Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 56
Be- und Verarbeitungsbetriebe als Nebenbetriebe der Land- und Forstwirtschaft sind Betriebe, in denen die im Hauptbetrieb gewonnenen Erzeugnisse be- oder verarbeitet und verwertet werden. Als Beispiele sind zu nennen: Molkereien, Käsereien, Betriebe zur Einlegung und Konservierung von Kraut, Gurken, Spargel, Gemüse, zur Herstellung von Kartoffelflocken, Brennereien, Kartoffeltrocknereien, Brütereien, Forellenräuchereien, Säge- und Mühlenbetriebe.
Rz. 57
Beschränkt sich der Betrieb nicht auf die Verwertung der selbstgewonnenen Erzeugnisse, sondern kauft er regelmäßig und nachhaltig fremde Erzeugnisse hinzu, so hängt die Frage, ob in diesen Fällen noch ein Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft oder ein selbständiger gewerblicher Betrieb vorliegt, von dem Umfang des Zukaufs und auch davon ab, ob das be- oder verarbeitete Produkt überwiegend im eigenen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft verwendet wird.
Rz. 58
Als eigene Erzeugnisse gelten dabei alle land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses im eigenen Betrieb gewonnen werden. Hierzu gehören auch Erzeugnisse der ersten Stufe der Be- oder Verarbeitung und zugekaufte Waren, die als Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffe im Erzeugungsprozess verwendet werden.
Rz. 59
Rohstoffe sind Waren, die im Rahmen des Erzeugungsprozesses weiterkultiviert werden. Hierzu gehören z.B. Jungtiere, Saatgut oder Jungpflanzen. Hilfsstoffe sind Waren, die als nicht überwiegender Bestandteil in eigene Erzeugnisse eingehen. Hier sind z.B. Futtermittelzusätze, Siliermittel, Starterkulturen und Lab zur Milchverarbeitung, Trauben, Traubenmost und Verschnittwein zur Weinerzeugung, Verpackungsmaterial und Blumentöpfe für die eigene Produktion oder als handelsübliche Verpackung zu nennen. Betriebsstoffe sind Waren, die im Erzeugungsprozess verwendet werden. Zu den Betriebsstoffen gehören z.B. Düngemittel, Treibstoff und Heizöl.
Rz. 60
Unerheblich ist, ob die zugekaufte Ware bereits ein land- und forstwirtschaftliches Urprodukt im engeren Sinne oder ein gewerbliches Produkt darstellt. Als fremde Erzeugnisse gelten alle zur Weiterveräußerung zugekauften Erzeugnisse, Produkte oder Handelswaren, die nicht im land- und forstwirtschaftlichen Erzeugungsprozess des eigenen Betriebs verwendet werden. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um betriebstypische bzw. -untypische Erzeugnisse, Handelsware zur Vervollständigung einer für die Art des Erzeugungsbetriebs üblichen Produktpalette oder andere Waren aller Art handelt.
Rz. 61
Werden zugekaufte Roh-, Hilfs- oder Betriebsstoffe weiterveräußert, gelten diese im Zeitpunkt der Veräußerung als fremde Erzeugnisse. Dies gilt unabhängig davon, ob die Veräußerung gelegentlich oder laufend erfolgt. Die hieraus erzielten Umsätze sind bei der Abgrenzung entsprechend zu berücksichtigen.
Rz. 62
In der bewertungsrechtlichen Behandlung der Be- und Verarbeitungsbetriebe sind mehrfach Änderungen in der Beurteilung eingetreten. Ursprünglich wurde ein Be- und Verarbeitungsbetrieb als Gewerbebetrieb angesehen, wenn er überwiegend fremde Erzeugnisse zukaufte. Diese Einstufung ging auf die Rechtsprechung des RFH zurück.
Rz. 63
Allerdings ging der BFH von dieser Rechtsprechung ab. In dem zur Gewerbesteuer ergangenen Urteil v. 2.2.1951 hat er die Auffassung vertreten, dass ein Verarbeitungsbetrieb der Land- und Forstwirtschaft dann als Gewerbebetrieb anzusehen sei, wenn der dauernde und nachhaltige Zukauf fremder Erzeugnisse den betriebsnotwendigen Umfang übersteigt.
Rz. 64
Die Anwendung des Abgrenzungsmerkmals "betriebsnotwendiger Zukauf" und die Feststellung, welcher Zukauf im einzelnen Fall noch als betriebsnotwendig anzusehen ist, haben in der Praxis zu erheblichen Schwierigkeiten geführt. Die Länder haben sich deshalb für ein neues Abgrenzungsmerkmal entschieden und das Verhältnis der "Zukaufsmenge zur Gesamteinsatzmenge" als neues Kriterium für die Abgrenzung eingeführt. Dabei sollte auch nicht mehr auf den "betriebsnotwendigen" Zukauf, sondern auf den "überwiegenden" Zukauf abgestellt werden.
Rz. 65
Über R 135 EStR bzw. R 15.5 Abs. 5 EStR in der bis zum 31.12.2011 geltende Fassung wurde ein Korridor für den Zukauf fremder Erzeugnisse geschaffen, der für die Einstufung als Nebenbetrieb unschädlich war. Die Summe der Zukäufe durfte danach 30 % nicht überschreiten. Maßstab war dabei nicht der erzielte Umsatz, sondern aus Vereinfachungsgründen das Verhältnis der Einkaufswerte. Der Einkaufswert von Handelswaren, die der Vervollständigung der für die Art des Erzeugerbetriebes üblichen Produktpalette dienen, durfte allerdings 10 % des Gesamtumsatzes nicht übersteigen. Auch diese Regelung ist für Bewertungsstichtage ab dem 1.1.2012 überholt.
Rz. 66– 68
Einstweilen frei.