Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 164
Die Ermittlung der üblichen Miete ist bei Ferienwohnungen regelmäßig problematisch, weil eine "üblicherweise zu erzielende Miete" einer Ferienwohnung nicht während eines ganzen Jahres in gleich bleibender Höhe feststellbar ist. Außerdem sind Ferienwohnungen regelmäßig nicht ganzjährig vermietet, so dass sich auch insoweit eine Auswirkung auf die Höhe der maßgebenden Miete ergibt. Die Problematik verschärft sich dadurch, dass § 186 Abs. 1 Satz 1 BewG ausdrücklich auf den Rohertrag abstellt, der nach den am Bewertungsstichtag geltenden vertraglichen Vereinbarungen für den Zeitraum von zwölf Monaten zu zahlen ist. Bei enger Auslegung dieser Formulierung könnten sich erhebliche Überbewertungen ergeben, wenn eine Ferienwohnung während der Hochsaison übertragen wird. Andererseits könnten sich erhebliche Unterbewertungen ergeben, wenn eine Ferienwohnung in der Nebensaison übertragen wird. Stünde die Ferienwohnung dagegen im Zeitpunkt der Übertragung leer, wäre die "übliche Miete" anzusetzen, ohne dass in diesem Fall klar wäre, wie die übliche Miete angesichts der unterschiedlichen Auslastung und der schwankenden Mieten ermittelt werden könnte. Insbesondere existiert regelmäßig kein allgemein gültiger Mietspiegel.
Rz. 165
Die Finanzverwaltung hat sich in Abschn. 18 Abs. 6 GV-Erlass vom 5.5.2009 dafür entschieden, bei Ferienwohnungen stets die übliche Miete anzusetzen und dabei die übliche Miete nach der saisonabhängigen Miete unter Berücksichtigung der üblichen Auslastung zu ermitteln. Soweit der GV-Erlass vom 5.5.2009 diese Art der Ermittlung der üblichen Miete fordert, wenn "sich in einem Mietwohngrundstück Ferienwohnungen" befinden, wird klargestellt, dass die Ferienwohnung der Grundstücksart "Mietwohngrundstück" zuzuordnen sein muss. Wäre die Ferienwohnung der Grundstücksart "Einfamilienhaus" zuzuordnen, wäre die Bewertung nicht im Ertragswertverfahren, sondern im Vergleichswertverfahren oder im Sachwertverfahren durchzuführen, so dass sich die Problematik der Ermittlung der üblichen Miete überhaupt nicht stellen würde.
Rz. 166
Zur Berechnung der üblichen Miete bei Ferienwohnungen enthält H 18 GV-Erlass vom 5.5.2009 das folgende Beispiel:
V besitzt eine Ferienwohnung, die zum vorübergehenden Gebrauch dauernd wechselnden Mietern überlassen wird.
Zeitraum |
Miete pro Woche |
Anzahl der Wochender jeweiligenSaison |
DurchschnittlicheAuslastung desObjektes (einschl.Zeiten der Selbstnutzung und des anteiligen Leerstandes) |
Übliche Miete(Spalte 2 × Spalte 3 × Spalte 4) |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
Vor-/Nachsaison |
230 EUR |
12 |
40 % |
1 104 EUR |
Hauptsaison |
300 EUR |
12 |
80 % |
2 880 EUR |
Nebensaison |
200 EUR |
28 |
20 % |
1 120 EUR |
Summe |
|
52 |
|
5 104 EUR |
Als übliche Miete im Bewertungsstichtag für den Zeitraum von 12 Monaten ist ein Betrag von 5 104 EUR anzusetzen.
Rz. 167
Zu dem Beispiel ist anzumerken, dass sowohl die Annahmen zur Höhe der Miete als auch die Unterteilung in verschiedene Saisonzeiten als auch die Annahme der Anzahl der jeweiligen Saisonwochen einschließlich der durchschnittlichen Auslastung willkürliche Annahmen des Beispiels sind. In der Praxis muss konkret ermittelt werden, wie lange die jeweilige Saison dauert und welche durchschnittliche Auslastung zu berücksichtigen ist. Ob dies bei den Fremdenverkehrsstellen allgemein abzufragen oder aus den Verhältnissen des konkret zu bewertenden Objekts abzuleiten ist, hat die Finanzverwaltung nicht ausdrücklich festgelegt. ME müssten die tatsächlichen Verhältnisse des Bewertungsobjekts Vorrang haben. Dem entspricht auch die Aussage in Abschn. 18 Abs. 6 Satz 2 GV-Erlass vom 5.5.2009, wonach die Zeiten der Selbstnutzung in die durchschnittliche Auslastung des Objekts einzubeziehen ist. Nach Abschn. 18 Abs. 6 Satz 3 GV-Erlass vom 5.5.2009 sind Leerstandszeiten im zeitlichen Verhältnis der tatsächlichen Selbstnutzung zur tatsächlichen Vermietung aufzuteilen. Daraus ist abzuleiten, dass die Finanzverwaltung offenbar von der Berücksichtigung der Verhältnisse im konkret zu bewertenden Objekt ausgeht. Sofern es sich jedoch um eine Ferienwohnung handelt, die von beauftragten Ferienunternehmen geschäftsmäßig zur Vermietung angeboten und vermarktet wird, dürften die allgemeinen Verhältnisse der jeweiligen Region vorrangig von Bedeutung sein.
Rz. 168
Bei der Ermittlung der üblichen Miete von Ferienwohnungen sind Entgelte für die Überlassung von Einrichtungsgegenständen oder sonstige Dienst- und Sachleistungen (zB Gestellung von Frühstück und Bettwäsche/Handtüchern, Endreinigung und Umlage von Nebenkosten sowie Gepäcktransfer) nicht zu berücksichtigen. Vgl. Anm. 127.