Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Regelungsgegenstand und Zweck
Rz. 1
Aufgrund des erheblichen Informationsgefälles zwischen der Finanzbehörde und dem Steuerpflichtigen statuiert das Steuerrecht weitreichende Mitwirkungspflichten. Nach § 149 AO bestimmen die Steuergesetze, wer zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet ist. Für Grundstückseigentümer ergeben sich Erklärungs- und Anzeigepflichten für die Feststellung der Grundsteuerwerte nach §§ 228, 229 BewG. Die Steuererklärungspflicht nach § 228 Abs. 1 BewG bezieht sich im Rahmen des dreigeteilten Besteuerungsverfahrens nur auf die Feststellung des Grundsteuerwertes. Anhand der Erklärung nach § 228 Abs. 1 BewG erlässt das Finanzamt den Feststellungsbescheid über den Grundsteuerwert nach § 219 BewG. In den nachfolgenden Verfahrensschritten sind keine gesonderten Steuererklärungspflichten vorgesehen.
Rz. 2
Das Grundsteuergesetz kennt keine eigene Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung, weil die Gemeinden die Grundsteuer anhand des vom Finanzamt festgestellten Steuermessbetrags bzw. Grundsteuerwertes von Amts wegen ermitteln und die notwendigen Daten bereits vorliegen.
Rz. 3
Hat das Finanzamt einen Grundsteuerwert festgestellt, so entfaltet dieser nach § 182 Abs. 2 AO Dauerwirkung. Die Feststellungsbescheide binden auch den Rechtsnachfolger des Grundbesitzes. Bezüglich Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, die sich auf die Höhe des Grundsteuerwerts, die Vermögensart oder die Grundstücksart auswirken, besteht eine Anzeigepflicht nach § 228 Abs. 2 BewG.
Rz. 4
Mangels Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung im Grundsteuergesetz und wegen der dinglichen Wirkung der Feststellungsbescheide soll § 19 GrStG sicherstellen, dass die Finanzbehörde trotzdem über den Wegfall eines grundsteuerrechtlichen Befreiungs- oder Begünstigungsgrundes informiert wird und die neue Kenntnis im Wege einer Neuveranlagung berücksichtigen kann. Das gilt ab dem 1.1.2025 auch für den Wegfall der ermäßigten Steuermesszahl nach § 15 Abs. 2 bis 5 GrStG (s. Rz. 30 ff.).
Rz. 5– 6
Einstweilen frei.
II. Anwendungsbereich
1. Zeitlicher Anwendungsbereich
Rz. 7
Bis zum 31.12.2024 gilt noch die Fassung des GrStG v. 7.8.1973, in der § 19 nur zwei Sätze umfasst.. Das Gesetz zur Reform des Grundsteuer- und Bewertungsrechts (Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG) hat den Wortlaut der Norm in Absatz 1 überführt und Absatz 2 angefügt. Das Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz hat die Anzeigepflicht nach Absatz 2 auf sämtliche Fälle der ermäßigten Grundsteuermesszahlen nach § 15 Abs. 2 bis 5 ausgedehnt. Absatz 3 wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 vom 16.12.2022 angefügt und Absatz 1 eingeschränkt (siehe Rz. 15). Die Neufassung des GrStG gilt erstmals für die Grundsteuer des Kalenderjahres 2025 (§ 37 Abs. 1 GrStG).
2. Persönlicher Anwendungsbereich
Rz. 8
Die Norm richtet sich an die Person, die nach § 10 GrStG als Steuerschuldner in Betracht kommt, mithin das Zurechnungssubjekt des Steuergegenstandes. Neben dem Grundstückseigentümer kommt abweichend der wirtschaftliche Eigentümer in Betracht, wenn ihm die wirtschaftliche Einheit des Grundbesitzes zugerechnet worden ist (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO, s. § 2 GrStG Rz. 20 ff.). Sind mehrere Personen Miteigentümer, sind sie nach § 10 Abs. 3 GrStG Gesamtschuldner, so dass die Anzeigepflicht grundsätzlich jeden Miteigentümer trifft.
3. Sachlicher Anwendungsbereich
Rz. 9
Die Anzeigepflicht gilt für inländischen Grundbesitz, das heißt für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für Grundstücke sowie diesen gleichgestellte Betriebsgrundstücke. § 19 Abs. 1 GrStG verpflichtet Änderungen in der Nutzung oder in den Eigentumsverhältnissen eines ganz oder teilweise steuerbefreiten Steuergegenstandes anzuzeigen, während § 19 Abs. 2 GrStG den Wegfall der Voraussetzungen für die ermäßigte Grundsteuermesszahl anzeigepflichtig macht.
Rz. 10
Die Vorschrift ist Bestandteil der bundesgesetzlich geregelten Grundsteuer. Sie gilt in den "Bundes-Folgeländern", also in den Ländern, die nicht von ihrer Abweichungskompetenz nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GG Gebrauch gemacht haben. (vgl. LGrStG Föderalisierung Rz. 16). § 19 gilt ni...