Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
I. Allgemeines
Rz. 7
Ein Grundstück im Zustand der Bebauung liegt vor, wenn mit den Abgrabungsarbeiten oder mit der Einbringung von Baustoffen zur planmäßigen Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteils begonnen worden ist und das Gebäude oder der Gebäudeteil am Bewertungsstichtag noch nicht bezugsfertig ist. Ein Grundstück im Zustand der Bebauung liegt auch dann vor, wenn durch An-, Aus- oder Umbauten an einem bereits vorhandenen Gebäude neuer Wohn- oder Gewerberaum geschaffen wird.
Rz. 8
Modernisierungsmaßnahmen, bei denen regelmäßig kein neuer Wohnraum geschaffen, sondern bisher bereits vorhandener Wohnraum modernisiert wird, erfüllen diese Voraussetzung regelmäßig nicht.
II. Beginn des Zustands der Bebauung
Rz. 9
Sobald mit den Abgrabungsarbeiten auf einem Grundstück begonnen wird, stellt dieses ein Grundstück im Zustand der Bebauung dar. Als Beginn der Abgrabungsarbeiten auf dem Grundstück ist der Zeitpunkt anzusehen, in dem mit den Erdarbeiten, z.B. mit dem Ausschachten der Baugrube oder mit dem Planieren als Vorarbeiten für eine Bodenplatte, begonnen wird. Sind für die Durchführung der Baumaßnahme keine Abgrabungsarbeiten erforderlich oder ist mit der Einbringung von Baustoffen zur planmäßigen Errichtung eines Gebäudes oder Gebäudeteils vor Durchführung der Erdarbeiten begonnen worden, ist für den Beginn der Baumaßnahme auf den Zeitpunkt der erstmaligen Verarbeitung von Baustoffen abzustellen.
Rz. 10
Der vorherige Abbruch eines Gebäudes oder Gebäudeteils ist noch nicht als Beginn der Baumaßnahme zur Errichtung des neu geschaffenen Gebäudes oder Gebäudeteils anzusehen.
Rz. 11
Bis zum Beginn der Erdarbeiten sind die aufgewandten Planungskosten für das Gebäude als immaterielles Wirtschaftsgut bei der Erbschaft- oder Schenkungsteuerfestsetzung zu erfassen. Ab Beginn der Erdarbeiten bzw. der erstmaligen Verarbeitung von Baustoffen sind die Planungskosten durch den Wert für das Grundstück im Zustand der Bebauung abgegolten. Insoweit bedarf es dann keines zusätzlichen Ansatzes mehr bei der Erbschaft- oder Schenkungsteuerfestsetzung.
III. Dauer und Ende des Zustands der Bebauung
Rz. 12
Ein Grundstück im Zustand der Bebauung liegt bis zur Bezugsfertigkeit des errichteten Gebäudes oder Gebäudeteils vor. Ein Gebäude gilt als bezugsfertig, wenn den künftigen Bewohnern oder sonstigen Benutzern zugemutet werden kann, das Gebäude zu benutzen. Auf die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde kommt es nicht an (vgl. § 178 Abs. 1 BewG).
Rz. 13
Die Bezugsfertigkeit setzt voraus, dass alle wesentlichen Bauarbeiten am Bewertungsstichtag abgeschlossen sind. Dies ist nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht der Fall, wenn
- Klempnerarbeiten noch ausstehen,
- an der zur Wohnung führenden Treppe oder am Balkon das Geländer fehlt,
- Türen und Fenster noch einzubauen sind,
- Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung verlegt werden müssen,
- die Heizung zu installieren ist,
- sanitäre Einrichtungen noch einzubauen sind oder
- der Untergrund für den Fußbodenbelag (z.B. Estrich) noch aufgebracht werden muss.
Rz. 14
Geringfügige Restarbeiten, die üblicherweise vor dem tatsächlichen Bezug des Gebäudes oder der Gebäudeteile durchgeführt werden, sind grundsätzlich unschädlich und schließen die Bezugsfertigkeit nicht aus. Hierzu zählen z.B. Malerarbeiten, das Anbringen einer Antenne oder Satellitenanlage sowie das Verlegen des Fußbodenbelags. Ist das Gebäude am Bewertungsstichtag bezogen, nimmt die Finanzverwaltung die widerlegbare Vermutung der Bezugsfertigkeit an.
Rz. 15
Der Zustand der Bebauung endet mit der Bezugsfertigkeit des ganzen errichteten Gebäudes oder Gebäudeteils. Dies gilt jedoch nicht, sofern eine Errichtung in Bauabschnitten vorliegt (s. Rz. 18 ff.).
IV. Umfang der wirtschaftlichen Einheit
Rz. 16
Zur wirtschaftlichen Einheit eines Grundstücks im Zustand der Bebauung gehören der Grund und Boden, die Gebäude und Gebäudeteile, insbesondere auch wenn sie am Bewertungsstichtag noch nicht bezugsfertig sind, die Außenanlagen, sonstige wesentliche Bestandteile und das Zubehör.
Rz. 17
Nicht in die wirtschaftliche Einheit einzubeziehen sind Betriebsvorrichtungen, auch wenn sie wesentliche Bestandteile sind. Es ist daher unbeachtlich, ob Betriebsvorrichtungen am Bewertungsstichtag fertig gestellt sind oder sich noch im Bau befinden.