Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 138
Die Regelungen der bisherigen sog. "doppelten Öffnungsklausel" sind für Bewertungsstichtage nach dem 31.12.2006 entfallen. Dies ist vor dem Hintergrund, dass sich der Nachweis stets auf die wirtschaftliche Einheit beziehen soll, grundsätzlich verständlich.
Rz. 139
Bei im Ertragswertverfahren zu bewertenden bebauten Grundstücken existierte für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2007 eine "doppelte Öffnungsklausel". Danach konnte der Steuerzahler gem. § 146 Abs. 7 BewG a.F. nachweisen, dass der gemeine Wert des bebauten Grundstücks niedriger als der nach §§ 146 Abs. 2 bis 6 BewG a.F. ermittelte Wert ist. Der Verweis auf § 146 Abs. 6 BewG a.F. bezog den Ansatz des Mindestwerts mit ein. Da § 146 Abs. 6 a.F. BewG hinsichtlich der Wertermittlung des Mindestwerts auf den gesamten § 145 Abs. 3 BewG a.F., also auch auf dessen Satz 3, verwies, konnte der Steuerzahler auch den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts für das fiktiv unbebaute Grundstück führen. Diese Auslegung konnte sich vorteilhaft für den Steuerzahler auswirken, weil er den Nachweis auf den Wert des Grund und Bodens beschränken und somit innerhalb des Sachverständigengutachtens darauf verzichten konnte, die Bebauung des Grundstücks zu berücksichtigen.
Mit der Öffnungsklausel des § 138 Abs. 4 BewG gibt die Finanzverwaltung die bisher zulässige doppelte Öffnungsklausel auf, weil § 138 Abs. 4 BewG den Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts für die "wirtschaftliche Einheit" voraussetzt. Somit ist bei einem bebauten Grundstück innerhalb des Sachverständigengutachtens regelmäßig die Bebauung zu berücksichtigen. Die Bewertung eines fiktiv unbebauten Grundstücks ist ausgeschlossen. Dies ergibt sich ausdrücklich aus den gl. lt. Erl. v. 2.4.2007.
Rz. 140
Allerdings gibt der Wortlaut des § 138 Abs. 4 BewG auch Anlass zu Zweifeln. Die Auffassung der Finanzverwaltung, dass die doppelte Öffnungsklausel künftig unzulässig ist, stützt sich auf den in § 138 Abs. 4 BewG verwandten Bezug auf den Begriff der "wirtschaftlichen Einheit". Insoweit handelt es sich m.E. jedoch um eine einseitige Auslegung. Denn bei der wirtschaftlichen Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens vernachlässigt die Finanzverwaltung diese Beschränkung. Nach dem Wortlaut des § 138 Abs. 4 BewG kann nachgewiesen werden, dass der gemeine Wert der wirtschaftlichen Einheit niedriger ist als der nach § 143 BewG ermittelte Wert. Nach § 143 BewG wird jedoch nicht der Wert der wirtschaftlichen Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens ermittelt. Die wirtschaftliche Einheit ist der "Betrieb der Land- und Forstwirtschaft", der nach § 141 Abs. 1 BewG sowohl den Betriebsteil als auch die Betriebswohnungen und den Wohnteil umfasst. Nach § 143 BewG ist lediglich der Wert der Betriebswohnungen und des Wohnteils zu ermitteln. Somit lässt § 138 Abs. 4 BewG insoweit durchaus auch den Nachweis für eine Teilmenge einer wirtschaftlichen Einheit zu. Der Begriff der wirtschaftlichen Einheit wird somit beim Betrieb der Land- und Forstwirtschaft nicht eng ausgelegt.
Rz. 141
Anders verfährt die Finanzverwaltung bei den wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens. Insoweit verweist § 138 Abs. 4 BewG auf die Wertermittlung nach §§ 145 bis 149 BewG. Da § 146 Abs. 6 BewG bezüglich des Mindestwerts weiterhin auf die Wertermittlung nach § 145 BewG verweist, wäre es m.E. durchaus vertretbar gewesen, auch bei der Bewertung der wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens die Nachweismöglichkeit wie bisher auszulegen und eine doppelte Öffnungsklausel zuzulassen. Die Finanzverwaltung hat sich anders entschieden.