Rz. 5
Das in den §§ 78–82 BewG geregelte Ertragswertverfahren ist gegenüber dem vor dem Hauptfeststellungszeitraum 1964 geltenden Bewertungsrecht eine neuartige Wertermittlungsmethode. Zwar kannten bereits § 35 RBewG 1925 und § 11Abs. 2 iVm. § 55 Abs. 1 RBewG 1931 die Bewertung bestimmter bebauter Grundstücke mit dem Ertragswert. Maßgebende Bewertungsfaktoren waren dabei der Reinertrag des Grundstücks und ein – allerdings fester – Kapitalisierungsfaktor. Abweichend von §§ 78 ff. BewG 1965 wurde jedoch seinerzeit der tatsächliche Reinertrag des einzelnen zu bewertenden Grundstücks ermittelt, und zwar in der Weise, dass von dem nachhaltig erzielbaren Rohertrag die tatsächlichen Aufwendungen zu dessen Erzielung abgezogen wurden. Auf der Grundlage des so ermittelten Reinertrags errechnete sich anschließend der Ertragswert des Grundstücks mit dem Achtzehnfachen des Reinertrags.
Im Unterschied hierzu legt das in den §§ 78 ff. BewG 1965 geregelte Ertragswertverfahren der Wertermittlung aus Gründen der Vereinfachung pauschalierte Reinerträge zugrunde und geht – insofern allerdings stärker differenzierend als das frühere Reinertragswertverfahren – von einer immer währenden Bodenrente und einer befristeten Gebäuderente aus.
Rz. 6
Für die Hauptfeststellung 1935 schrieb § 33 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zu § 52 Abs. 1 BewG 1934 für die Wertermittlung bei Mietwohn- und gemischtgenutzten Grundstücken die Bewertung "mit einem Vielfachen der Jahresrohmiete" vor. Der sich nach dem Rohmietenverfahren des BewG 1934 ergebende Wert war jedoch – abweichend von den vorher geltenden Reinertragswertverfahren – kein besonders gestalteter Ertragswert, sondern ein schematisch ermittelter gemeiner Wert (Verkehrswert). Dies wird ohne weiteres klar, wenn man sich vergegenwärtigt, in welcher Weise seinerzeit die Vervielfältiger ermittelt und festgesetzt worden sind. Denn es wurde zunächst eine umfassende Sammlung von Verkaufsfällen erstellt, aus der das dem Durchschnitt entsprechende Vielfache der Jahresrohmiete abgeleitet wurde. Durch Division des Verkaufspreises für das einzelne Grundstück durch die Jahresrohmiete ergaben sich Rohmieten-Multiplikatoren, die anschließend unter Berücksichtigung des nach dem BewG 1935 maßgebenden Zinssatzes von 5,5 % und aufgrund von Verhandlungen mit Organisationen und Verbänden korrigiert wurden. Das Vielfache der Jahresrohmiete sollte danach im Ergebnis dem Verkaufspreis, dh. dem gemeinen Wert entsprechen. Dennoch bildeten die zum 1.1.1935 festgestellten Einheitswerte überwiegend nicht den gemeinen Wert ab. Ursächlich dafür war insbesondere, dass bei der Auswertung der Kaufpreissammlung lediglich auf einen Durchschnitt abgestellt wurde.