Schrifttum:

Carlé, Die Treuhand im Erbschaftsteuerrecht – wechselhafte Auffassungen der Finanzverwaltung, ErbStB 2011, 260; Eden, Rechnungslegung der Treuhand an Unternehmensbeteiligungen im handels- und steuerrechtlichen Jahres- sowie Konzernabschluss, Der Konzern 2018, 425 und 475; Eisele, Nießbrauchsrecht an Personengesellschaftsanteil – Durchbruch der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, NWB 2012, 4151; Heckel, Zur zivil- und steuerrechtlichen Einordnung von Beteiligungskonten auf der Basis der Mudaraha, DStR 2018, 2181; Richter/Fürwentsches, Unentgeltliche Übertragung von Treuhand-Kommanditanteilen, DStR 2010, 2070; Schmid/Leyh, Neues aus dem Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer, NWB 2011, 1071; St. Viskorf/Haag, Wirtschaftliche Betrachtungsweise bei der Betriebsvermögensbegünstigung für Zuwendungsnießbrauch an Personengesellschaften, ZEV 2012, 24.

 

Rz. 1099

[Autor/Stand] Eine (ertragsteuerrechtliche) Mitunternehmerschaft ohne Gesellschaftsverhältnis liegt auch im Fall der Treugeberschaft vor.[2] Die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses ist häufig bei Verlustzuweisungsgesellschaften anzutreffen. Hierdurch wird zum einen der Eintritt neuer Gesellschafter während der Aufbauphase und zum anderen das Ausscheiden von Gesellschaftern nach Ablauf der Verlustphase erleichtert. Zwar ist der Treuhänder im Außenverhältnis als Gesellschafter Träger aller Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis; im Innenverhältnis ist er jedoch gegenüber dem Treugeber weisungsgebunden und übt die ihm aufgrund seiner Gesellschafterstellung zustehenden Rechte für Rechnung des Treugebers aus. Da der Treugeber somit mittelbar bei der Willensbildung der Gesellschaft mitwirkt und über den Treuhänder einen Gesellschaftsbeitrag leistet, ist es gerechtfertigt, ihn bei der Entscheidung über das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft einem Gesellschafter gleichzustellen.

 

Rz. 1100

[Autor/Stand] Bei offenen und verdeckten Treuhandverhältnissen, deren Gegenstand die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft ist (z.B. ein OHG- oder Kommanditanteil), ist zivilrechtlich allein der Treuhänder Gesellschafter der Personengesellschaft.[4] Mitunternehmer und damit ertragsteuerrechtliches Zuordnungssubjekt für die Einkünfte aus der Mitunternehmerschaft ist jedoch der Treugeber.[5]

 

Rz. 1101

[Autor/Stand] Die Übernahme dieser ertragsteuerrechtlichen Grundsätze in das Bewertungsrecht sowie in das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht hatte die Finanzverwaltung früher im Zusammenhang mit der Anwendung der für das Betriebsvermögen gewährten erbschaft- und schenkungsteuerrechtlichen Steuervergünstigungen trotz der in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. enthaltenen Bezugnahme auf das EStG stets abgelehnt und eine strenge Anlehnung an das Zivilrecht befürwortet.[7] Zur insoweit parallel gelagerten Problematik beim Nießbrauch vgl. oben Rz. 1071 ff. Zur Begründung berief sich die Finanzverwaltung auf den Gesichtspunkt, dass der Zuwendungsgegenstand (Erwerbsgegenstand) einer unentgeltlichen Übertragung der Rechte aus einem Treuhandverhältnis allein in dem Anspruch des Treugebers nach § 667 BGB auf Rückübereignung des Treuguts bestehe.[8] Folglich liege kein begünstigungsfähiges inländisches Betriebsvermögen vor. Die auf der wirtschaftlichen Betrachtungsweise fußende Zuordnungsregelung in § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO könne im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht nicht angewendet werden, so dass es auf die ertragsteuerrechtliche Zuordnung nicht ankomme.

 

Rz. 1102

[Autor/Stand] Anders wertete die Finanzverwaltung allerdings den (Ausnahme-)Fall, in dem die Treuhand beim Tod des Treugebers endete und der Erbe unmittelbar in die Gesellschafterstellung des Treuhänders einrückte. Hier bestehe der Zuwendungsgegenstand in einer Gesellschaftsbeteiligung im zivilrechtlichen Sinne mit der Folge, dass ihm der Erwerb von Betriebsvermögen zugrunde liege.[10]

In Teilen des Schrifttums[11] ist die vorstehend skizzierte restriktive Auffassung der Finanzverwaltung mit m.E. zutreffenden Erwägungen abgelehnt worden. Gegen die Ansicht der Finanzverwaltung spricht zunächst schon der Wortlaut des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. (vgl. jetzt: § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) und die darin enthaltene ausdrückliche Bezugnahme auf § 15 EStG. Deswegen ist der bewertungsrechtliche sowie erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Begriff des Betriebsvermögens nach den ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zu bestimmen.

 

Rz. 1103

[Autor/Stand] Die Richtigkeit dieser Sichtweise hat denn auch der BFH in seinem späteren, zu einem Nießbrauchsfall (vgl. dazu näher oben, Rz. 1076 ff.) ergangenen Urteil vom 1.9.2011[13] bestätigt. In diesem Urteil heißt es, dass der in § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. verwendete Gesellschaftsbegriff nicht zivilrechtlich, sondern ertragsteuerrechtlich zu interpretieren sei. Dieses Verständnis ergebe sich zum einen aus der ausdrücklichen Gesetzesverweisung im ErbStG auf die Normen des EStG und zum anderen aber auch aus dem Zweck des § 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F., nämlich erforderliche betrieb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge