Dipl.-Finw. (FH) Wilfried Mannek
I. Ermittlung der Grundstücksart (Abs. 1 Satz 3 Halbs. 2)
Rz. 46
Bei der Bewertung des belasteten Grundstücks ist die Besonderheit zu beachten, dass – ungeachtet der für die Bewertung maßgeblichen Grundsätze – der Grund und Boden als bebautes Grundstück derjenigen Grundstücksart gilt, in die die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden nach § 75 BewG einzuordnen ist (vgl. dazu auch Rz. 60).
Rz. 47
Dazu ist es zunächst erforderlich, die Grundstücksart für die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden zu ermitteln. Problematisch kann dies ggf. sein, wenn die wirtschaftliche Einheit des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden neu entstanden ist und der wirtschaftliche Eigentümer des Gebäudes seiner Erklärungspflicht nicht nachkommt. Für das Finanzamt können sich dann Probleme bei der zutreffenden Ermittlung der Grundstücksart ergeben, insb. wenn ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden vorliegt, das einer Mischnutzung unterliegt (z.B. Wohn- und Geschäftshaus). Die Grundstücksart ergibt sich in diesen Fällen in Abhängigkeit des Verhältnisses der Jahresrohmiete für Wohnzwecke dienende Teile des Gebäudes zur gesamten Jahresrohmiete des Gebäudes (vgl. § 75 BewG). Je nach Höhe des Anteils der Jahresrohmiete für Wohnzwecke dienende Teile des Gebäudes kann in diesen Fällen ein Mietwohngrundstück, ein gemischt genutztes Grundstück oder ein Geschäftsgrundstück vorliegen. Auch bei Ein- und Zweifamilienhäuser können sich Abgrenzungsprobleme ergeben, wenn der wirtschaftliche Eigentümer des Gebäudes seiner Erklärungspflicht nicht nachkommt und dem Finanzamt im Einzelfall die Anzahl der im Gebäude befindlichen Wohnungen nicht bekannt ist. In diesen Fällen bleibt dem Finanzamt als letzte Möglichkeit zur Bestimmung der Grundstücksart nur eine sachgerechte Schätzung unter Berücksichtigung der vorliegenden Gebäudeinformationen, die sich – neben der Einheitswertakte des Finanzamtes – z.B. aus der Ertragsteuerakte oder durch Einsichtnahme in die Bauakte ergeben können.
Rz. 48
In Abhängigkeit der Grundstücksart, die sich nach der Grundstücksart des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden richtet, kann aufgrund der unterschiedlichen Steuermesszahlen für ansonsten gleiche belastete Grundstücke die Grundsteuerbelastung variieren. So beträgt die Grundsteuermesszahl z.B. für Geschäftsgrundstücke 3,5 v.T., für Einfamilienhäuser bis zur Höhe des Einheitswerts von 38.346,89 EUR (75.000 DM) 2,6 v.T., darüber hinaus 3,5 v.T. und für Zweifamilienhäuser generell nur 3,1 v.T. (vgl. § 15 GrStG).
II. Bewertungsverfahren (Abs. 2)
Rz. 49
Das belastete Grundstück, d.h. der Grund und Boden ist – unabhängig von der Grundstücksart – mit dem Wert anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn das Grundstück unbebaut wäre, d.h. das belastete Grundstück ist wie ein unbebautes Grundstück mit dem gemeinen Wert im Hauptfeststellungszeitpunkt zu bewerten (vgl. dazu die Kommentierung zu § 72 BewG).
Rz. 50
Bei der Bewertung des belasteten Grundstücks wird der Umstand, dass auf dem Grundstück ein fremdes Gebäude steht, im Allgemeinen nicht berücksichtigt. Eine Ermäßigung des Bodenwerts gemäß § 94 Abs. 2 Halbs. 2 BewG kommt nach Auffassung der Finanzverwaltung nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn die Nutzungsbehinderung, die sich aus dem Vorhandensein des fremden Gebäudes ergibt, den Bodenwert beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung wird angenommen werden können, wenn im Feststellungszeitpunkt ein zwischen dem Eigentümer des Grund und Bodens und dem Eigentümer des Gebäudes abgeschlossener Pachtvertrag, der auch für und gegen einen etwaigen Erwerber des Grund und Bodens gelten würde (vgl. § 581 Abs. 2, § 571 Abs. 1 BGB), noch für längere Zeit besteht, ohne dass ein dem Bodenwert entsprechender Pachtzins gezahlt wird. Dieser Regelung ist u.E. zuzustimmen. Denn in diesen Fällen wird durch die Nutzungsbehinderung der Wert des Grund und Bodens nach Ausmaß und Zeit nennenswert beeinflusst. Wird also durch den Pachtzins eine dem Bodenwert entsprechende Rendite erzielt, besteht kein Grund für einen Wertabschlag. In diesem Fall kann auch die Frage der Laufzeit des Pachtvertrags nur von sekundärer Bedeutung sein. Entspricht jedoch der Pachtzins nur einer geringen Verzinsung des Bodenwerts und besteht durch den Pachtvertrag auch eine längere Bindung, so ist ein Abschlag zu gewähren. Ein Wertabschlag ist jedoch nicht gerechtfertigt, wenn in diesen Fällen das Gebäude nach Ablauf der Vertragszeit entschädigungslos auf den Eigentümer des Grund und Bodens übergeht.
Rz. 51
Die in Betracht kommende Minderung des Bodenwerts richtet sich dann nach der Dauer und dem Ausmaß der Nutzungsbehinderung (Einzelfallentscheidung).