Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 54.7
In diesem Zusammenhang ist jedoch der Vorrang der von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff BauGB mitgeteilten Vergleichspreise zu beachten (vgl. § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG). Nach dem Urteil des BFH v. 24.8.2022 sind bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens vorrangig die von den Gutachterausschüssen mitgeteilten Vergleichspreise heranzuziehen. Sofern keine vom Gutachterausschuss ermittelten Vergleichspreise vorliegen, kann sich der Vergleichspreis nach dem BFH-Urteil auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück ergeben (§ 183 Abs. 1 Satz 1 BewG).
Rz. 54.8
Bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens sind nach § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke). Grundlage sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen i.S.d. §§ 192 ff. BauGB mitgeteilten Vergleichspreise (§ 183 Abs. 1 Satz 2 BewG). Anstelle von Preisen für Vergleichsgrundstücke können nach § 183 Abs. 2 Satz 1 BewG von den Gutachterausschüssen für geeignete Bezugseinheiten, insb. Flächeneinheiten des Gebäudes, ermittelte und mitgeteilte Vergleichsfaktoren herangezogen werden.
Rz. 54.9
Der Vorrang einer Auskunft des Gutachterausschusses basiere nach dem BFH-Urteil v. 24.8.2022 auf dessen besonderer Sach- und Fachkenntnis, der größeren Ortsnähe sowie dessen Kompetenz bei der in hohem Maße von Beurteilungs- und Ermessenserwägungen abhängigen Wertfindung. Erst wenn der Gutachterausschuss keine Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren mitteile, sei der Rückgriff auf andere Berechnungsgrundlagen und -methoden möglich. Liegen weder vom Gutachterausschuss ermittelte Vergleichspreise noch Vergleichsfaktoren vor, könne sich der Vergleichspreis nach § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG auch aus einem zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das zu bewertende Grundstück ergeben. Die Anwendung des § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG sei nicht ausgeschlossen, wenn die Gutachterausschüsse keine Vergleichspreise für das zu bewertende Grundstück mitteilen können. Das ergebe sich aus dem Zusatz "vorrangig" in § 183 Abs. 1 Satz 2 BewG. Danach seien Grundlage zunächst die von den Gutachterausschüssen ermittelten und mitgeteilten Vergleichspreise. Liegen solche nicht vor, stehe dies einer Ermittlung von Vergleichspreisen durch das für die Bewertung zuständige Finanzamt nach § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG nicht entgegen. Dabei lasse sich ein Vergleichspreis auch aus der Veräußerung eines einzelnen Grundstücks ableiten. Das gelte auch dann, wenn dieses Grundstück das zu bewertende Grundstück selbst ist. Der Wortlaut des § 183 Abs. 1 Satz 1 BewG spreche zwar von "Vergleichsgrundstücken" im Plural. Daraus folge jedoch nicht zwingend, dass stets mehrere Grundstücke den Vergleichspreis bilden müssen. Sei zeitnah zum Bewertungsstichtag ein Kaufpreis für ein (einzelnes) Vergleichsgrundstück gezahlt worden, das mit dem zu bewertenden Grundstück hinsichtlich seiner den Wert beeinflussenden Merkmale hinreichend übereinstimmt, so könne dieser Kaufpreis für die Bewertung als Vergleichspreis herangezogen werden. Voraussetzung sei, dass der Kaufpreis unter fremden Dritten unter marktüblichen Bedingungen vereinbart wurde.