Rz. 301

[Autor/Stand] Zu den Bewertungsmethoden, die die Ertragsaussichten berücksichtigen, gehören nicht nur solche Methoden, die ausschließlich Ertragswertgesichtspunkte in den Blick nehmen, sondern vielmehr alle Methoden, welche, wenn auch neben anderen wertbeeinflussenden Faktoren, die Ertragsaussichten bei der Wertermittlung berücksichtigen.[2]

 

Rz. 302

[Autor/Stand] Als eine der gängigen Methoden, welche die Ertragsaussichten berücksichtigen, ist der Standard S 1 des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW S 1) hervorzuheben.[4] Hierbei handelt es sich nicht um ein branchenspezifisches, sondern um ein branchen- und rechtsformübergreifendes Unternehmensbewertungsverfahren. Basis dieses Verfahrens ist die Diskontierung der vom (gedachten) Unternehmenserwerber aus der Perspektive des Bewertungsstichtags künftig erwarteten Überschüsse. Der dabei zugrunde zu legende Kapitalisierungszinsfuß soll sich an der Rendite aus einer der Investition in das zu bewertende Unternehmen vergleichbaren alternativen Anlage orientieren.

Im Unterschied zum vereinfachten Ertragswertverfahren i.S.v. §§ 199 ff. BewG stellt der Standard IDW S 1 kein in sich geschlossenes Bewertungsverfahren dar. Vielmehr handelt es sich um eine Art "Baukastensystem", welches die für den Bewertungsanlass maßgeblichen Eingangsparameter und die entsprechenden Methoden der Wertermittlung verbindet.[5]

Ergänzt werden die Anweisungen im IDW S 1 um die ebenfalls vom IDW erteilten Praxishinweise zur Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts kleiner und mittelgroßer Unternehmen – KMU –, wodurch die Ausführungen im IDW S 1 mit KMU-Bezug konkretisiert (und nicht etwa abgeändert) werden.[6]

 

Rz. 303

[Autor/Stand] Ein weiteres gängiges Ertragswertverfahren, das speziell den Belangen kleinerer und mittelständischer Handwerksunternehmen Rechnung trägt, stellt der sog. AWH-Standard dar.[8]

Diese Bewertungsmethode berücksichtigt u.a. die branchenspezifischen Finanz-, Markt- und Wettbewerbsrestriktionen der Handwerksbetriebe und liefert die primären Bewertungsmaßstäbe für mehr als eine Million Handwerksbetriebe.[9]

Die Grundlage der Wertermittlung bildet hier der aus den vergangenen Betriebsergebnissen (der letzten drei bis fünf Jahre) hergeleitete, zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag, der um Erträge und Aufwendungen aus betriebsfremden und außerordentlichen Geschäftsvorfällen zu bereinigen ist. Der anzuwendende Kapitalisierungszinsfuß wird unter Berücksichtigung eines Basiszinssatzes, eines "Immobilitätszuschlags" (1 % bis 3 %), der der geringen Fungibilität des Betriebsvermögens im Vergleich zu einer reinen Kapitalanlage Rechnung tragen soll, eines standardisierten Risikozuschlages und der Inhaberabhängigkeit des Unternehmens errechnet.[10]

 

Rz. 304

[Autor/Stand] Eine weitere, aus der anglo-amerikanischen Bewertungspraxis entlehnte Methode stellt das Discounted-Cashflow-Verfahren (DCF-Verfahren) dar. Hiernach ist der Unternehmenswert nach dem Barwert der künftig zu erwartenden Cashflows zuzüglich des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens zu berechnen. Zu letzterem zählen diejenigen Vermögensbestandteile, die in keinem direkten Zusammenhang mit dem operativen Geschäft des Unternehmens stehen und deren Veräußerung nicht mit einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Unternehmens verbunden wäre (z.B. Reservegrundstücke, Beteiligungen, Kunstgegenstände, Steuerguthaben).[12] Der Wert des nichtbetriebsnotwendigen Vermögens ist gesondert zu ermitteln[13] und dem Unternehmenswert hinzu zu addieren.[14] Die Diskontierung erfolgt mit einem gewogenen Kapitalkostensatz.

 

Rz. 305

[Autor/Stand] In der Praxis der Unternehmensbewertung kommen die DCF-Verfahren in unterschiedlichen Varianten vor, namentlich in Form des "Entity-Ansatzes" (Bruttoverfahren), des "Equity-Ansatzes" (Nettoverfahren), des "Adjusted Present Value-Ansatzes" (APV-Ansatz) sowie des Weigthed Average Cost of Capital-Ansatzes (WACC-Ansatz).[16]

 

Rz. 306

[Autor/Stand] Die Ermittlung des gemeinen Werts "unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten" (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG n.F.) schließt es nicht aus, bei der Wertfindung auch andere Faktoren als die künftig zu erwartenden Erträge zu berücksichtigen. So enthalten namentlich die sog. Mischverfahren, deren Bedeutung in der Praxis freilich gering ist, neben einer Ertragskomponente auch eine Vermögenskomponente[18].und damit sowohl Elemente des Gesamtbewertungsverfahrens als auch der Einzelbewertungsmethode.

 

Rz. 307

[Autor/Stand] Zu diesen Mischverfahren rechnen insbesondere die sog. Mittelwertmethode und die sog. Übergewinnmethode. Beim Mittelwertverfahren in seiner einfachsten Form wird der Unternehmenswert als arithmetisches Mittel zwischen dem Substanzwert (Teilreproduktionswert) und dem auf der Basis der abgezinsten künftig zu erwartenden Unternehmenserträge ermittelten Ertragswert bestimmt.[20] Die Übergewinnmethode geht davon aus, dass ein Unternehmen langfristig nur mehr eine Normalverzinsung des eingesetzten Kapitals erwirtschaften kann. Die diese Normalv...

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