Rz. 61
Nach § 4 Nr. 2 GrStG sind Bestattungsplätze von der Grundsteuer befreit. Der Befreiungstatbestand des § 4 Nr. 2 GrStG besteht ausschließlich aus dem einzigen Tatbestandsmerkmal "Bestattungsplätze". Eine derart reduzierte Formulierung für einen Befreiungstatbestand führt dazu, dass maßgeblich eine wörtliche Auslegung des Begriffs für die Festlegung des Anwendungsbereichs der Vorschrift im Vordergrund zu stehen hat.
Rz. 62
Bereits nach § 4 Nr. 9 Buchst. e GrStG 1936 waren sog. Bestattungsplätze von der Grundsteuer befreit. Das GrStG hat – von einer minimalen redaktionellen Abweichung "Bestattungsplätze" anstatt "die Bestattungsplätze" abgesehen – die in § 4 Nr. 9 Buchst. e GrStG 1936 enthaltene Regelung wörtlich in § 4 Nr. 2 GrStG übernommen.
Rz. 63
Bestattungsplätze sind Grundflächen, auf denen die sterblichen Überreste von Verstorbenen zum längerfristigen Gedenken, insb. von Angehörigen, aufbewahrt werden. Der Grundfall eines Bestattungsplatzes i.S.d. § 4 Nr. 2 GrStG ist ein Friedhof mit den sich dort befindenden Gräbern. Die dortige Aufbewahrung der sterblichen Überreste kann in einem Sarg, einer Urne oder einem vergleichbaren Behältnis erfolgen. Diese können in den Boden eingelassen oder in einer Gruft aufbewahrt werden. Unerheblich für die Annahme eines Bestattungsplatzes ist die tatsächliche bzw. vereinbarte Dauer der als Bestattungsplatz unterhaltenen Anlage.
Rz. 64
Der Begriff Bestattungsplätze reduziert den Anwendungsbereich der Befreiungsvorschrift nicht auf die bloßen Flächen der einzelnen Gräber. Aufgrund des in § 4 Nr. 2 GrStG verwendeten Begriffs Bestattungsplätze an Stelle von Gräbern sind die damit in Zusammenhang stehenden Flächen für Kapellen, Leichenhallen und andere Gebäude, die vor Ort der Beerdigung bzw. der Pflege des Andenkens der Toten dienen, einschließlich der zugehörigen Grünanlagen in den Befreiungstatbestand einzubeziehen. Die Steuerbefreiung erstreckt sich zudem auf die Verwaltungsgebäude und die Aufenthaltsräume des Friedhofspersonals mit Ausnahme der Wohnung des Friedhofsverwalters (vgl. § 5 Abs. 2 BewG).
Rz. 65
Eine ausschließliche Beschränkung der Steuerbefreiung auf das Andenken von verstorbenen Menschen scheidet aus. Unter den Begriff Bestattungsplätze i.S.d. § 4 Nr. 2 GrStG fallen auch die zum Zwecke des Andenkens errichteten Aufbewahrungsorte der körperlichen Überreste von Tieren. Der gesetzliche Wortlaut lässt einen Ausschluss der Anwendung der Befreiungsvorschrift auf Tiere nicht zu.
Rz. 66
Bestattungsplätze können grds. sowohl als öffentliche Bestattungsplätze durch öffentlich-rechtliche Rechtsträger als auch im Privateigentum durch private Rechtsträger (z.B. auch auf Burgen, in Schlössern) unterhalten werden. Öffentliche Bestattungsplätze scheiden aus dem Anwendungsbereich des § 4 Nr. 2 GrStG dann aus, wenn diese Form des Grundbesitzes bereits nach § 3 GrStG von der Grundsteuer befreit ist, vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 3 GrStG. Die Befreiungstatbestände des § 4 GrStG sind aufgrund des Eingangssatzes der Vorschrift gegenüber den Regelungen des § 3 GrStG von subsidiärem Charakter.
Rz. 67
Ein Bestattungsplatz i.S.d. § 4 Nr. 2 GrStG hat nach Ansicht der Finanzrechtsprechung die Zulassungsvoraussetzungen als Friedhof bzw. als Bestattungsplatz nach den Regeln des öffentlichen Friedhofs- und Bestattungsrechts (vgl. §§ 1 bis 7 FBG – Friedhofs- und Bestattungsgesetz) zu erfüllen. Die Nutzung des Grundbesitzes hat vor diesem Hintergrund die folgenden Aspekte zu beachten:
- Durchführung der Bestattung mit den dazugehörigen Hilfsmaßnahmen.
- Pflege der Beisetzungsstätten in Form der Gräber, Einrichtungen zum Verwahren von Urnen, Gruften und damit verbunden Pflege des Andenkens für die Verstorbenen mit den erforderlichen Ergänzungen im gestalterischen Bereich.
- Zuordnung der mit der Nutzung des Grundstücks verbundenen Aufgaben – einschließlich der Hilfsaufgaben – zu dem Rechtsträger, der nach den Regeln des öffentlichen Friedhofs und Bestattungsrechts für den Betrieb als Friedhof bzw. als Bestattungsplatz verantwortlich ist.
Rz. 68
Bei einem privaten Bestattungsplatz kann sich in Anbetracht der jüngeren Finanzrechtsprechung die Frage stellen, in welchem Umfang diese noch unter die Grundsteuerbefreiung des § 4 Nr. 2 GrStG fallen. Traditionell wurden Bestattungsplätze bzw. Friedhöfe von öffentlichen Rechtsträgern (Städten und Gemeinden bzw. Kirchengemeinden) unterhalten. Bestattungsplätze bzw. Friedhöfe, die sich in privater Trägerschaft befanden und über Leichenhallen und Verwaltungsgebäude verfügen, ebenso wie gewerblich tätige Bestattungsinstitute mit eigenen Leichenhallen waren ursprünglich nicht vorgesehen und sind erst später in der Bestattungspraxis hinzugekommen. In diesen Zusammenhang gehören auch die erst in der jüngeren Zeit entstandenen Beisetzungsstätten für Urnen (sog. Columbarium). Gegen einen Ausschluss derartiger Sachverhalte von der Befre...