a) Genehmigungserwerb
Rz. 77
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 3 ErbStG unterliegt der Steuer, was jemand dadurch erlangt, dass bei Genehmigung einer Zuwendung des Erblassers Leistungen an andere Personen angeordnet oder zur Erlangung der Genehmigung freiwillig übernommen werden. Gegenstand des Erwerbs ist das Erlangte. Das kann ein Anspruch auf die Leistung sein oder erst die Leistung selbst, d.h. der Übergang von Vermögen. Die Steuer entsteht beide Male bereits mit dem Zeitpunkt der Genehmigung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e ErbStG). Im zweiten Fall ergibt sich eine überschießende Besteuerung, die durch teleologische Reduktion vermieden werden muss.
Rz. 78– 79
Einstweilen frei.
b) Abfindungserwerbe
Rz. 80
Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG ist steuerbar, was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen – noch nicht geltend gemachten – Pflichtteilsanspruch gewährt wird. Das ist nicht der Anspruch auf die Abfindung, sondern seine Erfüllung. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f ErbStG entsteht die Steuer aber bereits mit dem Zeitpunkt des Verzichts und folglich – unter Umständen - bevor der Steuertatbestand erfüllt ist.
Rz. 81
Die gleiche Konstellation findet sich, wenn es um eine Abfindung für die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Vermächtnisses oder für die Zurückweisung eines Rechts aus einem Vertrag des Erblassers zugunsten Dritter auf den Todesfall oder anstelle eines anderen in § 3 Abs. 1 ErbStG genannten Erwerbs gewährt wird. Denn der Steuertatbestand des § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG knüpft an eine Abfindung an, die für die Ausschlagung gewährt wird. Auch das ist nicht der Anspruch auf die Abfindung, sondern das Erfüllungsgeschäft. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g ErbStG entsteht die Steuer aber vorzeitig mit der Vereinbarung über die Abfindung.
Rz. 82
Ein Gleiches gilt auch für das, was als Abfindung für ein aufschiebend bedingtes, betagtes oder befristetes Vermächtnis, das der Vermächtnisnehmer angenommen hat, vor dem Eintritt der Bedingung oder des Ereignisses gewährt wird. Insoweit liegt nämlich ein Erwerb nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG vor. Die Steuer soll nach dem Wortlaut des Gesetzes allerdings gleichfalls vorzeitig, nämlich mit dem Zeitpunkt der Vereinbarung über die Abfindung, entstehen (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g ErbStG).
Rz. 83
Bei allen Abfindungserwerben stellt sich also das Problem, dass der Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f bzw. g ErbStG die Steuer entstehen lassen will, obschon der eigentliche Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 bzw. 5 ErbStG noch nicht entstanden ist.
Rz. 84
Wie bereits oben ausgeführt, schafft § 9 ErbStG keinen zusätzlichen Verpflichtungstatbestand, sondern stellt nur klar, wann die Voraussetzungen eines nach dem ErbStG vorgesehenen Erwerbstatbestands nach dem Sprachgebrauch der AO "verwirklicht" sind. § 9 ErbStG knüpft also immer an einen steuerpflichtigen Erwerb an. Denn abgestellt wird auf die Fälle des § 3 Abs. 2 Nr. 4 bzw. 5 ErbStG.
Rz. 85
§ 3 ErbStG enthält einen abschließenden Katalog der Erwerbe von Todes wegen. Von der Systematik her hat der Gesetzgeber in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ErbStG zunächst die Erwerbe geregelt, die unmittelbar auf den Erblasser zurückgehen. Die weiteren Erwerbe, die als vom Erblasser zugewandt gelten und damit als Erwerbe von Todes wegen zu behandeln sind, finden sich in § 3 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 ErbStG. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 bzw. 5 ErbStG gilt also kraft der gesetzlichen Fiktion die jeweils vom Erwerber erlangte Abfindung als vom Erblasser stammender Erwerb. Einen anderen Erwerb gibt es in diesen Fällen nicht.
Rz. 86
Ebenfalls bereits dargestellt wurde, dass nach dem Grundgedanken des § 9 ErbStG die Erbschaftsteuer erst dann entstehen soll, wenn die Bereicherung des Erwerbers tatsächlich (wirtschaftlich) eingetreten ist, und nicht schon dann, wenn lediglich eine Aussicht oder Anwartschaft auf eine künftige Bereicherung gegeben ist. Allerdings sieht das Gesetz diese Bereicherung sowohl in dem Erwerb der dinglichen Rechtsposition als auch in dem Erwerb eines wirksam entstandenen Anspruchs auf das dingliche Recht.
Rz. 87
Demzufolge wäre es grundsätzlich problemlos möglich gewesen, die Steuer in den Fällen § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f bzw. g ErbStG bereits im Zeitpunkt des Verzichts oder der Ausschlagung bzw. der Vereinbarung eintreten zu lassen. Dann hätte aber nach § 3 Abs. 2 Nr. 4 bzw. 5 ErbStG auch schon in diesem Zeitpunkt der erbschaftsteuerpflichtige Erwerb eintreten müssen. Dies ist aber in den genannten Fällen gerade nicht möglich, weil doch die gesetzlichen Regelungen mit den gewährten Abfindungen einen Erwerb originär vom Erblasser fingieren. Hierauf kam es dem Gesetzgeber entscheidend an. Dies ist für die Auslegung der § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f bzw. g ErbStG zugrunde zu legen. Wenn nun aber die Bereicherung i.S. des § 9 ErbStG immer an einen Erwerb nach dem ErbStG anknüpfen mu...