Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 28
Die Zugehörigkeit der Wirtschaftsgüter und Schulden zum Betriebsvermögen richtet sich nach ertragsteuerlichen Grundsätzen (§ 95 Abs. 1, §§ 96, 97, 151 Abs. 1 Nr. 2 BewG). Nach Wegfall des § 99 Abs. 2 BewG gilt dies auch hinsichtlich des Umfangs der Zugehörigkeit von Grundstücken zum Betriebsvermögen. Demnach kann auch ein Grundstücksteil zum Betriebsvermögen gehören, soweit dieser Teil nach der ertragsteuerlichen Behandlung zum Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG gehört.
Rz. 29
Für die Auffassung, die Zugehörigkeit von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen ausschließlich nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zu entscheiden, spricht m.E. der Wortlaut des § 95 Abs. 1 BewG. Hier wird ausdrücklich darauf abgestellt, dass das Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG umfasst, die bei der "steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören". Zwar ist die bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer zu besteuernde Bereicherung zunächst unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Betrachtungsweise zu bestimmen. Jedoch dürfte die Frage der zivilrechtlichen Betrachtungsweise durch die bloße Zuordnung von Wirtschaftsgütern in eine bestimmte – steuerlich maßgebende – Vermögensart nicht beeinträchtigt sein. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob sich der Gesetzgeber durch die Anknüpfung an die Zugehörigkeit von Wirtschaftsgütern zum steuerlichen Betriebsvermögen hinsichtlich der Bestimmung des Umfangs der zu bewertenden "wirtschaftlichen" Einheit des Betriebsvermögens von der zivilrechtlichen Betrachtungsweise gelöst hat, zumal eine wirtschaftliche und keine zivilrechtliche Einheit Gegenstand der Bewertung ist.
Rz. 30
Dies erscheint auch insbesondere vor dem Hintergrund plausibel, dass die Regelungen zur Bewertung des betrieblichen Vermögens nach dem Bewertungsgesetz auch für Zwecke der Ertragsteuer gelten (vgl. BMF-Schreiben vom 22.9.2011). Eine Differenzierung der Bewertungsansätze in Abhängigkeit von der Steuerart lässt sich m.E. angesichts des einheitlichen Gesetzeswortlauts nicht begründen.
Rz. 31
Die ertragsteuerliche Betrachtung gilt m.E. nach Abschaffung des § 99 Abs. 2 BewG auch für Betriebsgrundstücke. Mit dem Wegfall des § 99 Abs. 2 BewG ist das bisherige Prinzip aufgegeben worden, bei dem sich die Zugehörigkeit von Betriebsgrundstücken allein nach den Regelungen des Bewertungsgesetzes richtete. Seit dem 1.1.2009 richtet sich die Zugehörigkeit von Grundstücken ebenfalls ausschließlich nach der ertragsteuerlichen Behandlung (§ 95 Abs. 1 BewG). Demzufolge werden auch Grundstücksteile – anders als nach dem bisherigen Alles-oder-nichts-Prinzip des § 99 Abs. 2 BewG – als Betriebsgrundstück innerhalb des gemeinen Werts für den Gewerbebetrieb erfasst, soweit die Grundstücksteile zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen gehören.
Rz. 32
§ 95 BewG behandelt die Zugehörigkeit von Wirtschaftsgütern zum Betriebsvermögen dem Grunde nach (Bestand). Da § 95 Abs. 1 BewG auf das ertragsteuerliche Betriebsvermögen i.S.d. § 15 EStG abstellt, richtet sich der Ansatz von Wirtschaftsgütern dem Grunde nach ausschließlich nach der Ertragsteuer. Soweit Wirtschaftsgüter bei der Ertragsteuer aufgrund der wirtschaftlichen Betrachtungsweise in das "ertragsteuerliche" Betriebsvermögen einzubeziehen sind, muss dies auch für das "bewertungsrechtliche" Betriebsvermögen gelten. Denn das Bewertungsgesetz differenziert nicht zwischen den Bewertungsanlässen (Erbschaftsteuer bzw. Ertragsteuer), sondern geht davon aus, dass der Betriebsvermögensbegriff identisch ist.
Rz. 33
Kreutziger setzt sich ebenfalls mit dem Spannungsverhältnis zwischen rechtlichem und wirtschaftlichem Eigentum auseinander. Er vertritt die Auffassung, dass Vermögensgegenstände in der Bilanz des Kaufmanns nur ausgewiesen werden dürfen, wenn sie seinem Vermögen zugerechnet werden können. Die Zurechnung bestimmt sich zunächst nach den rechtlichen Eigentumsverhältnissen. Nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Bilanzierung, den steuerlichen Vorschriften (§ 39 AO) und der von Kreutziger zitierten Rechtsprechung gehören zum Vermögen aber auch die Vermögensgegenstände, die zivilrechtlich einer anderen Person gehören, die aber nach der Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zu dem zivilrechtlichen Rechtsinhaber und nach den tatsächlichen Verhältnissen wirtschaftlicher Bestandteil seines Vermögens sind; so genanntes wirtschaftliches Eigentum. Kreutziger kommt zu dem m.E. zutreffenden Schluss, dass Vermögensgegenstände bzw. Wirtschaftsgüter, die in der Handels- und Steuerbilanz auszuweisen und daher dem Gewerbetreibenden als wirtschaftlicher Eigentümer zuzurechnen sind, bewertungsrechtliches Betriebsvermögen i.S.d. § 95 BewG bilden.
Rz. 34
Im Übrigen dürfte bereits mit BV-Erlass vom 25.6.2009 von der "verlängerten Maßgeblichkeit der Steuerbilanz" ausgegangen worden sein. Mit Abschn. 9 Abs. 1 des BV-Erlass vom 25.6.2009 wir...