Dipl.-Finw. (FH) Gerhard Bruschke
Rz. 18
§ 166 Abs. 2 BewG unterteilt die möglichen Bereiche für den Ansatz des Liquidationswertes auf zwei große Bereiche. Dabei handelt es sich zum einen um den Grund und Boden und zum anderen um die übrigen Wirtschaftsgüter. Die jeweiligen Bemessungsgrundlagen werden in den Nrn. 1 und 2 eindeutig geregelt.
Rz. 19
Während der Grund und Boden der Definition des § 158 Abs. 3 Nr. 1 BewG entspricht, umfasset der Begriff der übrigen Wirtschaftsgüter die Wirtschaftsgebäude, die stehenden Betriebsmittel, den normalen Bestand an umlaufenden Betriebsmitteln und die immateriellen Wirtschaftsgüter (§ 158 Abs. 3 Nr. 2 bis 5 BewG). Wohnteile und Betriebswohnungen sowie der dazu gehörende Grund und Boden (§ 158 Abs. 3 Nr. 6 BewG) werden von der Vorschrift nicht erfasst.
Rz. 20
Trotz der Zitierung im § 166 Abs. 2 Nr. 2 BewG wird für die umlaufenden Betriebsmittel kein gesonderter Liquidationswert ermittelt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass für diesen Teil des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens kein Nachbewertungsvorbehalt besteht. § 162 Abs. 4 BewG verweist insoweit ausdrücklich nur auf § 158 Abs. 3 Nr. 1 bis 3 und 5 BewG. Allerdings wird im Falle einer Gesamtbetriebsveräußerung gem. § 162 Abs. 3 BewG der Wert der umlaufenden Betriebsmittel miterfasst.
Rz. 21
Der Liquidationswert des Grund und Bodens bestimmt sich gem. § 166 Abs. 2 Nr. 1 BewG nach den Bodenrichtwerten, die zuletzt vor dem Bewertungsstichtag (§ 161 Abs. 1 BewG) festgestellt worden sind. Nach § 196 Abs. 1 Satz 5 BauGB sind Bodenrichtwerte im Abstand von zwei Jahren zu ermitteln, so dass im Regelfall für die Ermittlung des Liquidationswertes zeitnahe Werte vorliegen.
Rz. 22
Die Ermittlung der Bodenrichtwerte obliegt grundsätzlich den Gutachterausschüssen, wobei das Finanzamt an dessen Werte gebunden ist. Nachdem der BFH in zwei Entscheidungen vom 25.8.2010 die Berechtigung der Finanzämter zu einer eigenen Bodenwertermittlung verneint hatte, wurde über § 166 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 BewG eine Ermächtigung für die Behörde in das Gesetz aufgenommen. Durch die Bezugnahme auf § 179 Satz 2 bis 4 BewG sind die Finanzämter jetzt in der Lage, den Bodenwert aus den Werten vergleichbarer Fälle abzuleiten, sofern kein Wert des Gtuachterausschusses vorliegt. Aus welchen Gründen der Gutachterausschuss auf die Feststellung eines Bodenrichtwerter verzichtet hat, spielt nach der Änderung des § 179 Satz 4 BewG durch das BeitRLUmsG für Bewertungsstichtage nach dem 13.12.2011 keine Rolle. Für davor liegende Stichtage galt dies allerdings nur in den Fällen, in denen keine Verpflichtung für den Gutachterausschuss bestand, Bodenrichtwerte festzustellen.
Rz. 23
Die Berechnung des Wertes erfolgt durch eine einfache Berechnung. Die Fläche des Grund und Bodens ist mit dem Bodenrichtwert zu multiplizieren. Der Aufwuchs bleibt unberücksichtigt; dabei handelt es sich um übrige Wirtschaftsgüter, die gem. § 166 Abs. 2 Nr. 2 BewG zu berücksichtigen sind.
Rz. 24
Von dem so ermittelten Wert ist gem. § 166 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 BewG ein Abschlag in Höhe von 10 % zu machen. Damit sind die Liquidationskosten ohne einen Nachweis pauschal abgegolten. Verbindlichkeiten, die mit dem Grund und Boden in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, sind ebenfalls abzuziehen. Nach diesen beiden Korrekturschritten ergibt sich der Liquidationswert des Grund und Bodens.
Rz. 25
Der Liquidationswert der übrigen Wirtschaftsgüter ist nach § 166 Abs. 2 Nr. 2 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Dieser bestimmt sich nach § 9 Abs. 2 BewG. Die Berechnung hat auf den Bewertungsstichtag (§ 161 Abs. 1 BewG) zu erfolgen. Wirtschaftsgebäude sind nach den aufgrund des § 199 Abs. 1 BauGB erlassenen Vorschriften zu bewerten. Darunter fallen alle Regelungen, die für die Anwendung gleicher Grundsätze bei der Ermittlung der Verkehrswerte und bei der Ableitung der für die Wertermittlung erforderlichen Daten erlassen wurden. Hierzu gehört insbesondere die Immobilienwertermittlungsverordnung.
Rz. 26
Von dem so ermittelten Wert sind die Liquidationskosten mit einem pauschalen Abzug von 10 % zu berücksichtigen. Darüber hinaus können die mit den übrigen Wirtschaftsgütern in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten abgezogen werden. Nach diesen beiden Korrekturschritten ergibt sich der Liquidationswert der übrigen Wirtschaftsgüter.
Rz. 27
In H B 166 (2) ErbStHB 2020 ist ein zusammenfassendes Beispiel zur Ermittlung des Liquidationswertes dargestellt:
Ein im Wege der Schenkung am 1.7.2013 übertragener Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (100 ha) wird im Jahr 2017 für 3.000.000 EUR im Ganzen veräußert. Im Jahr 2015 wurde der bisherige Betrieb komplett umstrukturiert und die Verbindlichkeiten für den Bau des Wirtschaftsgebäudes von 154.720 EUR abgelöst.
Der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft ist rückwirkend nach den tatsä...