Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 82
Die Ableitung der üblichen Miete aus Vergleichsmieten ist insbesondere möglich, wenn
- sich die vermieteten Räumlichkeiten in einem Objekt befinden oder
- der Steuerpflichtige Eigentümer mehrerer Objekte ist, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu dem eigengenutzten Objekt belegen sind, oder
- dem Finanzamt geeignete Vergleichsmieten vorliegen.
Rz. 83
Bei der Ableitung der üblichen Miete aus Vergleichsmieten setzt die Finanzverwaltung die "Berücksichtigung des § 186 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG" voraus. Aus dieser Formulierung muss geschlossen werden, dass die Finanzverwaltung die Ableitung der üblichen Miete aus Vergleichsmieten nur zulässt, solange die in § 186 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG vorgesehene Wertabweichungsgrenze von 20 % nicht überschritten ist. Dies würde aber in der Konsequenz voraussetzen, dass Vergleichsmieten, die aus vermieteten Räumlichkeiten desselben Objekts oder aus einem Objekt in unmittelbarer Nachbarschaft zum eigengenutzten Objekt resultieren, nur dann als übliche Miete zu Grunde gelegt werden können, wenn stets zusätzlich ein Vergleich mit einer üblichen Miete durchgeführt wird, deren Höhe durch die Wertableitung aus vergleichbaren Objekten gewonnen werden soll. Dieser Widerspruch dürfte nur schwer lösbar sein.
Rz. 84
Es ist nachvollziehbar, dass Vergleichsmieten nur dann aussagekräftig sind, wenn sie dem örtlichen Mietenmarkt entsprechen. Eine allgemeine Aussage zum örtlichen Mietenmarkt trifft regelmäßig der Mietspiegel. Deshalb ist es verständlich, wenn die Finanzverwaltung offenbar nicht jedes Mietniveau bei der Ableitung der üblichen Miete aus Vergleichsmieten anerkennen, sondern – unter Berücksichtigung der Wertabweichungsgrenze von 20 % des § 186 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG – die regionale Üblichkeit voraussetzen will.
Rz. 85
Bei einem Mietwohngrundstück werden alle Wohnungen zu einer Miete vermietet, die 50 % unterhalb des regional üblichen Mietniveaus liegt. In dem Mietwohngrundstück befindet sich eine eigengenutzte Wohnung, für die die übliche Miete zu ermitteln ist.
Hier darf mE die übliche Miete für die eigengenutzte Wohnung nicht aus den Vergleichsmieten der vermieteten Wohnungen abgeleitet werden. Denn die vereinbarten Mieten sind in einem derartigen Fall nicht repräsentativ für die Region. Es ist daher nachvollziehbar, wenn die Finanzverwaltung die Ableitung der üblichen Miete aus den Vergleichsmieten der vermieteten Wohnungen unter Hinweis auf § 186 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BewG ablehnt.
Rz. 86
Im rechnerischen Ergebnis erscheint die Vorgehensweise der Finanzverwaltung nachvollziehbar. Allerdings dürfte mE die Miete von vermieteten und vergleichbaren Wohnungen nur dann nicht als Vergleichsmiete zur Ableitung der üblichen Miete herangezogen werden, wenn die Vergleichbarkeit und Üblichkeit der vereinbarten Miete angezweifelt werden muss. Zweifel wären beispielsweise berechtigt, wenn Vergleichsmieten nicht im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu Stande gekommen sind. In der Praxis ist die Prüfung der Frage, ob eine Miete im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu Stande gekommen ist, sehr streitanfällig. Die von der Finanzverwaltung favorisierte bloße Prüfung der Frage, ob die Wertabweichungsgrenze von 20 % überschritten ist, ist dagegen eine einfache und rein rechnerische Lösung der Problematik. Die Praktikabilität der Verwaltungsregelung muss somit nicht angezweifelt werden. Allerdings wird auf diesem Weg die Aussagekraft von Vergleichsmieten eingeschränkt. Denn der Miete eines Vergleichsobjekts – Üblichkeit unterstellt – kommt grundsätzlich eine höhere Aussagekraft zu als dem für eine ganze Region geltenden Mietspiegel.
a) Vermietete Räumlichkeiten in demselben Objekt
Rz. 87
Die übliche Miete wird regelmäßig dann zu realistischen Ergebnissen führen, wenn Vergleichsmieten vorliegen. Vermietet beispielsweise ein Eigentümer von insgesamt acht Wohnungen eines Mietwohngrundstücks sieben Wohnungen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr und nutzt er eine Wohnung selbst, kann die übliche Miete für die selbst genutzte Wohnung aus den Vergleichsmieten der übrigen sieben Wohnungen abgeleitet werden. Das gilt selbstverständlich nur, wenn die Ausstattung der vermieteten Wohnungen mit der Ausstattung der selbst genutzten Wohnung vergleichbar ist. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass eine Ableitung der üblichen Miete aus der Vergleichsmiete einer vermieteten Wohnung in demselben Mietwohngrundstück auch dann möglich ist, wenn nur eine der vermieteten Wohnungen in ihrer Ausstattung mit der eigengenutzten Wohnung vergleichbar ist.
Rz. 88
Die Ableitung der üblichen Miete aus Vergleichsmieten führt grundsätzlich zu genaueren Ergebnissen als die Ableitung aus eine...