Rz. 416
Zum Inlandsvermögen werden auch Wirtschaftsgüter gerechnet, die einem inländischen Gewerbebetrieb überlassen, insb. an diesen vermietet oder verpachtet sind, soweit sie nicht bereits unter § 121 Nrn. 1, 2 oder 5 BewG fallen (§ 121 Nr. 6 BewG). Erfasst werden durch diese Vorschrift vor allem Wirtschaftsgüter beschränkt steuerpflichtiger Gewerbetreibender, die im Inland weder eine Betriebsstätte unterhalten noch einen ständigen Vertreter bestellt haben, wenn diese Wirtschaftsgüter einem (nicht eigenen) Gewerbebetrieb überlassen werden.
Rz. 417
In Betracht kommen bewegliche Wirtschaftsgüter (z.B. Maschinen, Betriebsvorrichtungen), Bodenschätze und vor allem immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. Erfindungen, Gebrauchsmuster, Rezepte, technische Erfahrungen, Know-how, Software, Urheberrechte, Warenzeichen), die nicht bereits nach § 121 Nrn. 3 oder 5 BewG zum Inlandsvermögen gehören. Auch das von einem ausländischen Reeder an einen Inländer vercharterte Schiff gehört zum Inlandsvermögen, wenn das Schiff nicht schon für sich allein als ein im Ganzen überlassener gewerblicher Betrieb anzusehen ist (zur Betriebsverpachtung im Ganzen vgl. § 95 Rz. 246 ff.) und bereits deshalb zum Inlandsvermögen des Ausländers (i.S.v. § 121 Nr. 3 BewG) gehört.
Rz. 418
Nicht unter § 121 Nr. 3 und 5 BewG fallende Erfindungen, Gebrauchsmuster, Urheberrechte etc. können nach § 121 Nr. 6 BewG zum Inlandsvermögen rechnen, wenn sie einem fremden (nicht eigenen, vgl. Rz. 422) Gewerbebetrieb überlassen werden.
Rz. 419
Beispiel 3
Der beschränkt steuerpflichtige Schriftsteller A hat einen Roman geschrieben und sein Urheberrecht an diesem Roman auf einen inländischen Verlag V zur Verwertung übertragen. A erhält gemäß den vertraglichen Vereinbarungen mit V für jedes von V verkaufte Exemplar des Romans einen bestimmten Betrag.
A verstirbt und wird von seinem ebenfalls beschränkt erbschaftsteuerpflichtigen Sohn beerbt.
Lösung:
Das Urheberrecht gehört gemäß § 121 Nr. 6 BewG zum Inlandsvermögen des S.
Rz. 420
Der Begriff des "Überlassens" ist nicht auf das Zur-Verfügung-Stellen durch Vermietung oder Verpachtung oder in miet- oder pachtähnlicher Weise beschränkt. Die miet- oder pachtweise Überlassung wird in § 121 Nr. 6 BewG nur beispielhaft erwähnt. Darunter kann z.B. auch die Überlassung durch Leasing fallen. Die Überlassung muss nicht entgeltlich, sondern kann – wenngleich dies selten vorkommen wird – auch unentgeltlich (z.B. im Wege der Leihe) geschehen. Der Begriff des Überlassens ist wirtschaftlich zu verstehen und umfasst neben der körperlichen Übergabe und der Verschaffung der (tatsächlichen) Verfügungsmacht auch die Fälle, in denen der Inhaber eines Rechts dessen Ausübung durch einen Dritten vereinbarungsgemäß duldet. Die Übergabe von Waren an ein inländisches Unternehmen zum kommissionsweisen Verkauf würde allerdings für die Annahme von Inlandsvermögen nicht ausreichen, da hier von einem "Überlassen" nicht gesprochen werden kann.
Rz. 421
Auf die Dauer der Überlassung kommt es für die Anwendung des § 121 Nr. 6 BewG nicht an. Eine kurzfristige Überlassung genügt. Entscheidend ist allein, dass sie am maßgebenden Stichtag vorlag.
Rz. 422
Von einer Überlassung i.S.v. § 121 Nr. 6 BewG kann nicht gesprochen werden, wenn der beschränkt Steuerpflichtige sein Wirtschaftsgut in einem eigenen, im Inland betriebenen Gewerbebetrieb oder einer eigenen, im Inland unterhaltenen Betriebsstätte einsetzt. Solche Wirtschaftsgüter unterfallen bereits § 121 Nr. 3 BewG. Entsprechendes gilt, wenn die betreffenden Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen des inländischen Betriebs oder der inländischen Betriebsstätte des beschränkt Steuerpflichtigen gehören und von dort aus an einen fremden inländischen Gewerbebetrieb verpachtet werden. Verpachtet ein Ausländer einen inländischen Gewerbebetrieb im Ganzen oder einen Teilbetrieb, so bleibt das betreffende Betriebsvermögen auch in der Hand des Verpächters Betriebsvermögen. Hier liegt deshalb ebenfalls bereits ein Fall des § 121 Nr. 3 BewG vor.
Rz. 423
Der an einen inländischen Gewerbebetrieb durch einen beschränkt Steuerpflichtigen verpachtete inländische Grundbesitz rechnet bereits nach § 121 Nr. 2 BewG zum Inlandsvermögen. § 121 Nr. 6 BewG tritt hier als subsidiär zurück. Darlehensforderungen eines beschränkt Steuerpflichtigen an einen inländischen Gewerbetreibenden können nicht unter dem Gesichtspunkt des § 121 Nr. 6 BewG als Inlandsvermögen angesehen werden. Zwar stellt die Darlehensforderung ein Wirtschaftsgut dar; dieses wurde jedoch dem Darlehensnehmer (= inländischem Gewerbetreibenden) nicht "überlassen". Die Darlehensforderung (der Darlehensrückzahlungsanspruch) entstand bei Auszahlung der Darlehenssumme (Darlehensvaluta) vielmehr originär in der Person des Darlehensgebers. Auch die Darlehensvaluta wurde dem Darlehensnehmer nicht i.S.v. § 121 Nr. 6 BewG zur (vorübergehenden) Nutzung überlas...