Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
I. Rechtsentwicklung
Rz. 1
Die Vorschrift des § 141 BewG wurde durch das Jahressteuergesetz 1997 in das Bewertungsgesetz eingefügt. Sie enthält die Regelungen zum Umfang des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft. Der Gültigkeitsbereich erstreckt sich seit dem 1.1.1996 auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer und ab dem 1.1.1997 auf die Grunderwerbsteuer, soweit keine bezifferte Gegenleistung zu ermitteln ist.
Rz. 2
Die ursprünglich auf sechs Jahre befristete Geltung der Bedarfsbewertung wurde durch das Gesetz zur Änderung des Bewertungsgesetzes über den 31.12.2001 hinaus verlängert. Die Gültigkeitsgrenze war jedoch hinsichtlich der Erbschaft- und Schenkungssteuer bereits zum 31.12.2008 erreicht. Danach galt die Vorschrift nur noch für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer. Allerdings hat der BFH anschließend in mehreren Vorlagebeschlüssen erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsbewertung für Zwecke der Grunderwerbsteuer geäußert und die Rechtslage dem BVerfG zur Überprüfung vorgelegt.
Rz. 3
Das BVerfG hat daraufhin mit Beschluss v. 23.6.2015 entschieden, dass § 8 Abs. 2 GrEStG mit Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar und folglich nicht mehr anzuwenden ist. Das bisherige Recht könne nach der Entscheidung der Richter allerdings bis zum 31.12.2008 weiter angewendet werden. Der Gesetzgeber wurde jedoch verpflichtet, spätestens bis zum 30.6.2016 rückwirkend zum 1.1.2009 eine Neuregelung zu treffen. Dieser Aufforderung ist der Gesetzgeber nachgekommen indem er durch das Steueränderungsgesetz 2015 die Verweisung in § 8 Abs. 2 GrEStG änderte und damit nicht mehr die Bedarfswerte nach §§ 138 ff. BewG, sondern die Grundbesitzwerte nach §§ 151 ff. BewG als maßgebliche Größe für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer anzusetzen sind. Die Neufassung ist auf alle Erwerbsfälle anzuwenden, die nach dem 31.12.2008 verwirklicht werden. Diese zeitliche Festlegung lässt den Schluss zu, dass in der Praxis nur noch wenige Fälle unter Einbeziehung des § 141 AO gelöst werden müssen.
Rz. 4– 5
Einstweilen frei.
II. Regelungsinhalt
Rz. 6
§ 141 BewG enthält eine Definition des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft, die inhaltlich weitgehend § 34 BewG entspricht. Dadurch wird sichergestellt, dass die bei der Einheitsbewertung über viele Jahre entwickelten Abgrenzungskriterien und Definitionen auch bei der Bedarfsbewertung beibehalten werden können. Eine Abweichung gegenüber § 34 BewG besteht lediglich darin, dass die Betriebswohnungen gesondert erwähnt werden, während sie in § 34 BewG ohne ausdrückliche Erwähnung im Wirtschaftsteil (§ 34 Abs. 2 BewG) enthalten sind.
Rz. 7
Nach § 141 Abs. 1 BewG umfasst der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft
- den Betriebsteil,
- die Betriebswohnungen,
- den Wohnteil.
Daraus folgt, dass Betriebsteil, Betriebswohnungen und Wohnteil jeweils für sich einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bilden können. Siehe dazu die Beispiele 1 bis 3 (Rz. 11 bis 13).
Rz. 8
§ 141 Abs. 2 BewG definiert den Umfang des Betriebsteiles. Dabei werden die Betriebswohnungen ausdrücklich ausgeschlossen. Die Vorschriften des § 34 Abs. 4 bis 7 BewG werden insbesondere für anwendbar erklärt.
Rz. 9
§ 141 Abs. 3 BewG grenzt die Betriebswohnungen vom Wohnteil des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes ab und bestimmt gleichzeitig auch den dazugehörigen Grund- und Boden als den Betriebswohnungen zugehörig.
Rz. 10
§ 141 Abs. 4 BewG definiert demgegenüber den Wohnteil des Betriebes. Danach gehören zum Wohnteil neben den dem Inhaber des land- und fortwirtschaften Betriebes gehörenden Gebäuden und Gebäudeteilen, auch Altenteilerwohnungen sowie der dazugehörige Grund und Boden. Die Vorschrift nimmt ausdrücklich Bezug auf die Regelungen in § 34 Abs. 3 BewG.
Rz. 11
Beispiel 1
Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft wurde ohne Wohngebäude an einen Dritten auf Dauer verpachtet. Folge: Die dem Verpächter zuzurechnende wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens besteht nur aus dem Betriebsteil. Die Wohnung des Verpächters wird Grundvermögen und ist folglich im Bedarfswert für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht mehr zu erfassen.
Rz. 12
Beispiel 2
Ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft wurde einschlie...