Rz. 60
Leistungen werden entweder entgeltlich, unentgeltlich oder teilweise entgeltlich/unentgeltlich erbracht. Wer für seine Leistung eine (Gegen-)Leistung erhält, leistet gegen Entgelt, also entgeltlich. Wer seine Leistung ohne Gegenleistung erbringt, leistet ohne Entgelt, also unentgeltlich. Es entspricht dem Grundsatz der Privatautonomie, den gerade das Schenkungsteuerrecht akzeptiert, dass die Partner einer Leistungsbeziehung frei darüber entscheiden können, ob und inwieweit sie ihr Rechtsverhältnis entgeltlich oder unentgeltlich gestalten. Vereinbaren sie kein Entgelt oder schließen sie ausdrücklich eine Gegenleistung aus, führt der einseitig leistende Partner ebenso wie bei einer als Schenkung bezeichneten Leistung eine unentgeltliche, den Leistungsempfänger bereichernde Zuwendung aus. An deren Steuerbarkeit ist insbesondere bei notarieller Beurkundung der Vereinbarung regelmäßig nicht zu zweifeln (s. auch Rz. 105).
Rz. 61
Schenkungsteuerrechtlich spielt es allerdings keine entscheidende Rolle, welcher Vertragsform die Beteiligten sich bedienen oder ob sie überhaupt eine vertragliche Vereinbarung getroffen haben.
Rz. 61.1
Unstreitig sind daher auch verdeckte Schenkungen steuerbar (§ 7 Abs. 4 ErbStG – s. Rz. 427); entgeltliche Scheingeschäfte sind "in Wahrheit"verschleierte Schenkungen. Beispiele:
- Arbeitslohn an Scheinarbeitnehmer ist daher Geldschenkung.
- Wird ein Grundstückskaufvertrag nur zum Schein abgeschlossen, kommt mit der Grundstücksübertragung eine Grundstücksschenkung zustande.
- Es handelt sich um eine "lediglich symbolische Preisvereinbarung ohne Entgeltcharakter", wenn der Verpächter bei fortdauernd eigenen hohen Kosten nur einen Pachtzins von 1 EUR/Jahr verlangt. Diese Asymmetrie ermöglicht den Schluss auf eine unentgeltliche Nutzungsüberlassung des Pachtobjekts.
Rz. 61.2
Und konsequent ist der Leistungsempfänger, wie schon der Wortlautvergleich zwischen § 812 Abs. 1 BGB und § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG deutlich macht, grundsätzlich auch bei rechtsgrundloser Leistung auf Kosten des Zuwendenden – d.h. objektiv unentgeltlich – bereichert (s. auch Rz. 49). Jedenfalls dann, wenn dieser keinen Ausgleich verlangen kann oder will (§ 814 BGB), bei beiderseits gesetz- oder sittenwidriger Leistung (§ 817 BGB) sowie bei Zuwendungen aufgrund lediglich sittlich/moralischer Verpflichtung kann allenfalls streitig sein, ob der Schenker von Anfang an – mit Rechtsgrund Schenkung oder schenkungshalber – unentgeltlich leistet oder den objektiven Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erst durch späteren Forderungsverzicht vollendet (s. auch Rz. 116).
Rz. 62
(Gegen-)Leistungen, deren zivilrechtliche Anerkennung insb. an §§ 134, 138 BGB scheitert, unterliegen infolge ihrer Nichtigkeit als stets objektiv unentgeltliche Erwerbsvorgänge grundsätzlich der Schenkungsteuer. Dies mag insbesondere auch für Bestechungsgelder und Schmiergeldzahlungen gelten sowie bei sog. Schwarzgeldgeschäften. Der Schmiergeldempfänger kann zwar durch Herausgabe der Vorteile an seinen insoweit anspruchsberechtigten Geschäftsherrn den Steueranspruch beseitigen (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), Darf er sie jedoch behalten, droht ihm ein weiterer Steuerzugriff. Schwarzgeldabreden, die mit dem Ziel der Hinterziehung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen getroffen werden, verbinden die Gegenleistungen nur tatsächlich, verknüpfen sie aufgrund ihrer Nichtigkeit aber gerade nicht rechtlich miteinander; d.h. die Partner bereichern sich wechselseitig objektiv unentgeltlich (s. auch Rz. 90). Bestätigt wird dies dadurch, dass weder dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Wertersatz seiner Leistungen zusteht noch der Auftraggeber die Erstattung seiner Zahlungen fordern kann (§ 817 Satz 2 BGB). Konsequent führt daher auch die Rückzahlung des Entgelts ebenso wie eine Ausgleichszahlung nicht zum Wegfall entstandener, sondern zur Entstehung neuer Schenkungsteueransprüche.
Rz. 63
Einstweilen frei.