a) Begriff des Gesellschaftsvermögens i.S.d. Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) v. 10.8.2021
Rz. 1183
Nach der ursprünglichen Konzeption des BGB und des HGB kam der Personengesellschaft, insb. deren Grundform: der GbR, keine Rechtsfähigkeit zu. Demzufolge konnte die Personengesellschaft nicht Träger eigenen Vermögens sein. Das in der Personengesellschaft (GbR) gebundene gemeinschaftliche Vermögen gehörte aus dieser Sicht – anders als etwa bei den Kapitalgesellschaften – nicht der Gesellschaft als solcher, sondern allen Gesellschaftern "in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit" (sog. Gesamthandsprinzip; vgl. insb. § 718 bis 720 BGB in der bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung). Dieses Gesamthandsprinzip, wonach das Vermögen allen Gesellschaftern gemeinschaftlich – "zur gesamten Hand" – zustand, diente vor allem dazu, den Zugriff der privaten Gläubiger der einzelnen Personengesellschafter auf das Gesellschaftsvermögen zu blockieren und damit dessen Einsatz zur Verwirklichung des vereinbarten Gesellschaftszwecks dauerhaft zu sichern. Dementsprechend kam den einzelnen Personengesellschaftern kein Anteil an den zum Gesamthandsvermögen rechnenden Gegenständen zu. Über ihren Anteil am Gesellschaftsvermögen als Ganzem konnten die Gesellschafter nur gemeinsam verfügen (vgl. § 719 Abs. 1 BGB a.F.).
Rz. 1184
Durch die sukzessive, praeter legem stattfindende Fortbildung des Personengesellschaftsrechts, insb. der grundlegenden Normen in §§ 705 ff. BGB, durch die höchstrichterliche Zivilrechtsprechung wurde die ursprüngliche Konzeption des historischen Gesetzgebers von der fehlenden Rechtsfähigkeit der GbR und der damit verbundenen mangelnden Eignung der GbR, selbst Träger (Inhaber) von eigenem Vermögen sein zu können, mehr und mehr zurückgedrängt. In seinem grundlegenden Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00 hat der BGH unter Berufung auf seine frühere Rechtsprechung entschieden, dass die (Außen-)Gesellschaft des bürgerlichen Rechts Rechtsfähigkeit besitze, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründe. In diesem Rahmen sei sie zugleich im Zivilprozess aktiv und passiv parteifähig. In einer solchen Akzeptanz der Rechtsfähigkeit der GbR liege kein Widerspruch zu den §§ 21, 22, und 54 BGB, wo mit Rechtsfähigkeit offensichtlich die Fähigkeit der Gesellschaft gemeint sei, Träger von Rechten und Pflichten aufgrund eigener Rechtspersönlichkeit und damit "als solcher" und nicht als Gruppe ihrer gesamthänderisch verbundenen Mitglieder zu sein. Wie § 14 Abs. 2 BGB zeige, gehe aber das Gesetz davon aus, dass es auch Personengesellschaften gebe, die Rechtsfähigkeit besäßen. So sei es praktisch unbestritten, dass OHG und KG Träger von Rechten und Pflichten sein könnten und damit rechtsfähig seien, ohne als Gesamthandsgemeinschaften den Status einer juristischen Person zu besitzen.
Rz. 1185
Im Urteil v. 25.1.2008 – V ZR 63/07 und weiteren Entscheidungen hat der BGH diese Grundsätze bekräftigt. Die der GbR zukommende Rechtsfähigkeit umfasse auch die Fähigkeit, Eigentümerin von Grundstücken zu sein und als solche ins Grundbuch eingetragen zu werden. Die zur Verwirklichung dieses materiellen Rechts notwendigen Verfahrensnormen (meint hier offensichtlich die GBO) müssten entsprechend ausgestaltet werden.
Rz. 1186
Angesichts der skizzierten, vor allem durch die Bedürfnisse des modernen Wirtschaftslebens ausgelösten höchstrichterlichen Rechtsfortentwicklung des vom historischen Gesetzgeber Ende des 19. Jahrhunderts geschaffenen Rechts der (Personen-)Gesellschaft bildeten die einschlägigen gesetzlichen Normen (insb. die §§ 705 ff. BGB) die moderne Rechtspraxis nur noch ungenügend ab.
Um hier Abhilfe zu schaffen, nahm der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) v. 10.8.2021 eine umfassende Überarbeitung der tradierten Vorschriften des Personengesellschaftsrechts vor, wobei der weitaus überwiegende Teil der in erster Linie, aber nicht nur den Bereich der GbR (§§ 705 ff. BGB) betreffenden Normen erst am 1.1.2024 in Kraft getreten ist. Was die GbR anbelangt, so unterscheidet das BGB i.d.F. des MoPeG nunmehr in § 705 Abs. 2 BGB zwischen zwei Gesellschaftsformen, nämlich der rechtsfähigen und der nicht rechtsfähigen GbR. § 705 Abs. 2 BGB lautet dementsprechend wie folgt:
"Die Gesellschaft kann entweder selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll (rechtsfähige Gesellschaft), oder sie kann den Gesellschaftern zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander dienen (nicht rechtsfähige Gesellschaft)."
Rz. 1187
Die maßgeblichen Rechtsnormen für die rechtsfähige GbR enthalten die §§ 706 bis 739 BGB n.F., wohingegen für die nicht rechtsfähige GbR die Regelungen der §§ 740 bis 740c BGB n.F. gelten.
Die für die Rechtsverhältnisse der nicht rechtsfähigen GbR maß...