Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 78
Eine Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer und damit ein fiktiv späteres Baujahr ist nach Auffassung der Finanzverwaltung anzunehmen, wenn in den letzten zehn Jahren vor dem Bewertungsstichtag durchgreifende Modernisierungen vorgenommen wurden, die nach dem Punktesystem der nachfolgenden Tabelle 1 eine überwiegende oder umfassende Modernisierung ergeben.
Rz. 79
Tabelle 1
Modernisierungselemente (9 Elemente) |
Punkte |
Dacherneuerung inkl. Verbesserung der Wärmedämmung |
3 |
Modernisierung der Fenster |
2 |
Modernisierung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser) |
2 |
Modernisierung der Heizungsanlage |
2 |
Wärmedämmung der Außenwände |
2 |
Modernisierung von Bädern |
2 |
Einbau von Bädern |
3 |
Modernisierung des Innenausbaus, z.B. Decken und Fußböden |
3 |
Wesentliche Änderung und Verbesserung der Grundrissgestaltung |
3 |
11–15 Punkte: überwiegend modernisiert
über 15 Punkte: umfassend modernisiert
Rz. 80
Ein Gebäude gilt als überwiegend modernisiert, wenn die Summe der Punkte aller in den letzten zehn Jahren durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen zwischen 11 und 15 liegt. Werden mehr als 15 Punkte erreicht, gilt das Gebäude als umfassend modernisiert. Maximal können bei Umsetzung aller neun Modernisierungselemente insgesamt 22 Punkte erreicht werden. Es ist zu beachten, dass die Regelung sich von der für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2016 geltenden Nachfolgeregelung unterscheidet. Vgl hierzu die Kommentierung zu § 190 BewG bis 31.12.2022 Rz. 153 ff.
Rz. 80.1
Durch die ErbStR 2011 wird klargestellt, dass hinsichtlich der durchgeführten Modernisierungsarbeiten auf die überwiegende Erneuerung bzw. Verbesserung der jeweiligen einzelnen Bauteile abzustellen ist. Der Richtliniengeber erläutert allerdings nicht näher, wie der Begriff "überwiegend" auszulegen ist. U.E. kann erst eine überwiegende Erneuerung oder Verbesserung angenommen werden, wenn sich die Baumaßnahme auf mindestens 80 % des Bauteils (z.B. der Modernisierung der Fenster) erstreckt. Andernfalls kann wohl nicht davon ausgegangen werden, dass die Bausubstanz derart verbessert worden wäre, dass eine Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer gerechtfertigt erscheint (s. auch Rz. 91).
Rz. 81
Durch die Beschränkung auf die in den letzten zehn Jahren vor dem Bewertungsstichtag durchgeführten Modernisierungen, wird eine Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer die Grundstücke betreffen, die im Rahmen einer einheitlich geplanten und durchgeführten Baumaßnahme sehr intensiv modernisiert wurden (z.B. Entkernung mit Komplettsanierung). Fälle der laufenden Instandhaltung dürften dagegen regelmäßig nicht von dieser Regelung berührt sein, da insoweit oftmals nur ein oder zwei Modernisierungselemente in den Zehnjahreszeitraum fallen und es somit nicht zum Überschreiten der maßgeblichen Punktegrenze kommen wird. Die tatsächlichen Praxiserfahrungen bestätigen diese Einschätzung.