Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
Rz. 18
Ein Grundstück im Zustand der Bebauung liegt vor, wenn mit den Abgrabungsarbeiten oder mit der Einbringung von Baustoffen zur planmäßigen Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteils begonnen worden ist. Dies ergibt sich nicht mehr aus der ursprünglichen Fassung des § 145 Abs. 1 Satz 4 BewG, sondern unmittelbar aus § 149 Abs. 1 BewG. Durch diese Begriffsbestimmung ist zum einen eine Abgrenzung gegenüber den unbebauten Grundstücken getroffen, aber auch gegenüber bebauten Grundstücken, die um ein Gebäude oder einen Gebäudeteil erweitert werden. Der Zustand "im Bau befindliches Gebäude" endet, wenn es den künftigen Benutzern zugemutet werden kann, die neu geschaffene Bausubstanz zu benutzen.
Rz. 19
Die Abgrenzungsfrage hat vor allem für den Übergang von einem unbebauten Grundstück zu einem Grundstück im Zustand der Bebauung Bedeutung, wenn das Grundstück bei Bezugsfertigkeit nach § 147 BewG bewertet wird. Denn unbebaute Grundstücke werden mit der Grundstücksfläche und dem auf 80 % ermäßigten Bodenrichtwert angesetzt; Grundstücke i.S.d. § 147 BewG dagegen nur mit einem Wert des Grund und Bodens "Grundstücksfläche × 70 % des Bodenrichtwerts" zuzüglich der bis zum Besteuerungszeitpunkt angefallenen Herstellungskosten. Bei einem hohen Bodenrichtwert und geringen Herstellungskosten bis zum Besteuerungszeitpunkt kann eine Bewertung nach § 147 BewG für den Grundstückseigentümer vorteilhafter sein als die Bewertung als unbebautes Grundstück. Darüber hinaus kann es auch bei einer Ertragsbewertung des zu errichtenden Gebäudes für den Steuerpflichtigen von Vorteil sein, wenn bereits ein Grundstück im Zustand der Bebauung anzunehmen ist. Denn solange ein unbebautes Grundstück vorliegt, werden Planungskosten als immaterielles Wirtschaftsgut zusätzlich zu dem Grundstückswert erfasst. Handelt es sich um ein Grundstück im Zustand der Bebauung, fließen die Planungskosten nur in den Aufteilungsmaßstab für die Ermittlung des Fertigstellungsgrads ein. Wird für das bebaute Grundstück eine Mindestbewertung durchgeführt, liegt der Ertragswert unter dem Wert des Grund und Bodens zuzüglich des Werts des immateriellen Wirtschaftsguts.
I. Abgrabungsarbeiten oder Einbringung von Baustoffen
Rz. 20
Ein Grundstück im Zustand der Bebauung liegt vor, wenn auf diesem Grundstück mit den Ausschachtungsarbeiten für die Fundamente oder mit den Planierungsarbeiten für die Bodenplatte begonnen worden ist. Bei An- und Ausbauten sowie Erweiterungen kann auch das Einbringen von Baustoffen zur planmäßigen Errichtung des Gebäudes oder Gebäudeteils als Beginn des "Bebauungszustands" angesehen werden.
Rz. 21– 23
Einstweilen frei.
II. Bezugsfertigkeit
Rz. 24
Für den Übergang von einem Grundstück im Zustand der Bebauung zu einem bebauten Grundstück kommt es auf die Bezugsfertigkeit der im Bau befindlichen Gebäude an. Ab Bezugsfertigkeit ist das Grundstück als bebaut entweder im Ertragswertverfahren oder nach § 147 BewG zu bewerten. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt es als Grundstück im Zustand der Bebauung. Nach § 145 Abs. 1 Satz 3 BewG ist ein Gebäude bezugsfertig, wenn es den künftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, dieses Gebäude zu benutzen. Dabei kommt es weder auf die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde noch auf den tatsächlichen Einzug in das Gebäude an. Vielmehr ist darauf abzustellen, dass die wesentlichen Bauarbeiten an dem Gebäude abgeschlossen sind. Allerdings geht die Finanzverwaltung von der widerlegbaren Vermutung der Bezugsfertigkeit aus, wenn das Gebäude tatsächlich bezogen worden ist (Tz. 66 Abs. 5 Satz 6 gl. lt. Erl. v. 2.4.2007). Geringfügige Restarbeiten stehen der Annahme eines bezugsfertigen Gebäudes nicht entgegen. Dies ist nicht der Fall, wenn noch Klempnerarbeiten ausstehen, an der zur Wohnung führenden Treppe das Geländer fehlt, Türen und Fenster noch einzubauen sind, Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung verlegt werden müssen, die Heizung zu installieren ist, sanitäre Einrichtungen noch einzubauen sind oder der Untergrund für den Fußbodenbelag noch aufgebracht werden muss. Zu den geringfügigen Restarbeiten, die üblicherweise vor dem tatsächlichen Bezug durchgeführt werden, gehören beispielsweise Malerarbeiten, das Anbringen einer Antenne oder Satellitenanlage sowie das Verlegen des Fußbodenbelags.
Rz. 25
Tz. 66 Abs. 5 gl. lt. Erl. v. 2.4.2007 behandelt auch den Sonderfall der abschnittsweisen Errichtung eines Gebäudes. Danach ist die Entscheidung, ob sich ein Gebäude im Zustand der Bebauung befindet, unter Berücksichtigung der bis zum Besteuerungszeitpunkt eingetretenen Verhältnisse nach der Verkehrsanschauung zu treffen. Es kommt also darauf an, wie der Schenker oder Erblasser das Bauvorhaben durchführen wollte. Dagegen bleiben nach dem Besteuerungszeitpunkt durchgeführte Baumaßnahmen bei der Entscheidung,...