Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Regelungsgegenstand und -zweck
Rz. 1
§ 35 GrStG regelt fragmentarisch das Verfahren für den Grundsteuererlass nach §§ 32–34 GrStG. Die Vorschrift definiert den Erlasszeitraum, erläutert das Verfahren und regelt Besonderheiten für den Erlass nach § 32 GrStG.
Der Erlass wird nur auf Antrag des Steuerschuldners gewährt. Steuerschuldner ist nach § 10 Abs. 1 GrStG derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Grundsteuerwerts zugerechnet ist. Ist der Steuergegenstand mehreren Personen zuzurechnen, so sind sie nach § 10 Abs. 2 GrStG Gesamtschuldner. Der Antrag ist bis zu dem auf den Erlasszeitraum folgenden 31.3. zu stellen. Liegen die in den §§ 32 bis 34 GrStG näher bestimmten Voraussetzungen vor, so besteht seitens des Steuerschuldners ein Rechtsanspruch auf den Erlass der Grundsteuer. Der Entscheidung liegen die Verhältnisse des Erlasszeitraums zugrunde, sodass eine zwischenzeitliche Verbesserung der Ertragslage in Abweichung von §§ 163, 227 AO unberücksichtigt bleibt. § 35 GrStG differenziert zwischen den verschiedenen Erlasstatbeständen. Während Anträge nach §§ 33, 34 GrStG jährlich zu wiederholen sind, muss der Erlass nach § 32 GrStG für Kulturgut und Grünanlagen nur einmal beantragt und nachgewiesen werden. Dem Steuerschuldner obliegt die Pflicht einer stetigen Beobachtung, ob Änderungen eingetreten sind, die anzeigepflichtig sind (Monitoring).
Rz. 2
Über die verfahrensrechtlichen Regelungen des § 35 GrStG hinaus sind die Regelungen der Abgabenordnung zu beachten. So kommen insbesondere Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 AO i.V.m. § 184 Abs. 2 und 3 AO sowie nach § 227 AO in Betracht.
Rz. 3– 4
Einstweilen frei.
II. Anwendungsbereich
Rz. 5
Die Neufassung des GrStG gilt erstmals für die Grundsteuer des Kalenderjahres 2025 (§ 37 Abs. 1 GrStG). Bis zum 31.12.2024 regelt § 34 GrStG wortgleich das Verfahren zum Grundsteuererlass.
Rz. 6
§ 35 GrStG bezieht sich auf sämtliche Erlasstatbestände des IV. Abschnitts des Grundsteuergesetzes. Zu berücksichtigen sind der Erlass nach § 32 GrStG für Kulturgut und Grünanlagen, der Erlass wegen wesentlicher Reinertragsminderung bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft nach § 33 GrStG und der Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken nach § 34 GrStG.
Rz. 7– 8
Einstweilen frei.
III. Rechtsentwicklung
Rz. 9
Verfahrensregelungen zum Grundsteuererlass fanden sich ursprünglich in §§ 2–6 Grundsteuererlassverordnung vom 26.3.1952. Das Gesetz zur Reform des Grundsteuerrechts v. 7.8.1973. fasste diese verfahrensrechtlichen Regelungen in § 34 GrStG zusammen. Verzichtet wurde auf eine besondere Regelungen zur Stundung (§ 4 GrStErlVO), zu Kleinbeträgen (§ 5 GrStErlVO) sowie zur Zwangsversteigerung (§ 6 GrStErlVO). Art. 38 des Gesetzes v. 19.12.2008 (JStG 2009) hat § 34 GrStG nicht geändert.
§ 35 a.F. wurde durch Art. 11 Nr. 3 des Gesetzes zur Bereinigung steuerlicher Vorschriften v. 22.12.1999 aufgehoben.
Rz. 10
§ 35 entspricht der Regelung des § 34 GrStG in der bisher gültigen Fassung v. 7.8.1973. Die neue Verortung durch das Grundsteuer-Reformgesetz war notwendig, da der Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung nach § 33 GrStG a.F. nunmehr in § 33 GrStG n.F. für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft und in § 34 GrStG n.F. für bebaute Grundstücke geregelt ist.
Rz. 11
Von den gesetzlichen Regelungen deutlich zu trennen sind die ergangenen Anweisungen der Finanzverwaltung, die die Auffassung der Verwaltung wiedergeben. Die Grundsteuer-Richtlinien 1978 sind letztmalig für Zwecke der Einheitsbewertung zum Stichtag 1.1.2024 anzuwenden, soweit dem nicht die Rechtsprechung des BFH und des BVerfG entgegenstehen. Die koordinierten Ländererlasse v. 22.6.2022 gelten für die Anwendung des GrStG ab dem Kalenderjahr 2025. Verwaltungsanweisungen, die mit diesen koordinierten Ländererlassen in Widerspruch stehen, sind ab dem Kalenderjahr 2025 nicht mehr anzuwenden.
Rz. 12– 13
Einstweilen frei.