a) Ausnahmegrund
Rz. 181
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 GrStG regelt die Ausnahme zum Grundsatz gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 GrStG, der solchen Grundbesitz von der Grundsteuer befreit, der durch einen inländischen öffentlichen Rechtsträger für einen öffentlichen Zweck – öffentlicher Dienst oder Zweck – genutzt wird. Ausdrücklich ausgenommen von der Befreiung ist danach derjenige Grundbesitz, der von Berufsvertretungen und Berufsverbänden sowie von kassenärztlichen Vereinigungen und kassenärztlichen Bundesvereinigungen benutzt wird, vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 GrStG.
Rz. 182
Grund für die Ausnahmeregelung ist, dass die dort aufgeführten Rechtsträger trotz formaler Zuordnung ihrer Tätigkeit zum öffentlich-rechtlichen Aufgabenbereich letztendlich die tatsächliche Grundlage ihres Tätigkeitsbereich grundsätzlich im privatwirtschaftlichen Bereich haben. Eine Entlastung privater Rechtsträger von Grundbesitz vom Kostenfaktor Grundsteuer würde dem Ausnahmecharakter der Regelung des § 3 GrStG als Befreiungsvorschrift für bestimmte öffentlich-rechtliche Rechtsträger im Ergebnis daher widersprechen.
Rz. 183– 184
Einstweilen frei.
b) Berufsvertretungen und Berufsverbände
Rz. 185
Berufsvertretungen sind Zusammenschlüsse von Angehörigen bestimmter Wirtschafts- bzw. Berufszweige zur organisatorischen Regelung der eigenen wirtschaftlichen bzw. beruflichen Angelegenheiten (z.B. Industrie- und Handelskammer, Ärztekammer, Rechtsanwaltskammer, Steuerberaterkammer, Wirtschaftsprüferkammer, Architektenkammer, Landwirtschaftskammer, Kreishandwerkerschaft). Berufsvertretungen i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 GrStG sind – im Unterschied zu privatrechtlich organisierten Berufsverbänden – juristische Personen des öffentlichen Rechts, welche die gemeinsamen berufsständischen und wirtschaftlichen Interessen der durch sie repräsentierten Angehörigen bestimmter Berufszweige vertreten, außerdem öffentliche Aufgaben (d.h. Aufgaben im Interesse der Allgemeinheit) erfüllen und zu diesem Zweck i.d.R. mit hoheitlichen Befugnissen, z.B. Disziplinarmaßnahmen bei der Wahrnehmung standrechtlicher Aufgaben, ausgestattet sind. Charakteristisch ist damit eine sog. Doppelnatur in Form eines Bestandteils der mittelbaren Staatsverwaltung einerseits sowie der gemeinsamen berufsständischen und wirtschaftlichen Interessen der repräsentierten Berufstätigen andererseits.
Rz. 186
Bei Berufsverbänden handelt es sich um Zusammenschlüsse ohne öffentlich-rechtlichen Charakter i.S.d. § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG in erster Linie von Arbeitgebern bzw. Arbeitnehmern, d.h. Arbeiter bzw. Angestellte, die in bestimmten Berufsbranchen tätige Personen zum Zwecke der einheitlichen wirtschaftlichen Interessenvertretung sowie deren Förderung aufnehmen, z.B. Arbeitgeberverbände bzw. Gewerkschaften. Zu den Berufsverbänden i.S.d. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 GrStG können aber auch andere Berufsverbände, z.B. Wirtschaftsverbände, Bauernvereine oder Hauseigentümervereine, gehören. Dabei geht es um die Wahrnehmung der allgemeinen wirtschaftlichen Belange aller Angehörigen eines Berufes bzw. einer Branche und nicht lediglich die besonderen wirtschaftlichen Belange einzelner Angehöriger eines bestimmten Geschäftszweiges. Die Zusammenschlüsse derartiger Vereinigungen als Dachverbände sind ebenfalls Berufsverbände.
c) Kassenärztliche Vereinigungen und Kassenärztliche Bundesvereinigung
Rz. 187
Die sog. Doppelnatur von Körperschaften des öffentlichen Rechts ist auch kennzeichnend für die Kassenärztlichen Vereinigungen und Kassenärztlichen Bundesvereinigungen, welche durch das GrStG in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 GrStG mit den Berufsvertretungen und Berufsverbänden hinsichtlich der Ausnahme von der Steuerbefreiung gleich behandelt werden.
Rz. 188
Die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen als Körperschaften des öffentlichen Rechts, vgl. § 77 Abs. 5 SGB V, haben einerseits die den Krankenkassen obliegende ärztliche Versorgung der Versicherten und ihrer Angehörigen sicherzustellen. Insoweit sind sie dem Gemeinwohl verpflichtet und mit Disziplinarbefugnissen ausgestattet. Andererseits haben sie die Rechte der Kassenärzte gegenüber den Krankenkassen wahrzunehmen (§ 75 Abs. 2 Satz 1 SGB V) und weisen insoweit Elemente einer genossenschaftlich organisierten Interessenvertretung auf. Gleichwohl hat § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 GrStG deren Grundbesitz ausdrücklich von der Steuerbefreiung ausgenommen. Eine analoge Anwendung des § 8 Abs. 2 GrStG kommt insoweit nicht in Betracht, als diese Regelung sich erkennbar nicht auf die subjektiven, sondern nur auf die objektiven Voraussetzungen der Steuerbefreiung bezieht.
Rz. 189– 199
Einstweilen frei.