Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Einordnung in die Erlasstatbestände
Rz. 1
§ 34 GrStG ist die dritte Erlassvorschrift des vierten Abschnitts des Grundsteuergesetzes und regelt den Erlass wegen wesentlicher Ertragsminderung bei bebauten Grundstücken. Sie erfasst Grundstücke, die entgeltlich überlassen, eigengewerblich genutzt oder teilweise eigengewerblich genutzt werden. Die Norm hat als Spezialregelung Vorrang vor den allgemeinen Billigkeitsregelungen der §§ 163, 227 AO, deren Anwendung jedoch nicht ausgeschlossen ist. Der Gesetzgeber hat die reformierte Grundsteuer weiterhin als Sollertragsteuer konzipiert, die an den Grundbesitz mit der Möglichkeit einer ertragbringenden Nutzung und damit an eine Leistungsfähigkeit anknüpft. Persönliche Verhältnisse des Steuerschuldners werden nicht berücksichtigt. Das zeigt sich bei der Bewertung von bebauten Grundstücken, die vorrangig in einem vereinfachten Ertragswertverfahren erfolgt. Dazu wird der jährliche Reinertrag über die Restnutzungsdauer des Gebäudes kapitalisiert und der aktuelle Wert des Grund und Boden in Abhängigkeit von der Restnutzungsdauer des Gebäudes auf den Bewertungsstichtag diskontiert.
Rz. 2
Ist die Ertragsfähigkeit im Einzelfall nicht gegeben, zieht dies nicht automatisch eine niedrigere Festsetzung der Grundsteuer nach sich. Es bedarf daher eines Sondertatbestandes, mit dem die erwünschte Reduzierung der Belastung gezielt gesteuert werden kann. § 34 GrStG durchbricht wie §§ 32 und 33 GrStG die das Grundsteuergesetz beherrschende, dem Charakter einer ertragsunabhängigen Objektsteuer Rechnung tragende Regel, dass für jeden Grundbesitz, rentabel oder nicht, Grundsteuer zu entrichten ist. Die Vorschrift ist ohne Bedeutung, soweit der Steuergegenstand nach §§ 3 ff. GrStG von der Steuer befreit ist, sodass die praktische Relevanz vor allem dort besteht, wo die Steuergegenstände nicht den nach § 3 GrStG begünstigten Personen zuzurechnen sind oder nicht die engen Nutzungsvoraussetzungen des § 4 GrStG erfüllt werden.
Rz. 3
§ 34 GrStG sieht in Abs. 1 zwei Tatbestandsgruppen vor, die jeweils einen Rechtsanspruch auf Erlass eines Teils der Grundsteuer bei wesentlicher Rohertragsminderung eines bebauten Grundstücks begründen. Die Regelung knüpft an die tatsächliche Minderung des Rohertrags an, die der Steuerschuldner nicht zu vertreten hat. Welche Umstände der Steuerschuldner zu vertreten hat, ist durch Auslegung des § 34 Abs. 1 Satz 1 GrStG zu ermitteln. Der Erlass wird bei eigengewerblich genutzten bebauten Grundstücken darüber hinaus nur gewährt, wenn die Einziehung der Grundsteuer nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betriebs unbillig wäre. Die in Betracht kommende Ermäßigung beträgt jeweils nur die Hälfte der erreichten Schwellenwerte, was haushaltspolitisch motiviert ist. Selbst bei vollständig fehlendem Rohertrag ist somit nur die Hälfte der Grundsteuer zu erlassen.
Rz. 4
Es bedarf eines Antrags des Steuerpflichtigen. Eine Ermessensentscheidung liegt nicht vor. Der Antragsteller ist kein Bittsteller, sondern macht einen gesetzlich verankerten Anspruch geltend. Die Gemeinde entscheidet in eigener Zuständigkeit ohne Bindung. An die Prüfung der Tatbestandsvoraussetzungen sind aufgrund der aus der Begünstigung resultierenden Steuerausfälle strenge Anforderungen zu stellen. Bedingt durch die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe birgt die Vorschrift ein gewisses Streitpotenzial.
II. Regelungsgegenstand und -zweck
Rz. 5
Die Vorschrift führt bei bestehender materieller Steuerpflicht zwei Tatbestände mit differenzierten Voraussetzungen abschließend auf, bei deren Erfüllung ein Rechtsanspruch auf Teilerlass der Grundsteuer besteht. Den beiden Tatbeständen, die einen Erlass der Grundsteuer i.H.v. 25 oder 50 % v...