Rz. 33
Der Kapitalwert von Renten und anderen auf die Lebenszeit einer Person beschränkten Nutzungen und Leistungen wird mit einem Vielfachen des Werts der einjährigen Nutzung oder Leistung angesetzt (§ 14 Abs. 1 BewG). Die Vervielfacher – das BewG spricht von Vervielfältigern – sind (je nach dem Lebensalter und Geschlecht der maßgebenden Person) verschieden hoch. Ihre Höhe richtet sich nach der durchschnittlichen Lebenserwartung, d.h. nach der Zahl der Lebensjahre, die die maßgebende Person nach ihrem Lebensalter am Bewertungsstichtag aufgrund des Ergebnisses der Statistik noch zu erwarten hat. Entsprechend der zum Teil erheblich unterschiedlichen Lebenserwartungen von Frauen und Männern wurden nach Geschlechtern getrennte besondere Vervielfacherreihen berechnet.
Rz. 34
Die Vervielfacher der Anlagen zu § 14 Abs. 1 BewG sind jedoch nicht gleich der Zahl der Jahre der Lebenserwartung. Die Vervielfältiger berücksichtigen vielmehr die Zwischenzinsen und sind deshalb niedriger als die Zahl der Jahre der mittleren Lebenserwartung in der "Allgemeinen Sterbetafel".
Rz. 35
Die Vervielfacher werden einem bestimmten Lebensalter zugewiesen, das vollendet sein muss. Dadurch werden bei der Bewertung Auslegungsschwierigkeiten vermieden, die die bisherige Zuweisung der Vervielfacher an Altersgruppen mit sich brachte. Allerdings spielt die Frage, ob jemand ein bestimmtes Lebensalter vollendet hat oder einer Gruppe zugehört, die "mehr" als ein bestimmtes Alter hat, noch bei der Anwendung des § 14 Abs. 2 BewG eine Rolle.
Rz. 36
Nach § 108 AO i.V.m. § 187 Abs. 2 Satz 2 und § 188 Abs. 2 BGB vollendet ein Mensch jeweils mit dem Ablauf des Tages, der dem Jahrestag der Geburt vorher geht, ein Lebensjahr. Personen, die am 1. Januar geboren sind, vollenden demnach ein Lebensjahr jeweils mit dem Ablauf des 31. Dezember. Der Ablauf dieses Tages fällt zwar mit dem Beginn des folgenden 1. Januar zusammen, weil die Zeitrechnung kontinuierlich ist und keine Zeiteinheiten kennt, die zwischen den Tagen liegen. Trotzdem hat der am 1. Januar Geborene zu Beginn des Kalenderjahres das Lebensjahr vollendet.
Rz. 37
Die gesetzlich vorgeschriebenen Vervielfacher für die verschiedenen Lebensalter sollen bezwecken, dass Untersuchungen über die mutmaßliche Lebensdauer der in Betracht kommenden Person im Einzelfall ausgeschlossen werden. Die Vervielfacher müssen auch zugrunde gelegt werden, wenn z.B. wegen schwerer Erkrankung dieser Person mit einer viel kürzeren Lebenserwartung zu rechnen ist. Ebenso wenig kann der später tatsächliche Verlauf (vorbehaltlich der Vorschrift des § 14 Abs. 2 BewG) maßgebend sein.
Rz. 38
In den Kombinationsfällen der abgekürzten oder der verlängerten Leibrente, in denen die Laufzeit der Rente nicht nur von der Lebenszeit einer Person abhängt, kann für die Frage nach dem anzuwendenden Vervielfacher auch § 13 BewG mit maßgebend sein.
Rz. 39
Bei der abgekürzten Leibrente ist die Rente auf Lebenszeit mit einer Höchstlaufzeitvereinbarung verbunden. In diesem Fall ist entsprechend der Regelung des § 13 Abs. 1 Satz 4 BewG der niedrigere der sich aus den §§ 13, 14 BewG ergebenden Vervielfacher zur Ermittlung des Kapitalwerts anzuwenden.
Rz. 40
Bei der verlängerten Leibrente ist die Rente auf Lebenszeit mit einer Mindestlaufzeitvereinbarung verbunden. Für die Ermittlung des Kapitalwerts ist der höhere sich aus den §§ 13, 14 BewG ergebende Vervielfacher anzuwenden.
Wird eine Leibrente aus demselben Rechtsgrund mehrfach auf Zeit vereinbart und schließen die Laufzeiten der beiden Renten unmittelbar aneinander an, so sind nicht zwei abgekürzte Leibrenten gegeben, sondern es liegt eine einzige abgekürzte Leibrente vor, die mit der ersten Rente beginnt und deren Laufzeit unter Berücksichtigung der Verlängerung zu bestimmen ist. Beruhen dagegen die aneinander anschließenden beiden abgekürzten Leibrenten auf unterschiedlichen Rechtsgründen, so ist das zweite Rentenrecht als aufschiebend bedingt erst zu berücksichtigen, wenn der Berechtigte in den Bezug der Rente eingetreten ist.
Rz. 41– 43
Einstweilen frei.