Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 1
Aufgrund der Entscheidungen des BVerfG v. 22.6.1995 musste der Gesetzgeber die Bewertung der Grundstücke neu regeln, und zwar sowohl für die Vermögensteuer als auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer. In der Entscheidung zur Vermögensteuer sah das BVerfG § 10 Nr. 1 VStG insoweit als mit dem Grundgesetz unvereinbar an, als die Regelung das zu Gegenwartswerten erfasste Vermögen mit demselben Steuersatz wie den Grundbesitz belastete, obwohl dessen Bewertung entgegen dem gesetzlichen Konzept gegenwartsnaher Bewertung seit 1964 bzw. 1974 nicht mehr der Wertentwicklung angepasst worden war. Die Bemessungsgrundlage muss, so das BVerfG in einem der Leitsätze, auf die Ertragsfähigkeit der wirtschaftlichen Einheiten sachgerecht bezogen sein und deren Werte in ihrer Relation realitätsgerecht abbilden. In seiner Entscheidung zur Erbschaftsteuer weist das Gericht darauf hin, dass § 12 Abs. 1 und 2 ErbStG i.V.m. dem Ersten und Zweiten Teil des Bewertungsgesetzes insofern mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sei, als er bei gleichem Steuertarif als Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer für Grundbesitz die Einheitswerte auf den 1.1.1964, für Kapitalvermögen hingegen Gegenwartswerte bestimme.
Rz. 2
Da sich die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien von Anfang an für den Wegfall der Vermögensteuer entschieden hatten, dagegen die Erbschaft- und Schenkungsteuer weiterhin beibehalten wollten, sah der Entwurf des Jahressteuergesetzes 1997 (JStG 1997) in Art. 1 eine Neuregelung zur Bewertung des Grundbesitzes für die Erbschaft- und Schenkungsteuer und in Ausnahmefällen für die Grunderwerbsteuer vor. Dem ist der Gesetzgeber gefolgt, ohne jedoch das Vermögensteuergesetz ab 1997 formal aufzuheben. Denn der dafür im Entwurf des JStG 1997 vorgesehene Art. 5 war im Gesetzgebungsverfahren nicht konsensfähig. Dies ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass die Vermögensteuer ab 1997 wegen der Entscheidung des BVerfG v. 22.6.1995 nicht mehr erhoben werden darf. Auf Initiative des Bundesrates sollte das Vermögensteuergesetz mit Wirkung zum 1.1.2003 aufgehoben werden. Die Aufhebung sollte den Ländern das Recht eröffnen, eigene Vermögensteuergesetze zu beschließen. Denn sobald der Bund mit der Aufhebung des Vermögensteuergesetzes auf sein Besteuerungsrecht aus der konkurrierenden Gesetzgebung nach Art. 72 GG verzichtet, ist der Weg für ländereigene Vermögensteuergesetze frei. Die Bundesregierung hatte hierzu in der BT-Drucks. 15/468 v. 5.2.2003 ausgeführt, dass sie in der Aufhebung des Vermögensteuergesetzes mit dem Ziel, ländereigene Vermögensteuergesetze erlassen zu können, die Rechtseinheit und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland gefährdet sehe. Darüber hinaus hielt sie den Vollzug von Vermögensteuergesetzen einzelner Länder nicht für praktikabel. Das Gesetzesvorhaben war nicht erfolgreich und ist gescheitert.
Rz. 3
Die verfassungsrechtlich nicht zulässige Ungleichheit zwischen der niedrigen Steuerbelastung des Grundbesitzes einerseits und der relativ hohen Belastung aller übrigen steuerbaren Vermögenswerte andererseits sollte nach dem Willen des Gesetzgebers im Entwurf des Jahressteuergesetz 1997 durch die Bewertung des Grundbesitzes in dem neuen Vierten Abschnitt des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes beseitigt werden. Das angestrebte Wertniveau der neuen Grundstückswerte sollte sich in das Gefüge der steuerlichen Werte der anderen Vermögensgegenstände schlüssig einpassen. Damit strebte der Gesetzgeber aber nicht die Besteuerung der Grundstücke nach Verkehrswerten an; vielmehr sollte der besonderen rechtlichen und wirtschaftlichen Stellung der Grundstücke im Vergleich zu dem Kapitalvermögen auch bei der Wertfindung Rechnung getragen werden. Ebenso wie für Betriebsvermögen, für Anteile an nicht notierten Kapitalgesellschaften, für Kunstgegenstände und vieles andere mehr sollte, so die Gesetzesbegründung, bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Grundstücke durch einen vorsichtigen Wertansatz berücksichtigt werden, da nicht bei jedem unentgeltlichen Erwerb eines Grundstücks der theoretisch mögliche Verkehrswert sofort realisiert werden kann. Bewertungsziel sollte daher nicht der individuelle Verkehrswert i.S.d. § 9 BewG sein, sondern ein Wert, der typisierend die Bereicherung durch aus Verkehrswerten abgeleiteten durchschnittlichen Besteuerungsgrundlagen abbildet.
Rz. 4
Mit dem Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes ist das bisherige Recht, dessen Wertverhältnisse auf sechs Jahre begrenzt waren (§ 138 Abs. 4 BewG), um fünf Jahre verlängert werden, so dass erst zum 1.1.2007 eine Aktualisierung der Bewertung des Grundbesitzes notwendig wurde. Diesem Gesetzentwurf haben der Deutsche Bundestag am 19.10.2001 und der Bundesrat am 9.11.2001 zugestimmt. Damit ist die Verlängerung der Grundstücksbewertung bis Ende 2006 Gesetz geworden.
Für Bewertungsstichtage vor dem 1.1.2007 war § 138 in folgender Fassung anzuwenden:
„(1) Einhei...