Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 153
Eine Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer und damit ein fiktiv späteres Baujahr ist nach Auffassung der Finanzverwaltung anzunehmen, wenn in den letzten zehn Jahren vor dem Bewertungsstichtag durchgreifende Modernisierungen vorgenommen wurden, die nach dem Punktesystem der nachfolgenden Tabelle 1 eine überwiegende oder umfassende Modernisierung ergeben.
Rz. 154
Tabelle 1
Modernisierungselemente (8 Elemente) |
Punkte |
Dacherneuerung inklusive Verbesserung der Wärmedämmung |
4 |
Modernisierung der Fenster und Außentüren |
2 |
Modernisierung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser) |
2 |
Modernisierung der Heizungsanlage |
2 |
Wärmedämmung der Außenwände |
4 |
Modernisierung von Bädern |
2 |
Modernisierung des Innenausbaus, z.B. Decken, Fußböden, Treppen |
2 |
Wesentliche Verbesserung der Grundrissgestaltung |
2 |
Rz. 155
Ein Gebäude gilt als überwiegend modernisiert, wenn die Summe der Punkte aller in den letzten zehn Jahren durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen zwischen 14 und 16 liegt. Werden 18 Punkte oder mehr erreicht, gilt das Gebäude als umfassend modernisiert. Maximal können bei Umsetzung aller acht Modernisierungselemente insgesamt 20 Punkte erreicht werden.
Rz. 156
Im Vergleich zur vorangegangenen Regelung nach dem für Bewertungsstichtage bis einschließlich 31.12.2015 geltenden Sachwertverfahren sind sowohl der Katalog der Modernisierungselemente als auch die Punkteverteilung modifiziert worden. Zudem ist das Modernisierungselement "Einbau von Bädern" ersatzlos entfallen, so dass sich die Anzahl der Modernisierungselemente von neun auf acht reduziert hat. Um eine überwiegende Modernisierung zu erreichen, werden hier mindestens 14 statt bisher 11 Punkte vorausgesetzt. Entsprechend greift eine umfassende Modernisierung ab 18 oder mehr Punkten (bisher ab 16 Punkten).
Rz. 157
Die Finanzverwaltung stellt in den ErbStR 2019 klar, dass hinsichtlich der durchgeführten Modernisierungsarbeiten auf die überwiegende Erneuerung bzw. Verbesserung der jeweiligen einzelnen Bauteile abzustellen ist. Der Richtliniengeber erläutert allerdings nicht näher, wie der Begriff "überwiegend" auszulegen ist. U.E. kann erst eine überwiegende Erneuerung oder Verbesserung angenommen werden, wenn sich die Baumaßnahme auf mindestens 80 % des Bauteils (z.B. der Modernisierung der Fenster und Außentüren) erstreckt. Andernfalls kann u.E. nicht davon ausgegangen werden, dass die Bausubstanz derart verbessert worden wäre, dass eine Verlängerung der Gesamtnutzungsdauer gerechtfertigt erscheint.
Rz. 158
Durch die Beschränkung auf die in den letzten zehn Jahren vor dem Bewertungsstichtag durchgeführten Modernisierungen, wird eine Verlängerung der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer sich auf die Grundstücke beschränken, die im Rahmen einer einheitlich geplanten und durchgeführten Baumaßnahme sehr intensiv modernisiert wurden (z.B. Entkernung mit Komplettsanierung). Fälle der laufenden Instandhaltung dürften dagegen regelmäßig nicht von dieser Regelung berührt sein, da insoweit oftmals nur ein oder zwei Modernisierungselemente in den Zehnjahreszeitraum fallen und es somit nicht zum Überschreiten der maßgeblichen Punktegrenze kommen wird. Die tatsächlichen Praxiserfahrungen bestätigen diese Einschätzung. Vermutlich wird die Verwaltung jedoch dauerhaft an dem Punktesystem festhalten.
Rz. 159
Wird die maßgebliche Punktezahl (14–16 Punkte = überwiegende Modernisierung; 18 Punkte oder mehr = umfassende Modernisierung) aufgrund verschiedener Modernisierungen in den letzten zehn Jahren vor dem Bewertungsstichtag erreicht, ergibt sich das fiktiv spätere Baujahr aus den nachfolgend abgebildeten Tabellen 2 bis 6 zur Verschiebung des Baujahrs unter Berücksichtigung der üblichen Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2022.
Rz. 160
Die nachfolgenden Tabellen 2 bis 6 zur Verschiebung des Baujahrs gelten sowohl für Wohngebäude als auch analog für Nichtwohngebäude. Eine Interpolation kommt bei Anwendung der Tabellen nicht in Betracht. Die jeweils anzuwendende Tabelle richtet sich nach der üblichen wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes; so gilt z.B. die Tabelle 2 für alle Gebäude mit einer wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer nach Anlage 22 zum BewG i.d.F. bis 31.12.2022 von 70 Jahren.
Rz. 161
Tabelle 2 – Übliche Gesamtnutzungsdauer von 70 Jahren
|
Modernisierungsgrad |
14 bis 16 Punkte |
≥ 18 Punkte |
Gebäudealter (Jahre) |
Verschiebung Baujahr (Jahre) |
≥ 10 |
0 |
2 |
≥ 15 |
2 |
5 |
≥ 20 |
4 |
8 |
≥ 25 |
6 |
12 |
≥ 30 |
9 |
15 |
≥ 35 |
12 |
19 |
≥ 40 |
15 |
23 |
≥ 45 |
18 |
27 |
≥ 50 |
22 |
31 |
≥ 55 |
26 |
35 |
≥ 60 |
30 |
40 |
≥ 65 |
34 |
44 |
= 70 |
38 |
49 |
> 70 |
38 (s. aber Rz. 168) |
49 (s. aber Rz. 168) |
Rz. 162
Tabelle 3 – Übliche Gesamtnutzungsdauer von 60 Jahren
|
Modernisierungsgrad |
14 bis 16 Punkte |
≥ 18 Punkte |
Gebäudealter (Jahre) |
Verschiebung Baujahr (Jahre) |
≥ 10 |
0 |
2 |
≥ 15 |
2 |
6 |
≥ 20 |
5 |
9 |
≥ 25 |
7 |
13 |
≥ 30 |
10 |
16 |
≥ 35 |
13 |
20 |
≥ 40 |
17 |
24 |
≥ 45 |
20 |
28 |
≥ 50 |
24 |
33 |
... |