Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 370
Nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 3 BewG sind die zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze abzüglich der zum Betriebsvermögen gehörenden Schulden und sonstigen Abzüge mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Somit ist für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2008 der ertragsteuerliche Wertansatz nicht mehr maßgebend.
Rz. 371
Angesichts der verfassungsrechtlichen Vorgabe, dass bei der Erbschaft-/Schenkungsteuer zunächst der gemeine Wert anzusetzen ist und erst auf einer zweiten Stufe Verschonungsregelungen zulässig sind, musste der Gesetzgeber den Ansatz des gemeinen Werts realisieren. Bei der – grundsätzlich zum Abgleich mit dem Ertragswert erforderlichen zusätzlichen und damit verwaltungsaufwendigen – Ermittlung des Substanzwerts erscheint es nicht von vornherein abwegig, wenn der Gesetzgeber bei dem Auffangverfahren stärkere Vereinfachungen zugelassen hätte. Denn es darf nicht übersehen werden, dass die Ermittlung des Substanzwerts häufig vollständig ins Leere läuft, weil der Ertragswert des Unternehmens größer ist und der Substanzwert im Ergebnis einen Mindestwert i.S. einer Mindestbemessungsgrundlage darstellt. Schwierigkeiten ergeben sich in erster Linie bei der praktischen Ermittlung des gemeinen Werts der einzelnen Wirtschaftsgüter.
a) Einzelne Wirtschaftsgüter
Rz. 372
Bei häufig vorkommenden Wirtschaftsgütern wird die Ermittlung des gemeinen Werts unproblematisch sein. Wenn beispielsweise der gemeine Wert für einen aus mehreren PKW bestehenden Fuhrpark zu ermitteln ist, wird dies über einschlägige Listen und Veröffentlichungen keine unüberwindbaren Probleme verursachen. Ist dagegen ein Seeschiff oder eine Produktionsstraße eines Automobilherstellers mit dem gemeinen Wert anzusetzen, ergeben sich zum Teil erhebliche Ermittlungsprobleme.
aa) Kurswertansatz vorrangig
Rz. 373
Gehören zum Betriebsvermögen Wertpapiere und Schuldbuchforderungen, die am Stichtag an einer deutschen Börse zum Handel im regulierten Markt zugelassen sind, werden sie mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im regulierten Markt notierten Kurs angesetzt. Das gilt insbesondere auch für Anteile an Kapitalgesellschaften, für die ein Kurswert vorliegt (§ 11 Abs. 1 BewG).
bb) Ansatz der Grundbesitzwerte
Rz. 374
Grundstücke, die zum Betriebsvermögen gehören, sind mit dem nach § 151 Abs. 1 Nr. 1 BewG auf den Bewertungsstichtag festzustellenden Grundbesitzwert anzusetzen (§ 12 Abs. 3 ErbStG).
Rz. 375
Soweit ein Grundstück sowohl zum Betriebsvermögen als auch zum Grundvermögen gehört, ist der Grundbesitzwert bei der Ermittlung des Substanzwerts für den Gewerbebetrieb nur insoweit einzubeziehen, wie das Grundstück nach ertragsteuerlichen Grundsätzen zum Betriebsvermögen gehört. § 99 Abs. 2 BewG ist aufgehoben worden.
Rz. 376
Die für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2009 vom Lagefinanzamt (Bewertungsstelle) getroffene Feststellung der Vermögensart erfolgt nicht mehr. Die nach § 151 Abs. 2 Nr. 1 BewG erforderliche Feststellung über die "Art der wirtschaftlichen Einheit" versteht die Finanzverwaltung ausschließlich als Feststellung der Grundstücksart. Die vor dem 1.1.2009 geläufige Zuordnung zu Vermögensarten i.S.d. § 18 BewG erfolgt nicht mehr, zumal § 18 BewG für Zwecke der Erbschaft-/Schenkungsteuer nicht gilt (§ 17 Abs. 2 BewG). Bezüglich des Mitteilungsverfahrens und der Gefahr einer Doppelerfassung vgl. Anm. 345 ff.
cc) Ansatz von Anteilen am Betriebsvermögen
Rz. 377
Gehört zum Betriebsvermögen eines zu bewertenden Gewerbebetriebs ein Anteil an einem Betriebsvermögen, ist die Beteiligung mit dem nach § 151 Abs. 1 Nr. 2 BewG auf den Bewertungsstichtag festzustellenden Wert anzusetzen (§ 12 Abs. 5 ErbStG).
dd) Ansatz von Anteilen an Kapitalgesellschaften
Rz. 378
Gehört zum Betriebsvermögen eines zu bewertenden Gewerbebetriebs ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft, ist der Wert des Anteils mit dem nach § 151 Abs. 1 Nr. 3 BewG auf den Bewertungsstichtag festzustellenden Wert anzusetzen (§ 12 Abs. 2 ErbStG).
Rz. 379
Soweit für Anteile an einer Kapitalgesellschaft ein Kurswert notiert ist, erfolgt keine Feststellung nach § 151 Abs. 1 Nr. 3 BewG, weil derartige Feststellungen nur für Anteile an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 11 Abs. 2 BewG vorgesehen sind. Die Feststellung ist in diesen Fällen nicht erforderlich, weil der Kurswert der Anteile anzusetzen ist (§ 11 Abs. 1 BewG).
ee) Ansatz eines Restwerts von 30 %
Rz. 380
Der Ansatz des gemeinen Werts wird bei manchen Wirtschaftsgütern relativ unproblematisch sein. Das gilt beispielsweise bei Forderungen, Bankguthaben, und dgl. Auch beim Fuhrpark eines Unternehmens erscheint der Ansatz des gemeinen Werts unproblematisch, weil insoweit anerkannte und allgemein zugängliche Listen verfügbar sind, die den gemeinen Wert eines PKW abbilden.
Rz. 381
Schwierigkeiten können dagegen beispiels...