aa) verfassungsrechtliche Zweifel
Rz. 47
Fingiert als Erwerber werden die Gesellschafter rechtsfähiger Personengesellschaften zugleich auch zu Steuerschuldnern (§ 2a Satz 2 i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG; s. Rz. 141 ff. Hinweis: Die Kommentierung des § 20 ErbStG unter Rz. 25 ff. [Stand April 2017] ist überholt.). Dies mag man verfassungsrechtlich kritisch sehen. Nachdem zivilrechtlich klargestellt wurde, dass eine rechtsfähige Personengesellschaft selbst Trägerin ihres Gesellschaftsvermögens ist, kann es keinesfalls ihren Gesellschaftern gehören (s. Rz. 2). Der steuerbare Erwerb der Gesellschaft führt somit weder zu einer Bereicherung noch zu einer sonstigen Steigerung der materiellen Leistungsfähigkeit der Gesellschafter. Womöglich fehlt daher der notwendige Belastungsgrund, der ihre Steuerpflicht rechtfertigen könnte. Zweifel bestehen aber auch, ob die Inanspruchnahme der Gesellschafter anstelle der Gesellschaft tatsächlich einer "wirkungsvollen, praktikablen und möglichst effizienten Durchsetzung des Steueranspruchs" dient (s. Rz. 117 ff., 132 ff.). Ohne § 2a Satz 2 ErbStG wäre eine in steuerbarer Weise bereicherte rechtsfähige Personengesellschaft als Erwerberin selbst steuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. d ErbStG; s. auch Rz. 19) und damit Steuerschuldnerin i.S.d. (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Infolge des Satzes 2 haben die Gesellschafter steuerschuldrechtlich demnach keine eigene, sondern eine fremde Steuerschuld zu tragen. Aussagekräftige Sachgründe hierfür finden sich in den Gesetzesmaterialien allerdings nicht. Sie blieben in der Hetzjagd des Gesetzgebungsverfahrens, vielleicht nicht ungewollt, auf der Strecke (s. Rz. 4).
Rz. 48
Einstweilen frei.
bb) Ein Erwerb, aber mehrere Erwerber
Rz. 49
Die Besteuerung einschlägiger Erwerbsvorgänge wird nicht einfach. Rechtsfähige Personengesellschaften haben stets mehrere, mindestens aber zwei Gesellschafter (§ 705 Abs. 1, 712a Abs. 1 Satz 1 BGB). In Anwendung des § 2a Satz 2 ErbStG gelangt man daher zu einer entsprechenden Vielzahl von Besteuerungsfällen, je nach Zahl der Gesellschafter, die der erwerbenden rechtsfähigen Personengesellschaft im Zeitpunkt der Steuerentstehung angehören (Stichtagsprinzip; §§ 9 Abs. 1 Nr. 1 – 3 ErbStG). Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die für jeden Erwerber grundsätzlich individuell zu bestimmende Bereicherung, soweit sie nicht steuerfrei ist (§ 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Dass hierbei im Interesse aller gemeinsam betroffenen Gesellschafter, kraft Gesetzes in eine erbschaft-/schenkungsteuerliche Schicksalsgemeinschaft gezwungen, möglichst einheitliche Entscheidungen getroffen werden sollten, liegt auf der Hand. Man darf gespannt sein, ob, wann und wie die zur gleichmäßigen Besteuerung verpflichtete Finanzverwaltung (s. Rz. 12) dies mittels geeigneter amtlicher Weisungen sicherstellen wird.
Rz. 50
Einstweilen frei.
cc) Die Gegenstände des Erwerbs der Gesellschaft
Rz. 51
§ 2a Satz 2 ErbStG setzt nicht nur voraus, dass eine rechtsfähige Personengesellschaft in steuerbarer Weise bereichert wurde. Tatbestandlich zu klären ist auch, was sie hierdurch erworben hat. Um welche ihr zustehenden Wirtschaftsgüter es sich im Einzelfall handelt, richtet sich regelmäßig nach der zivilrechtlichen Rechtslage (§ 39 Abs. 1 AO); eine hiervon abweichende wirtschaftliche Betrachtungsweise ist bei Anwendung des ErbStG ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung unzulässig. (s. aber § 7 ErbStG Rz. 12, 16).
Rz. 52
Bei Erwerben von Todes wegen (Rz. 28) ist zu unterscheiden:
- Als Alleinerbin erwirbt die rechtsfähige Personengesellschaft durch Gesamtrechtsnachfolge das Vermögen des Erblassers als Ganzes, d.h. sämtliche ihm gehörenden Vermögensgegenstände und seine Schulden (§ 1922 Abs. 1 Alt. 1 BGB).
- Als Miterbin erwirbt sie den ihr zukommenden Erbteil (§ 1922 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 BGB), d.h. einen ihrer Erbquote entsprechenden Anteil am Nachlass, der mit dem Erbfall gemeinschaftliches Vermögen aller Miterben und damit Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft wird (§§ 1922 Abs. 1, §§ 2032 ff. BGB).
- Als Vermächtnisnehmerin erwirbt sie lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Erben/die Erbengemeinschaft auf Erfüllung des Vermächtnisses (§§ 1939, 2147 BGB); bei sachbezogenen Vermächtnissen ist demnach nicht die Sache, sondern der jeweilige Sachleistungsanspruch Gegenstand des Erwerbs.
- Ebenso ist auch in den übrigen denkbaren Erwerbsfällen des § 3 ErbStG stets der konkrete Erwerbsgegenstand maßgebend; "was" die Gesellschaf...