Prof. Dr. Franz Jürgen Marx
I. Grundlagen
Rz. 35
Die Zerlegung des Steuermessbetrags nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 macht an der Bewertung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe fest. Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ist nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BewG die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens. Nach § 34 BewG umfasst der land- und forstwirtschaftliche Betrieb einerseits den Wirtschaftsteil und andererseits den Wohnteil, deren Werte getrennt ermittelt werden. Wirtschaftswert und Wohnungswert bilden nach § 48 BewG den Einheitswert des land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Die Zerlegung bezieht sich nicht auf den gesamten Steuermessbetrag. Vielmehr ist zuerst der auf den Wohnungswert entfallende Anteil am Steuermessbetrag zuzuordnen. Sodann der auf den Wirtschaftswert entfallende Anteil am Steuermessbetrag nach der Fläche zu verteilen.
II. Wohnteil
Rz. 36
Der Wohnteil eines Betriebs der Land- und Forstwirtschaft umfasst nach § 34 Abs. 3 BewG die Gebäude und Gebäudeteile, soweit sie dem Betriebsinhaber, den zu seinem Haushalt gehörenden Familienangehörigen und den Altenteilern zu Wohnzwecken dienen. Wirtschaftsgebäude und Wohnungen für Betriebsangehörige sind hier nicht zu berücksichtigen. Sie gehören zum Wirtschaftsteil. Zur Beantwortung der Frage, in welcher Gemeinde der wertvollste Teil des Wohnteils liegt, wird auf den Betrag abgestellt, der im Einheitswert für die einzelnen Wohnobjekte ausgewiesen ist. Die Verkehrswerte sind nicht von Bedeutung. Steuerbegünstigte oder steuerbefreite Wohnungen sind während der Dauer des Begünstigungszeitraums mit null EUR zu berücksichtigen.
III. Wirtschaftsteil
Rz. 37
Zum Wirtschaftsteil gehören die in § 34 Abs. 2 BewG bezeichneten Nutzungen und Wirtschaftsgüter einschließlich der Nebenbetriebe. Neben dem Grund und Boden gehören die Wirtschaftsgebäude, die Betriebsmittel, lebendes und totes Inventar (z.B. Viehbestände, Maschinen, Zugmaschinen, Düngemittel, Futtermittel, Saatgut usw.) zum Wirtschaftsteil. Dazu zählen auch die Gebäude und Gebäudeteile des Betriebs, die den Arbeitskräften des Betriebs, die nicht Familienmitglieder des Betriebsinhabers sind, zu Wohnzwecken dienen. Haben die im Betrieb als Arbeitnehmer beschäftigten Familienmitglieder einen eigenen Hausstand, so gehört auch deren Wohnung zum Wirtschaftsteil. Auch die zum Wirtschaftsteil gehörenden Wohnungen oder Wohnräume der Arbeitskräfte sind im Vergleichswert der Nutzungen des Betriebs erfasst.
IV. Zerlegung
Rz. 38
Nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 GrStG erfolgt die Zerlegung nach geltendem Recht in zwei Schritten. Zuerst ist der auf den Wohnungswert entfallende Teil des Steuermessbetrags der Gemeinde zuzuweisen, in der sich der Wohnteil oder dessen wertvollster Teil befindet. Sodann ist der auf den Wirtschaftswert entfallende Teil des Steuermessbetrags in dem Verhältnis zu zerlegen, in dem die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Flächengrößen zueinander stehen. Bei dem Begriff der Fläche ist auf den katastermäßig vermessenen und bezeichneten Teil der Erdoberfläche abzustellen.
Rz. 39
Beispiel (Zerlegung bis 31.12.2024)
Für einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft wird ein Einheitswert von 35.000 EUR festgestellt, der sich wie folgt zusammensetzt:
Wohnungswert |
7.000 EUR |
Wirtschaftswert |
28.000 EUR |
Einheitswert |
35.000 EUR |
Der Messbetrag beträgt 210 EUR (35.000 EUR × 6 v. T. = 210 EUR).
Davon entfallen auf den Wohnteil |
42 EUR, |
auf den Wirtschaftsteil |
168 EUR. |
Die Wohnung und Flächen im Umfang von 24 ha befinden sich in der Gemeinde A. In der Gemeinde B befinden sich 12 ha Fläche, in der Gemeinde C 2 ha.
Zerlegung des Wirtschaftsteils:
Gemeinde A |
24/38 von 168 = 106 EUR |
Gemeinde B |
12/38 von 168 = 53 EUR |
Gemeinde C |
2/38 von 168 = 9 EUR |
Zerlegungsanteile des Steuermessbetrags:
Gemeinde A = 157 (42 + 106 + 9)
Gemeinde B = 53 EUR
Gemeinde C = 0 EUR
Da der Zerlegungsanteil der Gemeinde C nicht den Mindestbetrag von 25 EUR erreicht, ist der Anteil nach § 22 Abs. 2 GrStG der Gemeinde zuzuweisen, die den größten Zerlegungsanteil erhält. Im Beispiel ist das die Gemeinde A.
Rz. 40
Für die Zerlegung bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in den neuen Ländern sind folgende Besonderheiten zu beachten. An die Stelle der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft tritt nach § 40 Satz 1 GrStG das zu einer Nutzungseinheit zusammengefasste Vermögen im Sinne des § 125 Abs. 3 BewG. Wohngrundstücke sind dem Grundvermögen zuzuordnen. Der im Steuermessbetragsverfahren für die Grundsteuer ermittelte Ersatzwirtschaftswert für das land- und fors...