I. Regelungsgehalt
Rz. 1
§ 5 BewG regelt die bewertungsrechtliche Behandlung des Erwerbs von Wirtschaftsgütern unter einer auflösenden Bedingung. Der Begriff der auflösenden Bedingung und die bewertungsrechtliche Behandlung eines Wirtschaftsguts, das unter einer auflösenden Bedingung erworben wird, entsprechen den hierfür maßgebenden Grundsätzen des bürgerlichen Rechts (s. Vor §§ 4–8 Rz. 4 ff.). Ein auflösend bedingter Rechtserwerb liegt demnach vor, wenn die Rechtswirkung eines bedingt abgeschlossenen Vertrags nach dem Willen der Parteien sofort eintreten, aber nur bis zum Eintritt eines zukünftigen Ereignisses dauern soll, wobei ungewiss ist, ob das Ereignis eintreten wird. Die bedingt gewollten Wirkungen treten mit dem Eintritt der Bedingung außer Kraft.
Beispiel:
Der Erblasser E hat bestimmt, dass seine Witwe und Alleinerbin A die Hälfte des Nachlasses im Werte von 3 Mio. EUR an einen Dritten (B) herausgeben muss, wenn sie (A) sich wieder verheiratet. In diesem Fall ist der Anfall der einen Hälfte des Nachlasses ohne Bedingung erfolgt. Die andere Hälfte hat die A unter einer auflösenden Bedingung erworben. Sie muss 1,5 Mio. EUR herausgeben, wenn sie sich wieder verheiratet; sie darf dagegen die 3 Mio. EUR behalten, wenn sie sich nicht wieder verheiratet.
Der Eintritt der auflösenden Bedingung – im Beispiel: Wiederverheiratung – hat den Eintritt der Wirkung des Rechtsgeschäfts zur Folge, und zwar vom Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung ab (§ 158 BGB). Das von dem Berechtigten – im Beispiel: B – zuvor nur aufschiebend bedingt erworbene Recht wird nunmehr zu einem unbedingten, s. auch Vor §§ 4–8 Rz. 19.
Fällt die Bedingung aus, d.h. steht fest, dass der fragliche Tatbestand (Wiederverheiratung) sich nicht mehr vollziehen kann, so wird das bisher von A nur bedingt erworbene Recht nunmehr ebenfalls zu einem unbedingten. Da eine Wiederverheiratung bis zum Ableben denkbar ist, ist der Erwerb der A im Beispielsfall praktisch bis zu ihrem Tode zur Hälfte auflösend bedingt, der Erwerb des B aufschiebend bedingt.
II. Rechtsentwicklung
Rz. 2
Die Vorschrift des § 5 BewG befand sich früher in § 148 RAO. Sie ist durch die VO v. 1.12.1930 in das BewG 1931 (dort § 4) übernommen worden. Bei dieser Gelegenheit sind die Worte "dies gilt nicht für die Veranlagung der laufenden Steuern" (neu) eingefügt worden. Die Begründung hierzu bemerkt nur, dass die Vorschrift, nach der im Fall des Eintritts der Bedingung die Veranlagung entsprechend zu berichtigen ist, in keiner Weise für regelmäßig wiederkehrende Steuern passe. Die derzeitige Fassung hat § 5 BewG bei der Neufassung des BewG 1934 erhalten. Diese Fassung wurde unverändert in das BewG 1965 übernommen. Durch das EGAO 1977 wurde im Abs. 2 der Satz 3 "Die Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist" gestrichen.