Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 41
Nach dem aus der RAO abgeleiteten Recht war davon auszugehen, dass die Einheitswertfeststellung keiner selbständigen Verjährung unterliegt. Allerdings hat die Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass eine Einheitswertfeststellung unterbleiben muss, wenn sämtliche Steuern verjährt sind, die aufgrund dieser Feststellung für das Jahr erhoben werden müssten, auf dessen Beginn die Feststellung durchgeführt werden soll. Die AO 1977 enthält hierzu eine Sonderregelung (vgl. auch die Kommentierung zu § 25 BewG in diesem Kommentar).
Rz. 42
Nach § 181 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 169 AO unterliegt die Einheitsbewertung einer selbständigen Feststellungsverjährung. Die Feststellung von Einheitswerten wird also grundsätzlich allein durch einen bestimmten Zeitablauf unzulässig. Nach Ablauf der Feststellungsfrist darf das FA den Feststellungsbescheid nicht mehr aufheben und nicht mehr ändern. Das gilt auch dann, wenn die ursprüngliche Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestanden hat.
Rz. 43
Die Feststellungsfrist beträgt für Einheitswertfeststellungen regelmäßig vier Jahre. Sie verlängert sich nach § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf fünf Jahre, wenn die an die Einheitsbewertung anknüpfenden Steuern leichtfertig verkürzt, und auf zehn Jahre, wenn diese Steuern hinterzogen wurden. Aus der "sinngemäßen" Anwendung des § 169 Abs. 2 AO auf die Einheitsbewertung muss gefolgert werden, dass sich die Feststellungsfrist nur dann über vier Jahre hinaus verlängert, wenn sich die Verkürzungsverhandlung auf den festgestellten Einheitswert bezieht. Dagegen kann es nicht der Sinn der Verlängerung der Frist sein, dass z.B. die Feststellungsfrist für den Einheitswert eines Grundstücks auf zehn Jahre verlängert wird, weil der Grundstückseigentümer dadurch eine Hinterziehung begangen hat, dass er Kapitaleinkünfte verschwiegen hat.
Rz. 44
Die Feststellungsfrist ist gewahrt, wenn das FA den Einheitswertbescheid noch vor Ablauf der Festsetzungsfrist absendet; der Bescheid muss jedoch den Adressaten wenn auch erst nach Ablauf der Frist tatsächlich zugehen. Für den Zugang des Bescheides trägt das Finanzamt die Feststellungslast.
Rz. 45
Die Feststellungsfrist beginnt mit dem Ablauf des Kalenderjahrs, auf dessen Beginn die Feststellung (Hauptfeststellung, Fortschreibung, Nachfeststellung) oder die Aufhebung des Einheitswerts vorzunehmen ist. Wenn eine Feststellungserklärung einzureichen ist, beginnt die Feststellungsfrist mit Ablauf des Jahres, in dem die Erklärung eingereicht wird. Diese Anlaufhemmung gilt grundsätzlich nur bei einer Hauptfeststellung, für die nach § 28 Abs. 1 BewG eine gesetzliche Erklärungspflicht besteht. Sie tritt allerdings auch bei Fortschreibungen ein, wenn das FA den Steuerpflichtigen innerhalb der regulären Feststellungsfrist, zur Abgabe der Erklärung auffordert.
Rz. 46
Hat das FA den Steuerpflichtigen nicht zur Abgabe der Fortschreibungserklärung aufgefordert; sondern gibt dieser die Erklärung freiwillig ab, tritt keine Anlaufhemmung ein. § 181 Abs. 1 Satz 3 AO, der für die Fälle der freiwilligen Erklärungsabgabe die entsprechende Anwendung des § 170 Abs. 3 AO anordnet, ist eine Ausnahmevorschrift für Gesamtobjekte, die nicht auf Fortschreibungen ausgedehnt werden darf.
Rz. 47
Zu beachten ist, dass sich über § 181 Abs. 3 Satz 3 AO die Anlaufhemmung auf alle weiteren Feststellungszeitpunkte des Hauptfeststellungszeitraums auswirkt. Es ist also stets zu prüfen, ob innerhalb des Hauptfeststellungszeitraums schon einmal der Beginn der Feststellungsfrist hinausgeschoben war. Um den gleichen Zeitraum wird der Beginn der Feststellungsfrist für die weiteren Fortschreibungszeitpunkte hinausgeschoben, und zwar unabhängig davon, ob das FA den Steuerpflichtigen erneut zur Abgabe der Feststellungserklärung auf die nächsten Feststellungszeitpunkte aufgefordert hat oder nicht.
Rz. 48
Gibt der Steuerpflichtige trotz des Bestehens einer gesetzlichen Pflicht zur Abgabe der Feststellungserklärung oder trotz Aufforderung des FA die Erklärung nicht ab, so beginnt nach § 181 Abs. 3 Satz 2 AO die Feststellungsfrist spätestens drei Jahre nach dem Jahr, auf dessen Beginn die Feststellung erfolgen soll.
Rz. 49
Ist bei mehreren Beteiligten die Feststellungsfrist nur einem Beteiligten gegenüber abgelaufen, so hindert das nicht, die einheitliche und gesonderte Feststellung den anderen Beteiligten gegenüber vorzunehmen. Die Feststellungsfrist wird andererseits allen Feststellungsbeteiligten gegenüber gewahrt, wenn der Einheitswertbescheid auch nur einem von ihnen rechtzeitig bekannt gegeben ist. Das gilt auch gegenüber ausgeschiedenen Gesellschaftern und nach Auflösung der Gesellschaft. Auch der Rechtsbehelf des Feststellungsbeteiligten, dem der Einheitswertbescheid noch nicht bekannt gegeben ist, hemmt den Beginn der Feststellungsfrist gem. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 171 Abs. ...