Rz. 6
Aufschiebend bedingte Lasten werden nicht berücksichtigt, solange die Bedingung, die sie zur Entstehung bringt, nicht eingetreten ist (§ 6 Abs. 1 BewG). Wer aufschiebend bedingt belastet ist, kann somit die Last nicht abziehen.
Rz. 7
Behält sich ein Schenker den Nießbrauch vor, obwohl der Zuwendungsgegenstand bereits mit dem Nießbrauch eines Dritten belastet ist, hängt die Entstehung des Nießbrauchs des Schenkers nicht vom Eintritt einer aufschiebenden Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 1 BGB, § 6 Abs. 1 BewG ab. Der Nießbrauch des Schenkers entsteht vielmehr mit der Schenkung und erhält einen Rang nach dem älteren Nießbrauch. Die Nachrangigkeit hat zur Folge, dass der Nießbrauch des Schenkers zunächst nicht geltend gemacht oder zwangsweise durchgesetzt werden kann. Seine zivilrechtliche Entstehung wird durch die Existenz des älteren Nießbrauchs aber nicht verhindert. Für eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 1 BewG auf einen am Stichtag entstandenen, aber nachrangigen Nießbrauch besteht kein Anlass. Eine Abweichung von den Regeln des Zivilrechts ist insbesondere nicht wegen einer fehlenden "wirtschaftlichen Belastung" des Bedachten geboten. Bürgerlich-rechtlich geprägte Begriffe, wie der der aufschiebenden Bedingung in § 6 Abs. 1 BewG, können nicht nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgelegt werden. Ob eine Last aufschiebend bedingt ist, weil sie erst bei Eintritt eines zukünftigen, ungewissen Ereignisses entsteht, hängt nicht davon ab, ob der Eintritt des Ereignisses mehr oder weniger wahrscheinlich ist.
Rz. 8
Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen bei einer Schenkung mehreren Berechtigten ein Nießbrauch in der Weise eingeräumt wird, dass der Nießbrauch des einen erst mit dem Ableben des anderen entstehen soll (sog. Sukzessivnießbrauch). Bei der Schenkungsteuerfestsetzung ist der für die Zeit nach dem Ableben des zunächst Berechtigten vereinbarte Nießbrauch gemäß § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 6 Abs. 1 BewG nicht zu berücksichtigen. Er hat am Stichtag rechtlich nicht bestanden. Seine Entstehung hängt von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis, dem Vorversterben des zunächst Berechtigten, ab. Es fehlt die gesetzliche Grundlage dafür, dieses mögliche spätere Recht als aufschiebend bedingte Last bereits vor Eintritt der aufschiebenden Bedingung zu berücksichtigen.
Rz. 9
Übernimmt der mit einem Grundstück unter Vorbehaltsnießbrauch Beschenkte auch die persönliche Haftung für die auf dem Grundstück abgesicherten Verbindlichkeiten, verpflichtet sich aber der Schenker und Vorbehaltsnießbraucher, diese Verbindlichkeiten für die Dauer des Nießbrauchs weiter zu tilgen und zu verzinsen, liegt keine gemischte, sondern eine reine Schenkung vor. Die Schuldübernahme durch den Beschenkten steht unter einer aufschiebenden Bedingung und ist daher gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. den §§ 8, 6 Abs. 1 BewG bis zum Eintritt der Bedingung nicht zu berücksichtigen.
Im Streitfall hatte die Mutter der Klägerin mehrere Grundstücke geschenkt und sich den lebenslänglichen Nießbrauch daran vorbehalten. Die Klägerin übernahm die Belastungen der Grundstücke einschließlich der diesen zugrunde liegenden persönlichen Verbindlichkeiten "mit schuldbefreiender Wirkung". Die Mutter hatte sich aber ihrerseits verpflichtet, während der Dauer des Nießbrauchs sämtliche grundstücksbezogenen Belastungen einschließlich der Zinsen und Tilgungsleistungen auf die von der Klägerin übernommenen Verbindlichkeiten zu tragen.
Die Klägerin sah in ihrer Schuldübernahme eine teilweise Gegenleistung und ging von einer gemischten Schenkung aus. Der BFH nahm hingegen eine reine Schenkung an. Zwar habe sich die Mutter nur für die Dauer ihres lebenslänglichen Nießbrauchs verpflichtet, die Verbindlichkeiten weiter zu verzinsen und zu tilgen; doch auch diese Vereinbarung bewirke, dass sie im Innenverhältnis zur Klägerin zunächst zur Verzinsung und Tilgung der Verbindlichkeiten verpflichtet bleibe und die Schuldübernahme durch die Klägerin insoweit leerlaufe. Allerdings sei diese gegenläufige Vereinbarung auflösend bedingt. Dem Erlöschen des Nießbrauchs (§ 1061 BGB) durch den Tod der Mutter komme bezüglich dieser Vereinbarung gem. § 163 i.V.m. § 158 Abs. 2 BGB die Bedeutung einer auflösenden Bedingung zu. Korrespondierend damit wirke dasselbe Ereignis für die zunächst vereinbarte Schuldübernahme durch die Klägerin gem. den §§ 163, 158 Abs. 1 BGB als aufschiebende Bedingung. Diese aufschiebende Bedingung stehe jedenfalls schenkungssteuerrechtlich einer gemischten Schenkung entgegen.
Rz. 10
Die Auflage, dass der Vermächtnisnehmerin ein ihr vom Erblasser (Vater) vermachtes Grundstück nur übertragen werden solle, falls es nicht vorher für Krankheits- und Pflegekosten der Erbin (Mutter) verwertet werden müsse, ist als aufschiebend bedingte Last zu qualifizieren, die gem. § 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 6 Abs. 1 BewG erst bei Eintritt der Bedingung bei der Erbschaftsteuerfestsetzung berücks...