskosten nach Fertigstellung an (§ 149 Abs. 1 Satz 3 BewG). Die Finanzverwaltung ist in R 163 Satz 1 ErbStR 2003 für unbebaute Grundstücke und in R 177 Satz 1 ErbStR 2003 für bebaute Grundstücke, die im Ertragswertverfahren bewertet werden, der Auffassung, dass es für den nachgewiesenen niedrigeren Verkehrswert auf die Wertverhältnisse vom Besteuerungszeitpunkt ankommt, ohne dass dies jedoch gesetzlich geregelt ist.
Rz. 23
Die Trennung zwischen tatsächlichen Verhältnissen und Wertverhältnissen bereitet in der Praxis häufig Schwierigkeiten. Zu den Wertverhältnissen rechnet insbesondere die Festschreibung der Bodenrichtwerte sowie der standardisierten Ertragswerte im Bereich der Land- und Forstwirtschaft. Darüber hinaus rechnen die Verschlechterung oder Verbesserung der Konjunktur, Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb einer Gemeinde und der allgemeinen Verkehrsverhältnisse, die Änderung der politischen Verhältnisse sowie die allgemeine Zunahme des Verkehrslärms zu den Wertverhältnissen. Zu den tatsächlichen Verhältnissen gehören
- auf besonderen Umständen beruhende Änderungen der Verkehrs-, Wohn- oder Geschäftslage,
- Änderungen im Bebauungsplan einer Gemeinde,
- Änderungen der Bauzone,
- bessere Bebauungsmöglichkeiten, z.B. durch höhere Geschossflächenzahl,
- baulicher Zustand eines Gebäudes und
- konkrete Änderungen in Bezug auf Emissionen und Immissionen.
Rz. 24
Die Wertverhältnisse vom 1.1.1996 waren im § 138 Abs. 4 BewG für elf Jahre bis zum 31.12.2006 festgeschrieben worden. Für die Bodenrichtwerte bedeutete dies, dass die von den Gutachterausschüssen zum 1.1.1996 ermittelten Bodenrichtwerte bis Ende 2006 unverändert der Besteuerung zugrunde zu legen waren. Auch im Bereich der Land- und Forstwirtschaft gelten die Ertragswerte bis zu diesem Stichtag.