Rz. 18
Nimmt das Finanzamt den Schenker anstelle des Erwerbers außerhalb dieser noch heute akzeptierten Varianten in Anspruch, muss es sein Auswahlermessen (§ 5 AO) anhand hinreichender Sachgründe nachvollziehbar begründen. Dies dürfte nicht allzu schwer sein, wenn der Erwerber – z.B. bei nicht steuerbefreiten Sanierungszuwendungen (s. hierzu § 13 ErbStG Rz. 30–36) – zahlungsunfähig oder verstorben ist, sich im Ausland befindet oder seinerseits die Steuerbarkeit der Zuwendung vehement bestreitet. Das Gleiche gilt, wenn der Schenker weiß, dass der Erwerber die anfallende Steuer selbst nicht tragen kann oder beide kollusiv zum Zwecke der Steuerumgehung zusammengewirkt haben. Umgekehrt kann die Inanspruchnahme des Erwerbers rechtswidrig sein, wenn der Schenker die Schenkungsteuer ausdrücklich übernommen hat und Ermessenserwägungen des Finanzamts fehlen oder nicht nachvollziehbar sind.
Rz. 19
Die Durchführung einer Nachversteuerung beim Schenker mag man kritisch sehen, wenn er die zur Auslösung der Nachversteuerung führenden Umstände nicht beeinflussen kann (z.B. in den Fällen des 13 Abs. 1 Nr. 2/3 Satz 2, Nr. 13 Satz 3, Nr. 16 Buchst. b Satz 2 u. Buchst. c Satz 5, Nr. 18 Satz 2 ErbStG). In einem, allerdings insolvenzbedingten, Fall des § 13a Abs. 5 ErbStG wurde sie rechtskräftig. Bei Verstößen gegen die Behaltens- oder Lohnsummenregelungen will die Finanzverwaltung den Schenker aber nur dann in Anspruch nehmen, wenn er die Schenkungsteuer nach § 10 Abs. 2 ErbStG "auch für diesen Fall selbst übernommen" hat. Mit Blick auf fiktive Schenkungen (z.B. § 7 Abs. 7 ErbStG) plädiert Geck dafür, die Haftung des Schenkers nach § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG auf die Fälle des § 7 Abs. 1 ErbStG zu beschränken.
Rz. 20
Die Entscheidungen gegenüber den Gesamtschuldnern müssen nicht einheitlich ergehen. Das Finanzamt darf die Schenkungsteuer grundsätzlich gegenüber jedem Gesamtschuldner ganz oder teilweise geltend machen (§ 44 Abs. 1 Satz 2 AO, § 421 Satz 1 BGB) und sie selbst dann noch nachfordern, wenn sie zuvor gegen den anderen Beteiligten in zu geringer Höhe bestandskräftig festgesetzt wurde. Dies gilt auch nach Inanspruchnahme des Erwerbers in Kenntnis einer Übernahmeerklärung des Schenkers, da das Schenkungsteuerfinanzamt damit klar zu erkennen gegeben hat, dass es der versprochenen Freistellung des Erwerbers nicht zustimmt (§ 415 Abs. 1, 2 Satz 1 BGB).
Rz. 21
Zwischenzeitliche Zahlungen eines Gesamtschuldners sind allerdings zwingend zu berücksichtigen, da sie den Steueranspruch gegen Erwerber und Schenker erlöschen lassen (§§ 44 Abs. 2 Satz 1, 47 AO). Die Rückzahlung der Schenkungsteuer beseitigt diese Wirkung jedoch nicht. Selbst wenn die Steuererstattung kollusiv erschlichen wurde und die erneut gegenüber dem Erwerber festgesetzte Schenkungsteuer nicht realisierbar ist, kann sie konsequent nicht mehr gegenüber dem Schenker festgesetzt werden. Beachten Sie: Wird die festgesetzte Schenkungsteuer bescheidmäßig herabgesetzt, hat nur derjenige Gesamtschuldner einen Erstattungsanspuch, dessen Bescheid geändert und auf dessen Rechnung Zahlungen erbracht wurden (§ 37 Abs. 2 AO). Wurde die Schenkungsteuer gegen beide fest- und später herabgesetzt und haben Erwerber und Schenker gezahlt, sind die im Zweifel jeweils auf eigene Rechnung erfolgten Zahlungen verhältnismäßig anzurechnen.
Rz. 22
Auch die Festsetzungsverjährung führt zum Erlöschen des Steueranspruchs (§ 47 AO). Anders als Tilgungsleistungen kann sie sich gegenüber beiden Gesamtschuldnern jedoch unterschiedlich auswirken (§ 44 Abs. 2 Satz 3 AO – s. auch § 31 ErbStG Anm. 8). Dies musste ein Schenkungsteuerfinanzamt erfahren, das den Schenker erst belangte, nachdem sich der Erwerber als zahlungsunfähig erwiesen hatte.