Rz. 651

[Autor/Stand] Anders als § 7 Abs. 8 Satz 1 oder § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG[2] fingiert § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG keinen weiteren Spezialfall einer steuerbaren Schenkung.[3] Ebenso wie § 7 Abs. 25 ErbStG hat die Vorschrift daher lediglich Ergänzungsfunktion. Ihre Bedeutung wird und kann sich in der Praxis nur anhand solcher Sachverhalte zeigen, die tatbestandlich angesprochen sind. Inzwischen reduziert die Finanzverwaltung den Zweck der Norm auf eine Einschränkung von Anwendungsfällen nur des § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG.[4] Dies liegt an ihrer Rückkehr zur grundsätzlichen Verneinung schenkungsteuerbarer vGAen (s. Rz. 607.1). Offenbar stört sie sich nicht daran, dass der Gesetzgeber die Anwendung insb. des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auf einschlägige Zuwendungen aus dem Vermögen von Kapitalgesellschaften für durchaus möglich hielt und mit § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG lediglich für sog. Konzernsachverhalte eine besondere Regelung schaffen wollte.[5] Allerdings musste sich auch der II. BFH-Senat damit nicht befassen, als er mit seinen Urteilen v. 13.1.2013 und 13.9.2017 zu Sachverhalten, die noch vor dem 14.12.2011 verwirklicht wurden, den Anlass für die Kehrtwende der Finanzverwaltung lieferte.[6]

 

Rz. 652

[Autor/Stand] Beachten Sie: Der Bundesrat hatte im Gesetzgebungsverfahren zunächst folgenden Formulierung vorgeschlagen: "Vermögensverschiebungen zwischen Kapitalgesellschaften führen zu freigebigen Zuwendungen, soweit sie nicht betrieblich veranlasst sind und soweit an den Gesellschaften nicht unmittelbar oder mittelbar dieselben Gesellschafter zu gleichen Anteilen beteiligt sind."[8] Dies wurde damit begründet, dass betrieblich veranlasste Leistungen grundsätzlich nicht steuerbar sind.[9] Dafür findet man im Wortlaut § 7 Abs. 8 Satz 2 ErbStG jedoch keine Stütze (zu Recht, s. Rz. 437 ff.), der "das der Schenkung eigene Element der Freigebigkeit stärker in den Mittelpunkt (rückt)".[10] Die Vorschrift wurde textlich bewusst nicht so wie ursprünglich gewollt formuliert. Sie erlaubt es deshalb keinesfalls,[11] die noch im Finanzausschuss geäußerte Auffassung über die grundsätzliche Nichtsteuerbarkeit betrieblich veranlasster unentgeltlicher Leistungen für maßgebend zu halten.[12]

 

Rz. 653

[Autor/Stand] Einstweilen frei.

[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2022
[3] So noch Ländererlasse v. 14.3.2012, Tz. 4.2 Satz 2, BStBl. I 2012, 331; s. auch Schneider, StbJb 2011/2012, 487 (unter 3.3 [zu Bsp. 11]).
[4] R E 7.5 Abs. 14 ErbStR 2019.
[5] BT-Drucks. 17/7524, S. 6, 21; s. auch BR-Drucks. 253/1/11 S. 38/39.
[6] BFH v. 13.1.2013 – II R 6/12, BStBl. II 2013, 930; BFH v. 13.9.2017 – II R 54/15, II R 32/16, II R 42/16, BStBl. II 2018, 292, 296, 299; ausdrücklich in Bezug genommen in H E 7.5 ErbStH 2019 – Zuwendungen an Gesellschafter oder an nahestehende Personen.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2022
[8] BR-Drucks. 253/1/11, S. 36.
[9] BR-Drucks. 253/1/11, S. 38.
[10] BT-Drucks. 17/7524, S. 6. Die trotzdem beibehaltene Begründung (S. 21 Sp. 2) steht somit im luftleeren Raum.
[11] So aber wohl Weinmann in Moench/Weinmann, § 7 ErbStG Rz. 282.
[12] Vgl. BVerfG v. 21.5.1952 – 2 BvH 2/52 (unter C.III.4), BVerfGE 1, 299; BFH v. 20.11.2013 – II R 38/12, Rz. 14, BStBl. II 2014, 479; BFH v. 14.5.1991 – VIII R 31/88 (a.E.), BStBl. II 1992, 167.
[Autor/Stand] Autor: Hartmann, Stand: 01.03.2022

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