Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 320
Schwierigkeiten bereitet die Ermittlung der üblichen Miete bei aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Ein- und Zweifamilienhäusern, die von dem Grundstückseigentümer zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Hier hat sich die Finanzverwaltung für die Bewertung nach dem Ertragswertverfahren entschieden, so dass zumindest aus Verwaltungssicht die Frage zu klären ist, wie die übliche Miete bei solchen Objekten zu ermitteln ist.
Rz. 321
Bei Ein- und Zweifamilienhäusern, die aufwendig gestaltet oder ausgestattet sind, hat sich die Finanzverwaltung für eine Bewertung im Ertragswertverfahren unter Ansatz der üblichen Miete ausgesprochen. Dies ist vor dem Hintergrund problematisch, dass für die aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Ein- und Zweifamilienhäuser weder ein Mietspiegel vorliegen dürfte noch sich Vergleichsmieten finden lassen.
Rz. 322
Christoffel/Geckle/Pahlke weisen auf die Möglichkeit der Kostenmiete hin, die allerdings in einer bestimmten Relation zur Marktmiete stehen müsse, um in diesem Bereich Überbewertungen zu vermeiden. Dies ließe sich wie folgt erreichen:
- In einem ersten Schritt muss das allgemeine Verhältnis zwischen Kostenmiete und üblicher Miete für Wohngrundstücke bestimmt werden.
- In einem zweiten Schritt ist die Kostenmiete für das aufwendig gestaltete oder ausgestattete Ein- und Zweifamilienhaus unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Wohnungsbindungsgesetzes zu ermitteln.
- Das Verhältnis aus üblicher Miete zur Kostenmiete ist dann auf die Kostenmiete für dieses Ein- und Zweifamilienhaus anzuwenden und ergibt dann den Mietansatz, der für das zu bewertende Grundstück am Mietenmarkt realisiert werden könnte.
Ergänzend zu der Anweisung in Tz. 57 Abs. 2 der gleich lautenden Erlasse v. 2.4.2007, nach der die Bewertung von aufwendig gestalteten bzw. ausgestatteten Ein- und Zweifamilienhäusern im Ertragswertverfahren unter Ansatz der üblichen Miete erfolgen soll, hat sich die Finanzverwaltung in Tz. 51 Abs. 7 der gleich lautenden Erlasse v. 2.4.2007 dafür ausgesprochen, dass bei der Schätzung der üblichen Miete die besondere Ausstattung bzw. Gestaltung des Grundstücks angemessen zu berücksichtigen ist. Diese Formulierung deutet darauf hin, dass die übliche Miete von aufwendig gestalteten bzw. ausgestatteten Wohngrundstücken allenfalls in der Ausgangsgröße aus dem Mietspiegel abgeleitet werden kann, wobei die dort genannten Mietansätze um einen angemessenen Zuschlag zu erhöhen sind. Für die Ermittlung dieses Zuschlags könnte sich das vorstehend dargestellte Vergleichsverfahren "Markt- zu Kostenmiete" eignen.
Beispiel
Für ein normales Einfamilienhaus soll sich aus dem Mietspiegel eine übliche Miete von 10 EUR ergeben. Die dazu passende Kostenmiete soll 15 EUR betragen. Die Kostenmiete für das aufwendig gestaltete bzw. ausgestattete Einfamilienhaus, das zu bewerten ist, soll in sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des Wohnungsbindungsgesetzes mit 25 EUR ermittelt worden sein.
Aus dem Verhältnis übliche Miete zu Kostenmiete bei einem normalen Einfamilienhaus ergibt sich die Aussage, dass die übliche Miete nur 66,67 % der Kostenmiete abdeckt. Damit dürfte die übliche Miete für ein aufwendig gestaltetes bzw. ausgestattetes Einfamilienhaus bei einer Kostenmiete von 25 EUR mit 66,67 % von 25 EUR = 16,67 EUR anzusetzen sein. Gemessen an der üblichen Miete für ein normales Einfamilienhaus beträgt somit der Zuschlag 16,67 EUR ./. 10 EUR = 6,67 EUR.
Rz. 323
Es lässt sich durchaus die Auffassung vertreten, dass es bei aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Ein- oder Zweifamilienhäusern an einer üblichen Miete fehlt, so dass die Bewertung nach § 147 BewG unter getrenntem Ansatz des Boden- und Gebäudewerts durchzuführen wäre. Zwar scheint diese Vorschrift nach dem Wortlaut des § 147 Abs. 1 Satz 2 BewG im Wesentlichen die Industriegrundstücke zu betreffen, jedoch kann die Vorschrift auch "weit ausgelegt" werden, und zwar in dem Sinne, dass hierunter die Fälle zu subsumieren sind, bei denen es an einer tatsächlich vereinbarten Miete fehlt und eine übliche Miete nicht ermittelt werden kann. In § 147 Abs. 1 Satz 2 BewG würde danach nur der Katalog der typischen Anwendungsfälle angesprochen, jedoch nicht einengend zu den Grundsätzen in § 147 Abs. 1 Satz 1 BewG. Eine solche Gesetzesauslegung wäre für die Grundstückseigentümer vorteilhaft, deren Gebäudewert weitgehend abgeschrieben ist, so dass sich der Grundstückswert fast nur auf den Wert des Grund und Bodens unter Ansatz eines Abschlags von 30 % beschränkt. Dieser Grundstückswert liegt auf jeden Fall unter dem Ertragswert, der auf einen Mindestwert aus Grundstücksfläche × Bodenrichtwert abzgl. Abschlag von 20 % nach unten begrenzt ist. Bei der Ermittlung des ertragsteuerlichen Wertansatzes ergeben sich in der Praxis Schwierigkeiten, wenn die steuerliche Förderung des eigengenutzten Wohneigentums ausgelaufen ist und danach die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht oder nur unzu...