Rz. 35
Die nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Behörden haben den Finanzbehörden alle Umstände mitzuteilen, die für die Feststellung von Einheitswerten des Grundbesitzes, von Grundbesitzwerten (§ 138, 157 BewG) oder für die Grundsteuern von Bedeutung sein können (§ 29 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 BewG).
Rz. 36
Diese Vorschrift – i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2001 (s. Anm. 2) – verpflichtet die zuständigen Behörden, bedeutsame Umstände von Amts wegen mitzuteilen, und stellt damit zugleich die rechtliche Grundlage für deren Tätigwerden dar. Die Mitteilungspflicht ist umfassend; sie wird nur durch ihren Zweck – Einheitsbewertung, Grundsteuer, Grundbesitzwerte – begrenzt.
Rz. 37
Welche Behörden (§ 6 Abs. 1 AO) im Einzelnen mitteilungspflichtig sind, lässt das Gesetz offen. Es sind alle nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen und denen im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bedeutsame rechtliche oder tatsächliche Umstände bekannt werden. In Betracht kommen Stellen der Gemeinden und Landkreise, z.B. Bauaufsichtsbehörden, Forst- und Wasserwirtschaftsämter, Vermessungsämter, Katasterämter, ferner Landwirtschaftskammern, Gebäudeversicherungsanstalten und Regierungspräsidenten. Diesen Behörden stehen die in Abs. 2 Satz 2 genannten Wohnungsbehörden gleich, z.B. Wohnungsbauförderungsanstalten oder Landesbanken. Sie müssen z.B. über Fälle von Wohnungsbindungen und deren Wegfall und die öffentliche Förderung von Wohnungsbau berichten.
Rz. 38
Mitteilungspflichtig sind alle Umstände, die für die genannten Zwecke bedeutsam sein können. Bei Zweifeln über die Bedeutsamkeit muss die Behörde also tätig werden. Die Umstände können rechtlicher oder tatsächlicher Art sein, umfassen also z.B. Bebauungspläne, Baugenehmigungen, tatsächliche Veränderungen an Grundstücken wie Bebauung, Abriss oder Parzellierungen, Änderungen von Lagebezeichnungen, öffentliche Förderungen, Grundsteuerbegünstigungen usw.
Rz. 39
Die Mitteilungspflicht von Amts wegen nach § 29 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 BewG dient nicht nur – wie die Auskünfte und Erhebungen nach Abs. 1 und 2 – der Einheitsbewertung des Grundbesitzes insgesamt im Rahmen der Hauptfeststellung oder von Fortschreibungen für bestimmte Gruppen von Fällen, sondern auch der Einheitsbewertung von Grundbesitz und der Festsetzung der Grundsteuer(mess)beträge im Einzelfall. Allerdings ist nicht gewährleistet, dass hierüber alle erforderlichen Informationen über eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu den Finanzämtern gelangen. Nicht alle baulichen Veränderungen sind genehmigungspflichtig oder auch nur anzuzeigen. Hieraus ergeben sich erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, da in Anbetracht der langen Dauer seit der letzten Hauptfestsetzung nicht mehr gewährleistet ist, dass Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse durch Fortschreibungen berücksichtigt sind und sich somit nicht Ungleichbehandlungen ergeben, die nicht mehr gedeckt sind. Der BFH hat u.a. aus diesem Grund dem BVerfG zu Recht die Frage vorgelegt, ob nicht auch die Einheitsbewertung für Zwecke der Grundsteuer (inzwischen) verfassungswidrig ist.
Rz. 40
Als heute besonders wichtiger Zweck kommt die Feststellung von Grundbesitzwerten (§ 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG) hinzu. Da diese Werte nur "bei Bedarf" festzustellen sind (§ 151 Abs. 1 BewG), kann es für die mitteilungspflichtige Behörde schwierig sein zu erkennen, ob insoweit Mitteilungen erforderlich sind. Im Zweifel muss sie jedenfalls tätig werden, zumal wenn die mitzuteilenden Umstände auch für die Einheitsbewertung des einzelnen Grundstücks bedeutsam sein können.
Rz. 41
Die zuständigen Behörden müssen ihre Erkenntnisse den Finanzbehörden mitteilen. Das sind vor allem die für die Einheitsbewertung des Grundbesitzes und für die Feststellung der Grundbesitzwerte zuständigen Finanzämter. Adressaten können aber auch die Finanzministerien des Bundes und der Länder und vor allem die Oberfinanzdirektionen sein (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 AO). Diese Oberbehörden kommen als Adressaten insbesondere bei Vorgängen mit überörtlicher Bedeutung in Betracht.
Rz. 42
Mitzuteilen sind jedoch in jedem Fall nur solche Umstände, die den Behörden im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung bekannt werden. Die Behörde muss also keine Nachforschungen anstellen, die sie nicht auch zur Erfüllung ihrer eigenen Aufgaben anstellt. Die Mitteilungen müssen zeitnah erfolgen, können aber, wenn es sich um eine Vielzahl von Fällen handelt, gesammelt und für bestimmte Zeitabschnitte zusammengefasst herausgegeben werden.
Rz. 43
Einstweilen frei.